Buchtipp zum Wochenende
Ohne Fleiss kein Reis – Wie ich ein gute Deutscher wurde
Das Leben als Migrant ändert sich nie in Sekunden. Allenfalls in mühsamen Stunden, in denen besonders die Geduld auf die Probe gestellt wird – wenn man vorher auch nicht vergessen hat, eine Nummer zu ziehen. - Ein Exklusiv-Auszug aus dem neuen Buch des MiGAZIN Kolumnisten Martin Hyun.
Freitag, 29.06.2012, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.07.2012, 9:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
[…] Mutter sagte mir einmal, dass sich das Leben innerhalb von Sekunden verändern könne. Meine dramatische Wendung im Leben ereignete sich am 26. September 2008 und erforderte nicht Sekunden, sondern einige Minuten. Eines habe ich in Deutschland gelernt: Das Leben als Migrant ändert sich nie in Sekunden. Allenfalls in mühsamen Stunden, in denen besonders die Geduld auf die Probe gestellt wird – wenn man vorher auch nicht vergessen hat, eine Nummer zu ziehen. […]
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Mein Nachbar, der über mir lebt, ist von Beruf DJ. Das aber erfuhr ich erst nach meinem Einzug. Dem täglichen Trainieren seiner Fingerfertigkeiten und Feilen seines Talentes nach zu urteilen, muss er tatsächlich der Gott unter den DJs sein. Als ich ihn zum wiederholten Male bat, die Musik ein wenig leiser zu stellen, bot er mir als Entschädigung für die ständigen Ruhestörungen an, bei einer großen Straßenparade als VIP auf einem der Hauptwagen mitzufahren. Wie denn die bunte Parade heiße, hakte ich nach. „Christopher-Street-Day!“, entgegnete er so lässig wie ein Cowboy und fügte unbekümmert hinzu: „Das Pride-Festival steht unter dem Motto: Stück für Stück ins Homo-Glück – Alle Rechte für alle“. Ich musste nicht zweimal überlegen, winkte höflich ab und versicherte ihm, dass ich bereits ein überaus glücklicher Mensch sei und das große Glück bereits gefunden habe. Ich wünschte ihm, dass er zu seinem Glück gelangen möge und verabschiedete mich von DJ Gott. […]
Der Kiez ist ein Tummelplatz der Welt. Er ist Exil aller Menschen aus spanischsprachigen Ländern sowie der Italiener, die vor ihrem Staatsoberhaupt Berlusconi geflüchtet sind. […]
Einen einheimischen deutschen Rastafari-Mann, mit dem ich zufällig ins Gespräch kam, fragte ich, was er von der aktuellen Integrationsdebatte halte. Der bekiffte Bob Marley aus Friedrichshain, dessen Miene sich sofort verhärtete, entgegnete höhnisch: „Ich kann das Wort Integration nicht mehr hören! Deutschland muss sich zu allererst in die Weltkultur integrieren, bevor es versucht, allen anderen seinen eigenen Stempel aufzudrücken!“
Erschienen im btb-Verlag München (Randomhouse)
Paperback, Klappenbroschur, 320 Seiten
ISBN: 978-3-442-75343-7
€ 14,99 [D] Aktuell Feuilleton
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Kenne das Buch und habe es bereits gelesen. Es ist sehr gut und humorvoll geschrieben. Die Tiefsinnigkeit und die Mischung aus Spaß und Ernsthaftigkeit verleitet dazu, das Buch schnellstmöglich bis zum Ende durchzulesen. Mit einigen Themen und Anregungen bin ich nicht einverstanden. Aber alles in allem – ein wertvolles Buch!
Der Titel ist schon voll der Brüller… Viel Glück mit dem Buch.. :)