Nargess Eskandari-Grünberg

„Wir sind keine homogene Gesellschaft“

Die Integrationsdezernentin in Frankfurt am Main, Nargess Eskandari-Grünberg, fordert für die soziale Integration die Anerkennung verschiedener Identitäten. „Wir ringen zum Beispiel seit Jahren darum, anzuerkennen, dass ein Mensch verschiedene Identitäten haben kann. Oder darum, in einer Gesellschaft zu leben, in der verschiedene Identitäten gleichermaßen Anerkennung finden“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag in einem Interview mit dem Frankfurter Rundschau.

Dienstag, 14.07.2009, 7:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 2:59 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Integration bedeute nicht die Anpassung einer Minderheit an die Mehrheit, sondern die Kooperation der gesellschaftlichen Spieler. „Wir sind seit Jahrzehnten eine Einwanderungsgesellschaft und reden darüber, dass sich Minderheiten einer Mehrheit anpassen müssen, als gäbe es diese „eine homogene Gesellschaft“. Doch wir sind eine plurale Gesellschaft mit unterschiedlichen Kulturen, Subkulturen, Milieus, Generationen … Integration heißt: Wie gehen wir mit Unterschieden konstruktiv um?“, sagte Eskandari-Grünberg.

Zuschreibungen nach Mehrheiten und Minderheiten nützten angesichts der Bevölkerungsstruktur in Deutschland ohnehin wenig. 50 Prozent der Frankfurter lebten seit weniger als 15 Jahren in Frankfurt und innerhalb weniger Jahre tauschten sich große Teile der Bevölkerung aus. Hinzu komme, dass die sogenannten „Migrantenmilieus“ so divers sind, wie die „deutsche Gesellschaft“ und „zwischen beiden gibt es vielfältige Schnittmengen“, betonte die Stadträtin und fordert Offenheit.

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Eine demokratische Gesellschaft sei eine offene Gesellschaft. „Und nur eine offene Gesellschaft ist eine wirklich integrierte Gesellschaft. Umgekehrt gilt: Integration erfordert unsere Öffnung für Andere, auch für ihre Ängste, Ängste vor dem Bau neuer Moscheen etwa. Das kann man ja nicht einfach ignorieren“, so Eskandari-Grünberg. In ihrem Interview bei Amtsantritt im September 2008 sagte sie dazu, dass man erst zu einer „gemeinsamen Gesellschaft“ kommt, „wenn wir aufeinander zu gehen, wenn wir unsere Angst voreinander abbauen und miteinander in einen wirklichen Dialog kommen. Die Menschen sollten sich mehr füreinander interessieren.“

Die Grünen-Politikerin sprach sich überdies für eine Integrationspolitik aus, die in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt ist. Integrationspolitik sei nicht eine Nischenpolitik für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. „Sie geht uns alle an.“ Politik

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  1. Redbull sagt:

    Öffentliche Aufmerksamkeit erregte Nargess Eskandari-Grünberg durch eine Äußerung in der Ratssitzung am 5. November 2007:

    „Migration ist in Frankfurt eine Tatsache. Wenn Ihnen das nicht passt, müssen Sie woanders hinziehen.“

    Damit versucht diese Frau Integration umzudeuten dahingehend, dass sich die Mehrheit der Minderheit gefälligst anzupassen habe. Dies ist absolut kontraproduktiv, rassistisch gegenüber der deutschen Mehrheitsgesellschaft und leider Standarddenke der Grünen.

    • Non-EU-Alien sagt:

      Kontraproduktiv ist ihr Kommentar, denn Sie haben nur den Link oben in diesem Artikel verfolgt und eine Passage aus Wikipedia kopiert und dann noch versucht zu bewerten….

      Diese Aussage folgte auf eine Bürgerinitiative, die sich beklagt hat, dass der Anteil der Migrantenkinder in der Schule zu hoch sei, und sie nicht ihre deutschen Kinder in solche Schulen schicken wollen… Meine Frage an den roten Bullen: Sind Migrantenkinder Unkraut oder Ungeziefer?

      • Redbull sagt:

        Anwort an den Nicht EU Ausserirdischen:
        Diese bezeichnende Aussage wurde von ihr im Rahmen einer „Bürgeranhörung“ getätigt nachdem einige Anwohner fragten, warum in einem Umkreis von 400 m nun eine 3. Moschee entstehen solle. Dadurch würde sich natürlich auch das Umfeld ändern, was nicht von der Hand zu weisen ist.
        Wer so arrogant und wie ich finde rassistisch auf Bürgeranfragen regiert zeigt vor allem, das er Wünsche einer muslimischen Community bevorzugt, ohne auf die einheimische Bevölkerung einzugehen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und das ist absolut kontraproduktiv.

        Wie Sie auf die Aussage kommen, dass Migrantenkinder Ungeziefer sind, kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht erklärt es mir der Ausserirdische ja.

  2. Markus Hill sagt:

    Ein interessanter Ansatz zum Thema Integration. Warum wird man den Eindruck nicht los, dass man von Integration spricht aber unterschwellig immer nur die Differenzen hervorhebt oder „zementieren“ möchte? Warum diese ganze unnötige Diskussion? Inder, Chinesen, Vietnamesen und viele Aussiedler machen es uns vor – es gibt alle diese erfolgreichen Beispiele. Die eigene Kultur und Sprache muss nicht verleugnet werden. Kein Deutscher verlangt, dass ein Chinese sein Volksfeste nicht feiern darf oder dass ihm zuhause oder auf der Strasse das Chinesische verboten wird. Viele von diesen Einwanderern lieben Deutschland und werden von den meisten Deutschen als Bereicherung gesehen. Warum sollten die Einwanderergruppen mit den grössten Defiziten und der schlechten Reputation den Standard für Intergration vorgegeben? Man schafft de facto wieder „Probleminseln“ für die Zukunft. An die Dezernentin aus Frankurt: Nennt Lobbyarbeit für diese „Problemgruppen“ (fairerweise: ein gewisser Prozentsatz von diesen „Problemgruppen“, z. B. Türken) bitte Lobbyarbeit, seid ehrlich. Verklebt und verkleistert die Diskussion bitte nicht mit diesen Nebelgranaten. Es ist legitim, die eigenen Interessen zu vertreten. Man diskutiert kontrovers jedoch lieber mit einem intergrem Diskussionspartner. Das was in den Äusserungen aus Frankfurt ablesbar ist, erscheint mir ein ziemlich verdrehter Integrationsbegriff. Nach dem Motto: „Findet Euch damit ab, dass die Problemgruppen keinen Änderungswillen haben und in Zukunft diesen Stil auch konsequent beibehalten wollen.“ Das erscheint wenig konstruktiv, der Ärger ist vorprogrammiert.

    • Daniel S. Lee sagt:

      Nur weil sich bestimmte ethnische Gruppen nicht äußern, heißt das nicht, dass sie zufrieden sind. Für Koreaner ist es wichtig, nach außen hin ihr Gesicht zu wahren. Wir wollen nicht negativ auffallen, wir wollen nicht, dass man negativ über uns spricht. Wir sind in der Öffentlichkeit also meist höflich und still (das sind jetzt natürlich sehr pauschale Aussagen, die natürlich nicht auf jeden Koreaner zutreffen und je nach Alter und Geschlecht auch durchaus erheblich variieren können; aber das ist bei vielen, die ich kenne, die Grundeinstellung).

      Meine Erfahrung ist auch, dass es in Deutschland 2 Klassen von Ausländern/Migranten gibt: Diejenigen, die man mag, und diejenige, die man nicht mag.
      Ein Lehrer (in Krefeld) hat während eines Schulpraktikums zu mir gesagt, dass deutsche Eltern es gerne sehen, wenn ihre Kinder mit vietnamesischen Kindern befreundet seien, weil diese ja fleissig, intelligent, höflich, etc. seien.
      Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass wir Koreaner genauso fleissig und intelligent sind wie alle andere auch (egal ob Deutsche oder Türken). Wir haben nur Eltern, die wollen, dass wir zu den besten 10, in einigen Familien sogar zu den besten 3 Schülern in der Klasse zählen, die schlechte Noten konsequent sanktionieren und die ihren Kindern verbieten, sich mit anderen Kindern zu treffen, wenn nicht vorher die Schulaufgaben gemacht worden sind. Bei der Elterngeneration ist die Meinung weit verbreitet, dass wir besser sein müssen als andere, damit wir in der Arbeitswelt und Gesellschaft Aufstiegschancen haben. Vor allem in Deutschland.

      Hinzu kommt, unser konfuzianisches Erbe hat für eine konsequente Hierarchie gesorgt: Das Kind gehorcht dem Vater, der Schüler dem Lehrer, der Angestellte dem Chef, der Bürger dem Staat. Hier in Deutschland kollidiert diese Hierarchie mit dem Gedanken der Freiheit und Individualität, was nicht selten zu familiären Problemen in koreanischen Familien führt.

      Aber: Das ist für uns Privatsache und geht aus unserer Sicht die Öffentlichkeit nichts an.
      Wenn ich mit türkischstämmigen Migranten über die deutsche Mehrheitsgesellschaft diskutiere, haben wir häufig vergleichbare Erfahrungen. Ich als Koreaner gehe aber mit dem „Problem“ vielleicht ganz „anders“ um. Und kann es mir aufgrund der eher positiven Vorurteile und Wertschätzung der asiatischen Kulturen auch eher leisten.

      • Alexis sagt:

        Was genau macht eigentlich eine Integrationsdezernentin? Dieser Frage wollte ich vor einiger Zeit nachgehen und rief kurzerhand im Büro von Frau Nargess Eskandari-Grünberg an. Dort hatte man für diese einfache Frage allerdings nur die platte Antwort parat: „Sie arbeitet gerade an einem Integrationskonzept.“ Als ich mich nicht damit zufrieden geben wollte und es doch einmal genauer wissen wollte was darunter zu verstehen sei, wurde ich von der Sekretärin Frau Gabowski (oder so ähnlich) barsch abgebügelt […]

      • Markus Hill sagt:

        Das kann ich nur unterschreiben. Natürlich gibt es beliebte und unbeliebte Ausländergruppen. Jede Gruppe hat Ihre Reputation. Meiner Ansicht nach, wird das auch nicht verleugnet. Die meisten Türken können ein Lied von der negativen Migrations-PR. singen, die viele zu unrecht trifft. Natürlich sind Asiaten keine Übermenschen. Man schätzt die Höflichkeit, die Leistungswilligkeit etc. Vielleicht liegt ein Teil der Beliebtheit auch einfach daran, dass sie nicht unangenehm („gefühlt“) auffallen, so wie die Italiener.

  3. Sugus sagt:

    „Wir sind keine homogene Gesellschaft“

    Die Integrationsbeauftragte Istanbuls, Ayse Özkurt, fordert für die soziale Integration die Anerkennung verschiedener Identitäten. „Wir sind seit Jahrhunderten eine Einwanderungsgesellschaft, die Türken kamen ursprünglich aus Zentralasien nach Anatolien, das damals bereits von Griechen und Armeniern besiedelt war.“
    Özkurt weiter: „Seit Atatürk reden wir von der homogenen türkischen Gesellschaft, die doch gar nicht existiert.“

    WANN LESE ICH SOWAS IN DER HÜRRIYET???

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  5. Katharsis sagt:

    Recht hat sie. Und den Ausrutscher von wegen „ziehen Sie doch woanders hin“ kann ich nur allzu gut verstehen, angesichts der wortgleichen, oftmals vom rechten Rand aus hin gerotzten Konter auf Beschwerden und Forderungen seitens der Migranten.