TV-Tipps des Tages
26.07.2012 – Integration, Mandela, Südafrika, Mexico, Migranten, Kölner Moschee
TV-Tipps des Tages sind: Wie der Döner an den Rhein kam; Schadeberg: Schwarz-Weiß - Ein Fotograf in Südafrika: Jürgen Schadeberg vor einem Porträt von Nelson Mandela; Die Zukunft der Städte:Mexico Stadt - Stadt ohne Ende; Allah in Ehrenfeld: Dokumentarfilm - Der Bau der Kölner Moschee - aus der Reihe
Von Ümit Küçük Donnerstag, 26.07.2012, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.07.2012, 12:52 Uhr Lesedauer: 8 Minuten |
Wie der Döner an den Rhein kam
Den Döner, zu deutsch „Drehspieß“, gibt es in der Türkei nur zu besonderen Anlässen. „Döner, wie er hier zubereitet wird, hab ich nie in der Türkei gesehen!“, wundert sich Ali Balaban, Feinschmecker und Kölner Restaurantbesitzer. „Weißkohl und Rotkohl ist nur deshalb im Döner drin, weil die Deutschen so gern Kohl essen!“ ergänzt Ismet Kirkici. Begonnen hat der Döner seinen Siegeszug mit den Industriekrisen im Rheinland in den 70er Jahren.
Als Ford und die Kabelwerke Felten & Guillaume in Köln und später Krupp und Thyssen in Duisburg viele Arbeiter entlassen mussten, waren darunter zahlreiche Türken, die dennoch in Deutschland bleiben wollten. Einige überlegten, einen Imbiss aufzumachen? zunächst für ihre Landsleute.
„Jeder machte seinen Döner selber, auch wenn er keine Ahnung hatte – abenteuerlich war das manchmal!“ erinnert sich Bernd Stumm, der damals als Lebensmittelkontrolleur unterwegs war. Dennoch wagten sich auch Deutsche bald in die türkischen Läden und verlangten immer öfter etwas Schnelles auf die Hand statt ein Tellergericht. Hamburger-Ketten waren gerade modern ? warum also nicht auch das Fleisch vom Drehspieß ins Brot stecken? Und vielleicht auch mit Hähnchenfleisch, wenn die Deutschen beim Anblick von Lamm die Nase rümpfen?
„Der Hochkantschaschlik gedreht und gegrillt, der schmeckt ja anders als Kohlrouladen von Muttern“, erklärt sich der Kabarettist Fatih Çevikkollu den bald einsetzenden Erfolg der deutsch-türkischen Erfindung. Vor allem junge Leute probierten und fanden es lecker.
So lecker, dass Kemal Asçioglu, der mit einem Imbisswagen durch Duisburg fuhr und Döner anbot, seinen 26-Jährigen Sohn Dursun zur Unterstützung aus der Türkei holte. „Mit Zwiebeln, Tomate und scharf“ waren lange die einzigen deutschen Worte, die er konnte. Heute betreibt er sehr erfolgreich seinen „Dönermann“ in Duisburg-Marxloh. 11:15-12:00 • PHOENIX
Schadeberg: Schwarz-Weiß – Ein Fotograf in Südafrika
Dokumentation – Er ist ein engagierter Dokumentarist und hellsichtiger Chronist: Jürgen Schadeberg schlägt in seinen Bildern die Brücke zwischen Arm und Reich, Schwarz und Weiß. Seit den 50er Jahren, als er beschloss, nach Südafrika auszuwandern, thematisiert der deutsche Fotograf ideologischen, politischen und ökonomischen Rassismus, soziale Ungleichheit, Widerstand und Kampf. Der Autor Peter Heller hat Jürgen Schadeberg für den Film bei der Arbeit in Südafrika begleitet, er zeigt ihn bei Begegnungen in Deutschland und nicht zuletzt in seiner neuen Wahlheimat Frankreich. Aus Schadebergs Perspektive heraus schärft ARTE den Blick für das aufbrechende Südafrika von heute.
Jürgen Schadeberg ist einer der ganz großen Fotografen der Gegenwart. Seine künstlerische Laufbahn umfasst ein halbes Jahrhundert dokumentarischer Fotografie. Er ist ein meisterhafter Chronist der Zeitgeschichte: Bereits seine Bilder des jungen Anwalts Nelson Mandela gingen um die Welt – und ein Vierteljahrhundert später sind seine Fotos des im Kampf gegen die Apartheid ergrauten Führers in seiner Gefängniszelle wieder überall abgedruckt worden.
Als Teenager machte Schadeberg eine Ausbildung zum Fotografen bei der Nachrichtenagentur dpa in Hamburg. 1950 wanderte er nach Südafrika aus und wurde Fotograf, Bildredakteur und künstlerischer Leiter des Magazins „Drum“. In dieser ersten Illustrierten für die schwarze Bevölkerung begann er, deren Lebens- und Arbeitsbedingungen zu dokumentieren. Er wurde zum Chronisten der Unterdrückung und des Befreiungskampfes während der Apartheid.
1964 verließ Jürgen Schadeberg Südafrika und zog nach London, wo er in den 60er und 70er Jahren als freiberuflicher Fotojournalist in Europa und Amerika für international renommierte Magazine tätig war. Seine Fotografien dieser Zeit sind eine weitreichende Mischung aus sozialer, dokumentarischer Fotografie und abstrakten Arbeiten.
Jürgen Schadeberg, manchmal auch „Vater der südafrikanischen Fotografie“ genannt, ist eine wichtige Person in der nationalen und internationalen Fotografie. Sein Hauptwerk, zu dem mehr als 100.000 Negative gehören, zeigt einen Reichtum an zeitlosen Bildern mit Symbolcharakter. Jürgen Schadeberg, dessen jüngstes Buch, ein Rückblick über 60 Jahre seiner Arbeit, gerade erschienen ist, arbeitet heute an weiteren fotografischen Projekten, Büchern und Ausstellungen und vergrößert stetig sein Archiv von mit der Hand entwickelten Silberdrucken. 11:45-12:37 • arte
Die Zukunft der Städte (4/5)
Mexico Stadt – Stadt ohne Ende – Mexiko City ist die höchst gelegene Megastadt der Welt und Sinnbild für städtischen Gigantismus. 2300 Meter über dem Meeresspiegel erstrecken sich die schwer durch Erdbeben gefährdete Stadt in einem 60 Kilometer langen und 100 Kilometer breiten Talkessel. Bis zum Horizont reicht das Meer von Häusern. Probleme wie Smog, Kriminalität, Verkehrsinfarkt, Armut und Korruption sind allgegenwärtig.
Bei näherer Betrachtung hat das Chaos der Stadt dennoch Strukturen. Kleine nachbarschaftliche Initiativen machen die Metropolenregion mit ihren knapp 20 Millionen Einwohnern extrem vielfältig und facettenreich.
Da sind die Projekte, in denen die Bewohner der Vororte für Arbeit in der Nachbarschaft sorgen, um den Kampf durch das tägliche Verkehrschaos zu vermeiden. Da sind Initiativen, die Immigranten in das städtische Leben integrieren, weil das Wachstum von Mexiko City heute ganz überwiegend durch den Zuzug vom Land und aus Mittelamerika erfolgt. Und seit Kurzem geht es den kleinen privaten Verbindungen immer öfter auch um die Umwelt. Das radikale Wachstum der Stadt ist mit so gewaltigen Eingriffen in die sensiblen natürlichen Gegebenheiten verbunden, dass die Folgen irgendwann die Metropole selbst gefährden können. Die Lage auf einer vulkanischen Achse und in einem von Bergen umgebenen Becken führt zu Erdbeben, Überschwemmungen, Trockenheit, Sandstürmen und immer öfter auch zum zeitweisen Verschwinden des Grundwassers. Die Arbeit für eine bessere Umwelt ist insofern immer auch eine Arbeit für das Überleben der Stadt.
Die Metropolenregion von Mexico City wird schon in Kürze mehr als 20 Millionen Einwohner haben und damit in einer Reihe mit Tokio, Neu Delhi, Sao Paulo und Mumbai stehen. – Wie sich dann der Alltag der Menschen gestalten wird, das liegt vor allem in den Händen der Mexikaner selbst. Die Stadt ist im Umbruch zwischen Chaos und moderner Metropole. Noch ist nicht entschieden, welches Gesicht die Stadt in Zukunft zeigen will. 18:00-18:30 • PHOENIX
Allah in Ehrenfeld
Dokumentarfilm – Der Bau der Kölner Moschee – aus der Reihe: „Dokumentarfilm im Ersten“
In Köln leben über 120.000 Muslime. Die rheinische Metropole hat damit prozentual mehr Einwohner islamischen Glaubens als jede andere deutsche Großstadt. Bisher war der berühmte gotische Kölner Dom das Wahrzeichen der Stadt. Nun soll ein zweites spektakuläres Gotteshaus die Skyline prägen: Im innenstadtnahen Viertel Ehrenfeld wird eine der größten und modernsten Moscheen Europas errichtet – von Paul Böhm, dem Architekten aus der renommierten Architekten-Dynastie, die für ihre christlichen Kirchenbauten berühmt ist.
Doch schon der Entwurf für den weithin sichtbaren Kuppelbau mit den zwei Minaretten spaltet die Stadt in vehemente Gegner und Befürworter. Es geht um mehr als ein Bauwerk: Ein hochemotionaler Streit um die Integration von Muslimen entsteht. Mittendrin: der ehemalige CDU-Oberbürgermeister der Stadt Fritz Schramma, der SPD-Bezirksbürgermeister des betroffenen Stadtviertels Josef Wirges, der Architekt Paul Böhm, der Autor Ralph Giordano, der Dialogbeauftragte des türkischen Bauherrn DITIB Bekir Alboga, dessen Pressesprecherin Ayshe Aydin, sowie die junge engagierte Türkin Afife Akdeniz. Während der jüdische Publizist Giordano sich vehement und provokant gegen den Bau des repräsentativen Bauwerks ausspricht, kämpfen die Politiker Seite an Seite mit der türkischen DITIB für die Moschee. Ein weiterer Mitspieler ist die rechtsextreme Gruppe Pro Köln, die die Ängste vieler alteingesessener Kölner nutzt und sie für ihre politischen Ziele instrumentalisiert.
Schauplatz der Handlung ist der ehemalige Arbeiter-Vorort Ehrenfeld. Er wird gerne als der Kölner Stadtteil gelobt, in dem das multikulturelle Zusammenleben besonders gut funktioniert. Die Deutschen kaufen in den türkischen Gemüseläden ein, die Studenten essen ihren Döner und die Deutsch-Türken sprechen nicht selten Kölner Slang. Es herrscht ein Klima liberaler Offenheit. Doch viele alteingesessene Ehrenfelder befürchten, dass das fragile multikulturelle Gleichgewicht im Viertel durch ein repräsentatives islamisches Bauwerk kippen könnte. Sie empfinden die neue Moschee als türkisches Machtsymbol und haben Angst, dass ihnen die vertraute Umgebung fremd wird. Vom plötzlich massiv aufbrandenden Widerstand werden selbst die erfahrenen Stadt-Politiker überrascht, für viele Muslime, die seit Jahrzehnten in Ehrenfeld leben, ist er ein Schlag ins Gesicht. Sie glauben, dass ihnen ein würdiges Gebetshaus zusteht und verstehen die Ängste ihrer deutschen Nachbarn nicht.
Viele junge Türken fühlen sich in der deutschen Gesellschaft nicht zuhause, besinnen sich wieder auf ihre Wurzeln und wenden sich der islamischen Religion zu. Eine entscheidende Frage drängt sich immer mehr in den Vordergrund: Wird die Moschee die Integration der Muslime fördern oder trägt sie eher weiter zu ihrer Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft bei?
Der Film von Birgit Schulz und Gerhard Schick zeigt die ersten heftigen Proteste gegen den Moscheebau im Jahr 2007, kurz nachdem die Pläne in der Bevölkerung bekannt wurden. Er folgt dem turbulenten Verlauf der Ereignisse – von den aufgeregten Gegendemonstrationen bis zur Erteilung der Baugenehmigung, vom Abriss der alten Moschee und den aufwendigen Bauarbeiten bis hin zum fast fertigen Neubau im Jahr 2012. Als der Moscheebau nach fünf Jahren vor seinem Abschluss steht, kommt es zu einem neuen, unerwartet heftigen Eklat: Die DITIB entlässt den Architekten, ein Baustopp droht und das ganze Projekt steht kurz vor der Fertigstellung plötzlich auf dem Spiel. 21:02-22:45 • tagesschau24 TV-Tipps
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