TV-Tipps des Tages
12.12.2011 – Muslime, Ausländer, Türkei, Neonazi, Terror, Rechtsterroristen
TV-Tipps des Tages sind: Zimtstern und Halbmond; Die Haselnuss-Kinder - Zum Hungerlohn ins türkische Hochland; Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin. Die Opfer der Rechtsterroristen; Mut zur Taufe: Wenn Muslime Christen werden; Auf der anderen Seite des Ozeans
Von Ümit Küçük Montag, 12.12.2011, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 10.12.2011, 22:57 Uhr Lesedauer: 7 Minuten |
Zimtstern und Halbmond
Spielfilm – Wir haben nichts gegen Ausländer – eigentlich. So könnte man die Haltung von Gottfried und Lisbeth Hinrichs beschreiben, die in Bayern leben. Der erfahrene Dampferkapitän und seine Frau halten sich selbst für liberale Menschen.
Allerdings zeigt sich, dass ihre Weltoffenheit an der eigenen Türschwelle endet: Ausgerechnet an Heiligabend bringt Tochter Barbara (Lisa Maria Potthoff), eine angehende Pilotin, ihren neuen Freund Kamal (Omar El-Saeidi) mit nach Hause – einen muslimischen Palästinenser aus Bethlehem, der in Deutschland eine Pilotenausbildung machen will. Palästinenser? Moslem? Pilot? Bei Gottfried und Lisbeth schrillen sofort die Alarmglocken. Jede Menge schlummernder Vorurteile werden wach, noch verstärkt durch Gottfrieds väterliche Eifersucht und die religiösen Vorbehalte der streng katholischen Lisbeth. So kommt es unterm festlich geschmückten Christbaum zum Eklat.
Zutiefst gekränkt verlässt Kamal das Haus, gefolgt von Barbara, die nicht fassen kann, dass ihre Eltern sich auf einmal so intolerant verhalten. Aber gegen die Liebe ist man machtlos, das muss auch Gottfried einsehen. Also lädt er Kamal zähneknirschend ein, gemeinsam mit Barbara bei ihnen zu wohnen. Doch die Waffenruhe hält nicht lange. Als Barbara schwanger wird und Kamal ihr einen Heiratsantrag macht, gehen die Komplikationen erst richtig los. Gottfried und Lisbeth fürchten nicht nur um die Karriere ihrer Tochter, sondern auch, dass sie mit Mann und Kind ins ferne Palästina ziehen könnte. Und überhaupt: In welcher Form soll die Trauung der beiden stattfinden? Lisbeth besteht auf einer traditionellen katholischen Hochzeit in ihrer Gemeindekirche.
Kamals quirlige Familie, für das freudige Ereignis extra aus Bethlehem angereist, sieht das natürlich anders. Für sie kommt nur die Vermählung durch einen Imam in Frage. Bethlehem gegen Bayern: Im Haus der Hinrichs prallen Welten und Weltanschauungen aufeinander. In dieser verfahrenen Situation kann Gottfried seinen künftigen Schwiegersohn auf einmal gut verstehen. Auch er hatte vor 30 Jahren für seine Frau die norddeutsche Heimat verlassen und war zum katholischen Glauben konvertiert. Trotzdem scheint der interkulturelle Super-GAU unvermeidbar. Erst als es schon fast zu spät ist, hat Gottfried einen salomonischen Geistesblitz. 12:30-14:00 • MDR Sachsen
Die Haselnuss-Kinder – Zum Hungerlohn ins türkische Hochland
Reportage – Eine WELTWEIT-Reportage von Rebecca Gudisch und Gönke Harms
Es ist noch dunkel, wenn sich die 11-jährige Badegül und der 9-jährige Ayden die Hänge in der riesigen Haselnussplantage am Schwarzen Meer hoch quälen. Zehn Stunden täglich schuften die beiden in den dichten Büschen für einen Lohn von umgerechnet 15 Euro am Tag. Spät abends sinken sie völlig erschöpft in ihrer Massenunterkunft am Rande eines Flusses auf den Boden, wenn nicht der Regen das provisorische Zeltlager einfach wegschwemmt. Wie das sein kann in einem Land, in dem Kinderarbeit offiziell verboten ist und das der EU beitreten will, wollen die beiden WDR-Weltweit-Autorinnen Rebecca Gudisch und Gönke Harms wissen. Sie sprechen mit den verantwortlichen Bauern, Zwischenhändlern, Exporteuren und Politikern. Alle kennen das Problem, aber keiner bekommt es in der Griff – ebenso wenig die deutschen Abnehmerfirmen wie zum Beispiel Ferrero, die am Ende der Lieferketten stehen und die das Problem seit geraumer Zeit kennen.
Haselnüsse sind ein heiß umkämpfter Rohstoff. Sie stecken in Schokolade, Nougat-Cremes oder Eis. Und Deutschland ist weltweit der größte Abnehmer. Dreiviertel aller Haselnüsse kommen aus einer einzigen Region in der Türkei: die Region um Ordu am Schwarzen Meer. Über 600.000 t jedes Jahr. Die Verlierer im Preiskampf sind die Bauern und die kurdischen Wanderarbeiter. Jedes Jahr reisen 100.000 Familien vom Süden an die Schwarzmeerküste, um dort auf den Haselnussfeldern zu arbeiten. Damit die Arbeit sich überhaupt lohnt, muss die ganze Familie mithelfen.
Eine eindringliche Reportage von Rebecca Gudisch und Gönke Harms. 14:30-14:58 • WDR
Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin
Die Opfer der Rechtsterroristen – Film von Matthias Deiß.
Die Nachrichten über die Morde der rechtsterroristischen Terrorzelle schockieren die Menschen. Die Täter machen Schlagzeilen. Die Ermittlungsbehörden stehen am Pranger, dem Verfassungsschutz wird Versagen vorgeworfen. Die Bundeskanzlerin nennt die ausländerfeindlichen Taten eine „Schande für Deutschland“. Die Dokumentation fahndet nicht nach den Tätern, deckt nicht auf, was Behörden falsch gemacht haben. Sie fragt: Wer waren die Opfer? Was wissen wir über sie? Wie lebten sie unter uns? Der Film gibt den Opfern einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte. Und erzählt von den Angehörigen. Wie die mörderische Tat ihr Leben veränderte, wie die lange, ergebnislose Ermittlung sie deprimierte und was sie in diesen Tagen durchmachen. Fahndungsplakat der Kriminalpolizei Nürnberg mit Konterfei des Opfers.
Die Nachrichten über die Morde der rechtsterroristischen Terrorzelle schockieren die Menschen. Die Täter machen Schlagzeilen. Die Ermittlungsbehörden stehen am Pranger, dem Verfassungsschutz wird Versagen vorgeworfen. Die Bundeskanzlerin nennt die ausländerfeindlichen Taten eine „Schande für Deutschland“. Die Dokumentation fahndet nicht nach den Tätern, deckt nicht auf, was Behörden falsch gemacht haben. Sie fragt: Wer waren die Opfer? Was wissen wir über sie? Wie lebten sie unter uns?
Der Film gibt den Opfern einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte. Und erzählt von den Angehörigen. Wie die mörderische Tat ihr Leben veränderte, wie die lange, ergebnislose Ermittlung sie deprimierte und was sie in diesen Tagen durchmachen.
Eva Müller und Anne Kathrin Thüringer. 22:45-23:30 • Das Erste (ARD)
Mut zur Taufe
Reportage – Wenn Muslime Christen werden – 02:30-03:00 • NDR Hamburg, NDR Mecklenburg-Vorpommern, NDR Niedersachsen, NDR Schleswig-Holstein
Auf der anderen Seite des Ozeans
Spielfilm – Shad und Otho, zwei junge Afrikaner ohne Aufenthaltserlaubnis, werden von der spanischen Polizei aufgegriffen. Shad kann untertauchen. Monat für Monat sendet er Geld an Otho, für seinen Vater und seine Verlobte. Doch Otho hat eigene Pläne.
Shad und Otho sind „sans papiers“: Von der Elfenbeinküste heimlich nach Spanien eingereist, leben sie von halbseidenen kleinen Geschäften, immer auf der Hut vor der Polizei. Deutsche Autos, französische Edelmarken – die Erwartungen, womit sie in die Heimat zurückkehren wollen, sind hoch gesteckt. Doch bei einer Razzia werden die beiden Freunde getrennt: Shad kann nach England fliehen und dort untertauchen, Otho, der sich nie etwas zuschulden kommen lassen wollte, wird wieder nach Abidjan abgeschoben. Und da er mit leeren Händen zurückkehrt, wird er in der Heimat schnell zum Ausgestoßenen. Nur seine Schwester Pelagie, die mit Shad verlobt ist und sehnsüchtig auf ihn wartet, hält zu Otho.
Shad kämpft weiter für den Traum vom großen Geld. Er lernt Tango kennen, eine junge Französin mit einem Faible für Afrika und jeder Menge Probleme mit ihrer Familie. Plötzlich scheint ein europäischer Pass, die endgültige Sicherheit, nicht mehr abgeschoben zu werden, zum Greifen nah, denn die lesbische Tango bietet Shad die Zweckheirat an. Doch Tangos Familie findet diesen Plan alles andere als gut …
Und während Shad sich mit afrikanischen Banden, den europäischen Behörden und vor allem Tangos eifersüchtigem Cousin herumschlagen muss, benutzt der gescheiterte Otho das Geld, das Shad für seinen Vater und Pelagie schickt, für seine Zwecke …
Hintergrundinformationen:
Aus der Sicht der Einwanderer erzählt, erweist sich „Auf der anderen Seite des Ozeans“ als eine Bestandsaufnahme der Migration. Vom nach Ansehen und Reichtum strebenden Aufsteiger, über die selbstgerechte Entwicklungshelferin bis zum Geschäftsmann, der findet, Afrikaner seien schon in Ordnung aber sollten lieber unter sich bleiben – solcherlei Typen verschiedenster Menschen, deren Leben unmittelbar von den Grenzziehungen Europas betroffen ist, vereint der Film, frei von Klischees.
Das Diktiergerät, mit dem Shad immer wieder Nachrichten für Otho aufnimmt, wird zum zentralen Motiv für die Sehnsüchte und falschen Heilsversprechungen, die jährlich Tausende von afrikanischen Männern ins verheißungsvolle Europa aufbrechen lassen. „Ein junger Mann von der Elfenbeinküste ist […] in alltäglichen Szenen zu sehen, die er selbst kommentiert. Dabei spielt der Einfluss des Westens auf die afrikanische Lebensweise eine wesentliche Rolle, zum ersten Mal wird dieser aus afrikanischer Perspektive reflektiert. Irgendwann in Paris vertraut Shad seinem Diktiergerät einmal die Wahrheit an: dass sein europäisches Leben weder helden- noch traumhaft ist. Dann wirft er den Recorder in den nächsten Müllcontainer.“ (film-dienst, 7/2008)
Regisseurin Eliane de Latour arbeitete mehrere Jahre als Anthropologin in Westafrika. Seit 1982 dreht sie Dokumentarfilme, im Jahr 2000 folgte ihr erster Spielfilm „Bronx-Barbès“ (ARTE-Sendung vom 27.11.2002), der in den Ghettos von Abidjan spielt. „Vögel des Himmels“ ist als zweiter Spielfilm auch die thematische Fortsetzung ihres Debüts. Der Film lief in der Sektion „Panorama“ der Berlinale 2006. 02:45-04:33 • arte TV-Tipps
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