Integration im 16:9 Format

Der koreanische Präsident spricht vor seinen „Landsleuten“ in Deutschland

Wenn der türkische Präsident Erdoğan zu seinen Landsleuten in Deutschland spricht, dann füllt er sämtliche Sportarenen. Der koreanische Präsident, der sich kürzlich auf Staatsbesuch in Deutschland befand hingegen füllt zumindest den überschaubaren Pavillonsaal des Interconti Hotels in Berlin mit gut einigen Hundert Landsleuten.

Von Mittwoch, 11.05.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 09.05.2020, 1:03 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die geladenen Gäste waren größtenteils ehemalige koreanische Bergarbeiter und Krankenschwester. Das erste Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Korea kam im Dezember 1963 zustande. Doch in gesellschaftlicher Erinnerung ist gerade dieses Abkommen nicht geblieben. Man erinnert sich an die Türken, an die Italiener und Spanier, doch bei den Gastarbeitern aus dem Land der Morgenstille besteht eine Gedächtnislücke.

Es sind nicht nur die vollen Sportarenen, die sich unterscheiden von einem Staatsbesuch Erdoğans und des koreanischen Präsidenten Lee, sondern auch das mediale Interesse. Wenn ein Erdoğan seine türkischstämmigen Mitbürger auffordert, sich zu integrieren, aber nicht zu assimilieren oder das die Kinder zuerst türkisch und dann Deutsch lernen müssen, dann ist der mediale Sturm der Entrüstung groß. Vielleicht hat es seine guten Seiten, wenn man in der Gesellschaft nicht so wahrgenommen wird. Denn ähnlich wie der türkische Präsident Erdoğan sprach sich auch der koreanische Präsident Lee Myung-bak in einer Diskussionsrunde mit den ehemaligen Bergarbeitern und Krankenschwestern dafür aus, dass die koreanischen Kinder zur deutschen Sprache auch die koreanische Sprache fließend beherrschen sollten. Der Präsident beklagte, dass die meisten Koreaner der zweiten Generation die im Ausland leben kaum noch koreanisch sprechen können. Das sei ein Problem, äußerte sich der Präsident. Auch sprach sich der koreanische Präsident für eine Kräftebündelung aller im Ausland lebenden Koreaner aus, um Korea noch stärker zu machen.

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Bevor der Präsident seine Rede anfing, wurde ein Kurzfilm gezeigt. Man sah junge, dynamisch aussehende koreanische Bergarbeiter wie sie auf dem Rollfeld in ein Flugzeug Richtung Deutschland besteigen. Im Hintergrund sieht man die Verwandten und Familienangehörige, die ihre Brüder, Söhne und Geliebten zum Abschied hinterher winken. Koreanische Bergarbeiter werden in der Grube gezeigt und anschließend bei der Dusche, der das schwarze Gold vom Gesicht und Körper wegspülte. Es folgt eine Szene im Krankenhaus mit einer koreanischen Krankenschwester bei der Arbeit. Eine Botschaft wird eingeblendet, die sich an die ehemaligen Bergarbeiter und Krankenschwester richtet „Korea bedankt sich recht herzlich für ihre Aufopferung und Mühen“. Dann erfolgt ein Szenenwechsel, der den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Koreas zeigt, zu denen die koreanischen Bergarbeiter und Krankenschwester maßgeblich beitrugen. Ich war emotional bewegt.

Nachdem der Film zu Ende gezeigt war, fing der Präsident seine Rede an, die er frei und ohne Merkzettel vortrug. Er sprach sie mit „meine im Ausland lebenden Landsleute“ an, obwohl viele bereits in Deutschland heimisch geworden sind. Der Präsident sprach davon, dass er zur Zeit des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und Korea, Student der Korea-Universität war. Er erzählte von dem ersten Staatsbesuch des koreanischen Präsidenten Park Chung-hee in Deutschland im Jahre 1964 und wie ihn eine Krankenschwester fragte, wann die Zeit käme, dass es Korea gut gehe. Der damalige Präsident Park antwortete nur, dass es der nächsten Generation besser gehen werde.

Heute ist Korea eine Wirtschaftsmacht. Die Frage, die die Krankenschwester von damals stellte, hat sich geändert. Ein ehemaliger Bergarbeiter fragte, was die koreanische Regierung für Rückkehrer tue. Der Präsident antwortete, dass man ein Zentrum für Auslandskoreaner geschaffen habe, in der man Seminare und Weiterbildungen anbiete. Auch erwähnte der Präsident, dass Senioren ab 65 Jahre alle öffentlichen Verkehrsmittel unentgeltlich nutzen dürfen.

Abschließend sprach der Vorsitzende des koreanischen Verbandes in Deutschland einen Tost auf den Präsidenten. Ein Frauenchor, bestehend aus ehemaligen Krankenschwestern im traditionellen Hanbok trug zwei koreanische Volkslieder vor. Eines davon handelte um die Sehnsucht nach der Wiedervereinigung. Wenn mein Koreanisch besser wäre, hätte dem Präsidenten auch gerne einige Fragen gestellt, was z.B. die Rücküberführung von verstorbenen Koreanern anbelangt und gebeten beim Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel danach zu fragen, ob den Koreanern der zweiten Generation die Türen zum sozialen Aufstieg offen stehen oder verschlossen bleiben. Doch dazu kam es nicht mehr.

Als ich in die Runde der koreanischen Bergarbeiter und Krankenschwester sah, kam mir der Gedanke, wie das Leben sie gezeichnet hat. Ich stellte mir vor, wie sie nie wirklich die Zeit besessen haben einmal inne zu halten und in ihren Anfangsjahren in Deutschland in den Spiegel zu schauen. Doch jetzt wenn sie sich im Spiegel betrachten ist nicht mehr viel von der jugendlichen Dynamik, mit der sie einst Korea verließen übrig geblieben.

Es ist mir eine Ehre mit den koreanischen Gastarbeitern der ersten Stunde an einem Tisch zu sitzen, denn sie haben uns den Weg für eine bessere Zukunft geebnet, in einem Land das sich schwer tat unserer Identität anzunehmen. Diese Chance, ob wir sie nun kriegen oder nicht, liegt nicht mehr in unserer Hand, sondern bei der Mehrheitsgesellschaft. Wird diese Gesellschaft uns diese Chance ermöglichen? Ich weiß es nicht. Die Zeit wird es zeigen und man kann nur hoffen, dass es noch zu diesen Lebzeiten passiert. Aktuell Meinung

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  1. Pete sagt:

    Die Koreaner müssen lauter werden.

  2. Miro sagt:

    Werter Martin Hyun,
    wenn sie mehr Aufmerksamkeit möchten für Koreanischstämmige, dann müssen sie vieles ändern. Arbeiten wir doch mal ein paar Dinge heraus, pauschalisierend versteht sich.
    Türken sind unterdurchschnittlich beim Bildungserfolg, ganz im Gegenteil zu Menschen aus dem ostasiatischen Raum, denn die liegen eher über dem Durchschnitt.
    Beim Thema Arbeit und Arbeitsmoral sieht die Sitation ähnlich aus.
    Türken sind dafür überdurchschnittlich in der Kriminalitätsstatistik vertreten, Koreanischstämmige, oder generell Asiatischstämmige sind mir da bisher nicht aufegfallen. Wann hat man das letzte mal eine Koranergang hören sagen „Wir schlitzen euch deutsche Schweine auf.“
    http://www.focus.de/panorama/welt/migranten-gewalt_aid_125798.html

    Generell sind Mentalität, Benehmen und Umgangsformen Aspekte die Türken und Koreaner unterscheiden, wobei auch hier die Koreaner klar im Vorteil sind und daher nicht so negativ auffallen.
    Martin ganz schlimm für fehlende Aufmerksamkeit ist eine echte Integrationsbereitschaft, die sich auch in der Namensgebung der Kinder ausdrücken kann. Zeig sie mir einen Türken der 4ten Generation der Martin heißt.
    Und last but definitely not least haben die Türken eine Geisteshaltung mitgebracht, Islam, die für viele der Probleme verantwortlich ist. Islam propagiert ein Gesellschafts- und Wertemodell, welches unvereinbar ist mit europäischen Errungenschaften wie Aufklärung, Demokratie oder Menschenrechten und welches zu Zuständen führt wie in Saudi Arabien, Iran oder Pakistan.
    Koreanischstämmige haben viel richtig gemacht und sind daher willkommen, andere sind es nicht.

  3. Boli sagt:

    Also eine erste Kräftebündelung für Korea wäre schlicht die Wiedervereinigung, aber das braucht halt auch den politischen und gesellschaftlichen Willen dazu. Und eines stimmt. Man erinnert sich meist an die die in der größten Anzahl im Land waren und wohl auch noch im eigenen Kulturkreis beheimatet sind.
    Libanesen schreiben da bei gerade mal 90000 Menschen in Deutschland aber leider gerade eine ganz andere weil negative Geschichte. Ausnahmen bestätigen also die Regel.

  4. Tom sagt:

    Wichtig wäre es zu erfahren, wieviel Koreaner den sozialen Aufstieg schaffen mit ihrer hohen Bildungsquote. Meines Erachtens gibt es dazu keine Studien.

  5. Mika sagt:

    Na man gut, dass nicht Miro bestimmt, wer willkommen ist oder nicht – auch das hat etwas mit Demokratie zu tun – aber das haben Sie scheinbar nicht begriffen! Sie sind in meinen Augen ein Radikaler, der diffamiert und hetzt! Da frage ich mich einfach nur, was um alles in der Welt Sie in Ihrer Kindheit erlebt haben müssen in B-Wedding….

  6. Boli sagt:

    @Mika
    Also wer in den letzten 10 – 20 Jahr in Berlin-Wedding aufgewachsen ist kann durchaus sehr schlechte Erfahrungen speziell mit unseren Schätzen aus dem Morgenland gemacht haben. Und glauben Sie mir. Jemand der tagtäglich gemobbt und geschlagen wird wählt mit Sicherheit nicht die Grünen.
    Steigender Rechtsradikalismus ist für mich die natürliche Reaktionsform auf starke gesellschaftliche ethnische Spannungen ausgelöst durch Aussitzen unfähiger und feiger Politiker.

  7. MoBo sagt:

    @ Miro: ich bin mit einem Türken der zweiten Generation zur Schule gegangen, der Martin hieß…

    @ Boli: klar, an brennenden Asylbewerberheimen sind die Asylbewerber schuld?! hier im Osten gibt es kaum Ausländer und täglich sehe ich junge Erwachsene mit Fascho-T-Shirts…

  8. Boli sagt:

    @Mobo
    Was hat denn Berlin Wedding mit brennenden Asylbewerberheimen zu tun. Das ist ein Stadteil. Und was heißt „hier im Osten“? Ist Berlin vielleicht nicht im Osten?
    Übrigens, wenn der mit dem Sie in die Schule gegangen sind Martin hieß war er mit Sicherheit Aramäer. Und die machen nur Rabbatz wenn Sie auf ihre Lage in der Türkei und mittlerweile leider auch in Deutschland hinweisen wollen.
    Und von den Koreanern brauchen wir diesbezüglich gleich dreimal nicht sprechen weil sie noch einmal eine ganz andere Mentalität da fernöstlich haben als dem mittleren bzw. Nahen Osten.

  9. Mika sagt:

    @Boli
    Ich habe auch schlechte Erfahrungen mit Ursprungsdeutschen während meiner Kindheit erlebt – heißt das jetzt, dass ich allesamt in einen Topf werfen und radikale Ansichten gegen jene vertreten muss?

    Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass wenn man in Wedding aufwächst, man nur eine „beschränkte“ Sichtweise hat! Das kann man nicht auf ganz Deutschland übertragen!

  10. Realist sagt:

    „Na man gut, dass nicht Miro bestimmt, wer willkommen ist oder nicht – auch das hat etwas mit Demokratie zu tun – aber das haben Sie scheinbar nicht begriffen!“

    Sie vergessen ascheinend, was Demokratie heisst , oder? Das bedeutet, also schon, dass Miro auch bestimmt, wer willkommen ist und wer nicht. Und an ihrer Stelle würde ich davon ausgehen, dass nicht alle in Deutschland wohnenden Migranten willkommen sind. Das wäre natürlich schön, aber so ist es einfach nicht. Die Menschen in Deutschland können sagen, wenn ihnen etwas nicht passt, auch wenn dann vielleicht Empfindlichkeiten mancher Minderheiten getroffen werden, so muss das Problem doch benannt werden, damit man es lösen kann.
    Ausserdem Mika, sollten Sie akzeptieren, dass ihre Meinung eine Minderheitsmeinung darstellt. Die Mehrheit vertritt nicht die gleiche Ansicht wie Sie und vielleicht sollten sie sich mal Gedanken machen warum das so ist und nicht einfach alle Menschen die gegensetzliches zu ihren Thesen denken, als Rassist, Faschist oder Nazi darzustellen.

    Sie sind auf einem Niveau angekommen, das eine vernünftige Konversation nicht mehr erträglich macht. Sie sind ganz offensichtlich in einer Welt gefangen in der alle Deutschen die Bösen sind und alle Muslime und Orientalisten die Guten. Erinnert mich ein bisschen islamistische Grundgedanken.