Umfrage

So würden die Deutsch-Türken wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre…

Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, würde die SPD mit 55,5 Prozent unter den Deutsch-Türken die absolute Mehrheit erringen. Somit dürfen die Sozialdemokraten bei einer vorausberechneten Wahlbeteiligung von rund 70 Prozent aktuell mit etwa 270.000 Stimmen aus dem Lager türkischer Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft rechnen.

Mittwoch, 18.03.2009, 7:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mit einem Stimmenanteil von 23,3 Prozent schneiden auch „Die Grünen“ überdurchschnittlich gut im deutsch-türkischen Bevölkerungssegment ab. – Dies entspricht gut 120.000 türkischer Stimmen für die Grünen, wenn aktuell gewählt werden würde. – Etwa im bundesdeutschen Schnitt liegt „Die Linke“ mit 9,4 Prozent (50.000 Stimmen). Deutlich schlechter als im gesamten Bevölkerungsschnitt würden hingegen die CDU/CSU mit 10,1 Prozent (ca. 60.000 Stimmen) und auch die FDP mit 0,9 Prozent (5.000 Stimmen) abschneiden.

Dies sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Studie, die das Berliner Marktforschungsinstitut Data 4 U in der KW 10/2009 im Eigenauftrag unter Deutsch-Türken durchgeführt hatte. Das Berliner Spezial-Institut hatte im Zeitraum zwischen dem 3. bis zum 8. März auf Basis einer systematischen Zufallsauswahl 2.999 Deutsch-Türken im Alter ab 18 Jahren bundesweit, telefonisch über ihre Wahlabsichten und zur Einschätzung der konjunkturellen Lage befragt.

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Von den Befragten verfügten rund ein Drittel über die deutsche Staatsbürgerschaft und damit das deutsche Wahlrecht. Insgesamt leben in Deutschland knapp 3 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, davon sind etwa 2 Millionen älter als 18 Jahre alt. Von diesen erwachsenen Deutsch-Türken wiederum besitzen etwa 690.000 das Wahlrecht in Deutschland.

„Von ihrer Grundeinstellung mehrheitlich eher religiös-konservativ einzuschätzen, honorieren die Deutsch-Türken mit ihrer Wahleinstellung vor allem die Positionen der SPD und der Grünen zum Integrationsprozess,“ kommentiert Joachim Schulte, Geschäftsführer der Data 4U, die Ergebnisse dieser bundesweit ersten repräsentativen Meinungsumfrage zu den Wahlabsichten der türkischen Minderheit.

Besonderer Beliebtheit unter seinen Landsleuten erfreut sich der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir: 25,1% der Deutschen-Türken mit Wahlrecht würden ihn direkt zum Kanzler wählen, wenn das deutsche Wahlrecht diese Möglichkeit zulassen würde. Dabei erfreut sich Özdemir insbesondere im Lager der Grünen-Sympathisanten mit 80,9 Prozent besonders großer Beliebtheit.

Immerhin noch 22,4 Prozent der türkischen SPD-Anhänger und 17,8 Prozent der CDU/CSU-Sympathisanten würden bei einer Direktwahl für ihn stimmen.

„Cem Özdemir hat viel für die türkische Community und das Bild der Türkei in Deutschland getan und gezeigt, dass man es mit Engagement auch als Migrantenkind in Deutschland zu etwas bringen kann,“ sagt Umut Karakas, die ebenfalls geschäftsführende Gesellschafterin der Data 4U ist, zu den hohen Popularitätswerten des Grünen-Politikers.

Platz zwei bei einer fiktiven Direktwahl des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin erreicht SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier mit 20,2 Prozent. Bundeskanzlerin Angelika Merkel kommt mit 7,5 Prozent Zustimmung auf den ritten Platz. Abgeschlagen landen Gregor Gysi (3,1 Prozent) und Guido Westerwelle (2,0 Prozent) auf den Plätzen vier und fünf. Amtsinhaberin Angelika Merkel erreicht dabei mit 57,0 Prozent Zustimmung lediglich im eigenen politischen Lager eine deutliche Mehrheit, während sie bei den türkischen SPD-Anhängern (4,0 Prozent), den Grünen (0,8 Prozent) und den Linken (1,5 Prozent) über nur geringe Zustimmungswerte verfügt. – Knapp 40 Prozent der deutsch-türkischen Wähler sind sich derzeit jedoch noch unsicher bzw. würden derzeit keinen der Spitzenkandidaten wählen.

Wirtschaftsaussichten werden pessimistisch beurteilt
Eher pessimistisch schauen die besonders von Arbeitslosigkeit und der schlechten wirtschaftlichen Lage betroffenen Deutsch-Türken in die Zukunft. – Auf die Frage, wie sich ihrer Meinung nach die wirtschaftliche Lage in Deutschland in den kommenden Monaten entwickeln wird, befürchten 51,5 Prozent eine Verschlechterung, 19,2 Prozent gehen davon aus, dass es in etwa so bleibt, wie es ist und nur 17,5 Prozent erwarten eine konjunkturelle Verbesserung der aktuellen Lage.

„Da die Deutsch-Türken in der Vergangenheit sehr oft lernen mussten, zu den Verlierer der wirtschaftlichen Entwicklungen zu gehören, verwundert es mich sehr, dass nur etwas mehr als die Hälfte eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse befürchten. Damit liegen die Deutsch-Türken ziemlich genau auf dem aktuellen deutschen Gesamtniveau“, resümiert Joachim Schulte. „Unter dem Strich sind sie doch ein bunte und optimistische Kultur, die Deutschland einfach ein bisschen farbenfroher macht.“

Das Berliner Markt- und Meinungsforschungsinstitut Data 4U ist ein deutsch-türkisches Unternehmen und hat sich auf die Forschung in und über ethnische Minderheiten in Deutschland – insbesondere auf die türkische Community – spezialisiert.

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  1. Umut sagt:

    Ich glaube wenn unsere Deutsch Türken wissen würden,dass die SPD bei dem neuen Zuwanderungsgesetz mit der CDU Seite an Seite war, dann würden sich viele Deutsch-Türken anders entscheiden. Ich als Deutsch-Türke wähle die Linke, die den Eheschutz bzw. Ehegattennachzug ohne Sprachhindernisse fordern. Wenn Menschen mehr als 3 Monate getrennt werden aufgrund von Sprachnachweisen, dann kann man nicht von einem Eheschutz in Deutschland sprechen. Der Eheschutz wurde mit dem neuen Zuwanderungsgesetz missachtet.

  2. Hans Assmuth sagt:

    Hier werden doch offensichtlich Begriffe durcheinander gebracht. Was ist denn bei Ihnen ein Deutsch-Türke? Nach des Wortes Bedeutung ist das ein in Deutschland lebender Türke. Dieser besitzt aber, wenn alles korrekt gelaufen ist, nicht das deutsche Wahlrecht. Ein türkisch stämmiger Deutscher kann, so man Wert darauf legt, korrekterweise allenfalls als Türk-Deutscher bezeichnet werden.

  3. Pingback: CDU und SPD machen Wahlkampf in der "Parallelgesellschaft" | MiGAZIN

  4. Pingback: Bundestagswahl 2009: Migration und Integration im Wahlkampf | MiGAZIN

  5. Kein bruellender Loewe sagt:

    Umut: „Ich als Deutsch-Türke wähle die Linke, die den Eheschutz bzw. Ehegattennachzug ohne Sprachhindernisse fordern.“,

    ansonsten liegen meine politische Ansichten tausende Lichtjahre von dem entfernt was linke Parteien sonst so fordern (sozialistisches Gesellschaftsmodell, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Gender-Fragen etc.)
    Ich greife mir einfach das heraus was mir gerade passt, dass Ehegattennachzug ohne Sprachkenntnisse alle Integrationsbemühungen wieder bei Null beginnen lässt, ist mir da auch schnurzegal, so bin ich halt!

  6. Europa sagt:

    @Kein bruellender Loewe
    So machen es alle Migranten: Hauptsache mir geht es gut, Deutschland ist mir schei**egal.

  7. Bierbaron sagt:

    @ Kein bruellender Löwe

    Woher wollen sie wissen, dass Umut den von ihnen aufgezählten Politikzielen der Linken negativ gegenübersteht? Wenn die Frage des Familiennachzuges für ihn eine solche Wichtigkeit hat, dass sie seine Wahlentscheidung determiniert, dann ist es eben so.

    Allgemein überrascht der Artikel nicht: Parteien, die die Interessen von Ausländern und allgemein Migranten verhältnismäßig stark vertreten, ernten bei ihnen auch dementsprechend eine höhrere Zustimmung.
    Was mir dagegen übel aufstößt ist die Konstruktion des Artikelschreibers, Türken und türkischstämmige Deutsche herzunehmen und als „türkische Minderheit“ zu definieren. Die Botschaft, die auch aus diesen Zeilen lesen ist in höchstem Maße bedenklich: „Einmal Türke, immer Türke!“ „Ihr Mehrheit, wir Minderheit, Pass egal!“ So ist wahrlich kein Staat zu machen….

    Grüße
    Bierbaron

  8. Leon sagt:

    Ein Staat wohl nicht – es geht eigentlich gar nicht um die Integration von Türken in Deutschland, sondern um Etablierung eines zweiten Staatsvolkes in diesem Land.
    Noch ist es nicht ganz entschieden, aber Vieles deutet darauf hin.
    Das ist ganz nüchtern zu sehen.