Koalitionsvertrag
Schwarz-Gelb ergreift Partei für die Kirchen
Politologe Speer sieht im Koalitionsvertrag eine „asymmetrische Religionspolitik“. Die neue Koalition erkenne an, dass „auch andere Religionen Werte vermitteln, die einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft haben“. Ob damit auch der Islam gemeint sei, bleibe offen, so Speer.
Dienstag, 27.10.2009, 8:16 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 15:56 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Für die großen christlichen Kirchen brechen nach Einschätzung des Münsteraner Politologen Sven W. Speer unter der neuen schwarz-gelben Koalition gute Zeiten an. „CDU, CSU und FDP legen im Koalitionsvertrag ein sehr deutliches Bekenntnis zu den Großkirchen vor“, sagte der Wissenschaftler vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) am Montag. Der Vertrag bezeichne sie als unverzichtbar für die „Vermittlung der unserem Gemeinwesen zugrunde liegenden Werte“. Damit gehe Schwarz-Gelb deutlich über den Vertrag der bisherigen Koalition hinaus.
Schwarz-Rot wollte nach den Worten des Experten vor allem den interreligiösen Dialog fördern, ohne besonders Partei für die Kirchen zu ergreifen. Die neue Koalition hingegen erkenne lediglich an, dass „auch andere Religionen Werte vermitteln, die einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft haben“. Ob damit auch der Islam gemeint sei, bleibe offen, so Speer.
Die FDP werde sich einer solchen „asymmetrischen Religionspolitik“ nicht in den Weg stellen, prognostizierte der Politologe. Vorsitzender Guido Westerwelle habe die Liberalen bereits stark an die Kirchen angenähert. Die frühere Forderung der Partei nach einer stärkeren Trennung von Staat und Kirchen werde nicht mehr verfolgt. Mit „Shooting-Star“ Philipp Rösler sei unter den künftigen FDP-Ministern sogar ein Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) vertreten.
Für die Deutsche Islamkonferenz hebt der neue Koalitionsvertrag nach Angaben des Wissenschaftlers positiv hervor, dass sie für „einen Prozess der Annäherung muslimischer Bevölkerungsteile Deutschlands an das deutsche Religionsverfassungsrecht“ stehe. „Wohlgemerkt nicht umgekehrt: das deutsche Religionsverfassungsrecht nähert sich durch die Konferenz nicht den Muslimen an“, unterstrich der Politologe, der in der Graduiertenschule des Exzellenzclusters die deutsche Religionspolitik erforscht.
Union und FDP verdeutlichten im Koalitionsvertrag, dass sie nicht für eine Reform des Verhältnisses von Staat und Kirche in Deutschland einträten. Zugleich wollten sie den Dialog mit Kirchen, jüdischen Organisationen und Islamvertretern „ganz unverbindlich intensivieren“, sagte der Experte. Atheisten würden dabei mit keinem Wort erwähnt, so Speer, obwohl mehr ein Drittel der Deutschen keiner Religion angehöre. Politik
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