Basisstudie
Sachverständigenrat empfiehlt zirkuläre Migration
Sachverständigenrat legt Basisstudie über zirkuläre Migration vor und empfiehlt Pilotprojekte. Die Idee: Menschen sollen befristet in einem EU-Staat arbeiten und mit den erworbenen Kenntnissen wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren.
Donnerstag, 08.09.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 12.09.2011, 12:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Programme zirkulärer Migration stehen laut Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in der politischen Diskussion derzeit hoch im Kurs. An sie werden hohe Erwartungen geknüpft. Die grundlegende Idee ist, dass Menschen aus Entwicklungs- und Schwellenländern befristet einmal oder auch mehrfach in einem Staat der Europäischen Union arbeiten können und dann mit den erworbenen Kenntnissen, Qualifikationen und Ersparnissen wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren.
Diese sollen zugleich von den Rücküberweisungen der Migranten profitieren und die durch Migration weiter qualifizierten Arbeitskräfte nicht auf Dauer verlieren. Ein Brain Drain könne so vermieden und eine auch wirtschaftlich nutzbare Brücke zwischen Herkunfts- und Zielland errichtet werden. Zudem könne die illegale Migration, die mit hohen Risiken für die Zuwanderer verbunden ist, begrenzt werden. Die Aufnahmeländer wiederum könnten ihre Zuwanderungssteuerung verbessern. So lauten die Hoffnungen der ‚Migrationsoptimisten‘. Dagegen stehen die ‚Migrationspessimisten’ mit ihrer Sorge vor einer Neuauflage von ‚Gastarbeiterproblemen‘.
Neu ist die Idee von einer zirkulären Migration nicht. Bereits 2007 hat die EU-Kommission entsprechende Migrationsprogramme als Steuerungsinstrument vorgeschlagen. Doch trotz der hohen Potenziale, die solchen Programmen zugeschrieben werden, gibt es bislang keine Übereinkunft, welche Kernelemente konstitutiv sein sollen.
Klare Vorstellung, einheitliche Definition
„Um die Erfolgsaussichten zirkulärer Migrationsprogramme abschätzen zu können, bedarf es klarer Vorstellungen und einheitlicher Definitionen“, so der SVR. Sie hat daher Kernelemente zirkulärer Migrationsprogramme definiert und untersucht, wie zirkuläre Migrationsprogramme in das deutsche Ausländerrecht eingepasst werden könnten. Welche ökonomischen Effekte durch zirkuläre Migrationsprogramme können für Aufnahmeland, Herkunftsland und für die Migranten selbst erzielt werden? Das ist Gegenstand einer weiteren Untersuchung des SVR, das am 21. September in Berlin vorgestellt wird.
Zentral für zirkuläre Migrationsprogramme seien ihre bilaterale Organisation, die Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt des Ziellandes, die entwicklungspolitische Motivation sowie die Befristung der Aufenthalte bei gleichzeitiger Förderung wiederholter Zirkularität. Solche Programme würden sich sich in das deutsche Aufenthaltsrecht einfügen lassen.
Download: Die Studie „Gute Grundlagen: Das deutsche Aufenthaltsrecht und Möglichkeiten der Umsetzung von Programmen zirkulärer Migration“ finden Sie zum Download hier
Bei den Befürchtungen erneuter ‚Gastarbeiterprobleme‘ wird laut SVR übersehen, dass temporäre Migration heute bereits einen Großteil des jährlichen Zuzugs ausmacht: 2010 wurden in 289.000 Fällen Arbeitskräfte nach Deutschland vermittelt, die nach dem Ende ihrer befristeten Tätigkeit das Land wieder verlassen haben.
Befristete Zuwanderung funktioniert
„An bewährte Instrumente befristeter Zuwanderung könnte angeknüpft werden“, sagte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Klaus J. Bade. Das gelte nicht etwa nur für die vielzitierten und hier weniger passenden Regelungen für Saisonarbeitnehmer wie z. B. Spargelstecher. Ein näher liegendes Beispiel seien Haushaltshilfen oder auch Werkvertragsarbeitnehmer, die für zwei bis vier Jahre beschäftigt werden können. „Mit diesen Instrumenten wird in Deutschland die temporäre Zuwanderung von Migranten in niedrig und mittel qualifizierte Tätigkeiten seit vielen Jahren erfolgreich gesteuert“, sagte die dem SVR angehörende Göttinger Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Christine Langenfeld. „Auch wenn das wenig Beachtung findet: die befristete Zuwanderung in Deutschland funktioniert gut.“
Zwar verfüge keines dieser schon laufenden Programme über alle Elemente eines zirkulären Migrationsprogramms; aber sie könnten als Baukasten für ein neu zu schaffendes Pilotprogramm dienen. Solange befristete Zuwanderungsprogramme in begrenztem Umfang durchgeführt werden, stünden sie auch nicht in Widerspruch zu der Ausrichtung auf dauerhafte Integration, die im Zuwanderungsgesetz von 2005 verankert wurde. Von der früheren ‚Gastarbeiteranwerbung‘ würden sich Programme zirkulärer Migration deutlich unterscheiden. Unterm Strich empfiehlt der SVR, Programme zirkulärer Migration als Instrument der Zuwanderungssteuerung mit einem entwicklungspolitischen Anspruch im Rahmen von Pilotprojekten zu erproben. (etb)
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Toll, da hat der SVR mitbekommen, daß es seit Jahr und Tag Arbeitnehmer – meist aus den osteuropäischen Nachbarländern – zwischen ihren Heimatländern und ihren Arbeitsplätzen in Deutschland pendeln. Das darf natürlich nciht so ohne weiteres laufen, daß tschechische und polnische Krankenschwester, Handwerker, Landarbeiter und Pflegekräfte nach D kommen, ohne daß der SVR des Prof. Bade seinen Segen dazu abgeliefert hat.
Als erstes werden die Pendler in „temporäre zirkuliernde Migranten“ umgetauft, und dann muß man für Definitionen sorgen – irgendwie muß man ja als Sachverständiger seine Daseinsberechtigung unter Beweis stellen.