Kinderschutzbund warnt

Benachteiligung armer und ausländischer Kinder

In einer gemeinsamen Presseerklärung appellieren der Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes, Landesverband Bayern e.V., Ekkehard Mutschler, und der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, an die Bayerische Staatsregierung, Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung armer Kinder in Bayern nicht zu zulassen.

Dienstag, 23.02.2010, 8:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 2:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Diejenigen, die heute arm sind, dürfen nicht arm bleiben. Vielmehr muss dafür Sorge getragen werden, dass alle jungen Menschen beste Bildung erhalten“, erklärten beide in München. Derzeit sei dies nicht der Fall: „Wer arm und obendrein noch ausländischer Herkunft ist, dem bleibt in der Regel die Tür zu höheren Bildungsabschlüssen versperrt. Das ist nicht nur ungerecht, sondern sozialpolitisch unverantwortlich, denn Jugendliche, die keinen Abschluss schaffen oder nur gering qualifiziert sind, belasten die Sozialsysteme dauerhaft. In einem ersten und wichtigen Schritt müssen alle öffentlichen Schulen und Kindertagesstätten so gut ausgestattet werden, dass privat zu bezahlender Förderunterricht überflüssig wird.“

Kinderarmut steigt
Kinderarmut in Deutschland verbreite sich rasch. Während 1965 lediglich jedes 75. Kind von Armut betroffen war, sei es 2006 jedes sechste. Laut Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung waren im Jahr 2008 durchschnittlich 1,82 Millionen Kinder unter 15 Jahren auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im zweiten Bericht der Bayerischen Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern 2009 heißt es, dass 8,8% aller bayerischen Kinder unter 15 Jahren ein Armutsrisiko haben, bei den 15- bis 25-Jährigen sind es 12,4%. Insgesamt beträgt die Armutsrisikoquote in Bayern 10,9%. Weil absehbar sei, dass die Zahlen durch die Folgen der Wirtschaftskrise weiter steigen werden, müssten die Schulen schnell auf diesen alarmierenden Trend reagieren, sind sich Mutschler und Wenzel einig.

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Es sei ein „skandalöser Missstand“, dass sich in den vergangenen Jahren privat finanzierte Nachhilfe und Ergänzungsunterricht zum wichtigen Baustein des bayerischen und deutschen Bildungssystems entwickeln konnten. „Hier werden Defizite öffentlicher Schulen deutlich, die es umgehend zu beseitigen gilt.“

Eklatante Benachteiligung von Migrantenkindern
Erst im Januar hatte die von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichte Studie der Bildungsforscher Klaus und Annemarie Klemm zur Nachhilfesituation in Deutschland auf diesen Trend aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass Eltern jährlich 1,5 Milliarden Euro für privaten Nachhilfeunterricht bezahlen. „Diese gigantische Summe führt uns drastisch vor Augen, wie konkret die Ausgrenzung armer Kinder und Jugendlicher an den Schulen mittlerweile ist“, kritisierten Mutschler und Wenzel.

Hinzu komme die eklatante Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund, die besonders häufig von Armut betroffen sind: So wechselten 66% aller ausländischen Kinder nach der vierten Klasse in die Hauptschule, nur 19% in ein Gymnasium und nur 11% in eine Realschule. Gesellschaft

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  1. Emre123 sagt:

    Warum sprechen selbst Migranten der dritten und vierten Generation zu Hause nur die Muttersprache der ersten Generation? Wer in Deutschland leben und erfolgreich sein will muss sich auch integrieren!! Das Jammern sollte eher eine Kritik an den Migranten sein, die es nicht wollen, Deutsche zu werden. Sprecht endlich Deutsch miteinander, schaut deutsches Fernsehen, lest deutchsprachige Zeitungen! Dann werden wir bald nicht mehr so viele Probleme haben, gute Bildung zu erreichen.

    • trk87 sagt:

      Ach was, das Eine hat mit dem Anderen gar nichts zu tun.

      Bei uns zuhause wird nur türkisch geredet, was auch gut so ist – warum sollte ich meine Heimatsprache
      verlernen? Ich will mich nicht später dafür schämen müssen, dass ich nur noch richtig schechtes und gebrochenes Türkisch rede.
      Auch das noch: Bei uns zuhause läuft nur türkisches Fernsehen, tagsüber türkische Musikkanäle, abends ab und an türkische Serien!

      Trotz Alledem: Ich studiere hier in Deutschland, meine Schwestern sind bald mit ihrem Abi fertig und wollen auch studieren – ja, und das, obwohl wir uns zuhause ausschließlich türkischen Einflüssen hingeben.

  2. Sinan A. sagt:

    Wo Benachteiligte, Ausgegrenzte und Diskriminierte sind, sind auch Menschen, die benachteiligen, ausgrenzen und diskriminieren. Man sollte den Spiegel drehen und den aktiven Part ins Visier nehmen. Nicht die Kinder ins Bild setzen, sondern die Erwachsenen, die die Wege bereiten. Das sind die Leute, denen man eine ordentliche Portion Förderung verpassen sollte.

    Im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Lebensläufe besonders stark mit der familiären Herkunft verknüpft. Das Migrantenkind sitzt dabei automatisch im Unterschichts-Boot, wenn es nicht aus einem Akademiker-Haushalt kommt. So will es der Deutsche, so entscheidet er. Ob arm oder nicht arm, ob begabt oder nicht, spielt keine Rolle. Die Hauptschule ist ihm sicher, es sei denn, er ragt besonders heraus. Ich habe so viele Beispiele gesehen in den Jahren. Einige kamen doch noch über Umwege zum Abitur, zwei sogar bis zum abgeschlossenen Studium, viele andere nicht. Vom Amt lebt übrigens keiner. Man kann auch ohne Bildung eine Existenz aufbauen, nebenbei gesagt. Ich selbst bin auch völlig ungebildet.

    Wer für seine Kinder das beste will, der muß den Akademikern nur in einem Punkt nacheifern. Die kämpfen knallhart für die Interessen ihrer Kleinen und gegen die Interessen der anderen Kinder. Denn für alle ist oben kein Platz. In Wirklichkeit fürchten die Etablierten, von Konservativ bis links-liberaler Schickeria, die Konkurrenz. Die sorgen sich um ihre Pfründe. So dumm sind die Kinder der Migranten gar nicht. Das ahnen die insgeheim.