Essay

Ein Burka-Verbot ist kontraproduktiv!

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden: Das seit 2011 in Frankreich geltende Burka-Verbot ist rechtens. Eine Muslimin hatte geklagt, weil sie sich dadurch diskriminiert fühlte – Khola Maryam Hübsch kommentiert das Verbot.

Von Khola Maryam Hübsch Montag, 21.07.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.07.2014, 0:06 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Was soll das Burka-Verbot anderes sein als Symbolpolitik? Entstanden in einem Klima von Islamfeindlichkeit dient das Gesetz vor allem dazu, Klientelpolitik zu betreiben und antimuslimische Ressentiments zu schüren. Denn auch wenn die große Mehrheit der Muslime die Burka ablehnt und es keine theologische Grundlage für diese Art der Totalverschleierung im Koran gibt, steht die Burka für die böse Form des Islam. Sie steht für das Fremde, das einhellig abgelehnt wird und in die Schranken gewiesen werden muss.

Ein Verbot wird dann zur Machtdemonstration im Kampf um die Leitkultur, das der Reviermarkierung dient: Mit uns nicht, soll es sagen, wir bestimmen, wo es langgeht. Auch wenn die Burka von jedem vernünftigem und aufgeklärtem Menschen abgelehnt werden muss – soviel ist Konsens – stellt sich doch die Frage, was ein Verbot bewirkt. Es ist nicht, was es vorgibt zu sein: Weder erleichtert das Burka-Verbot die Integration in die Gesellschaft noch führt es zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Das Gegenteil ist der Fall. Denn unter den überschaubar wenigen Fällen von Frauen, die das Verbot berührt, gibt es eine Reihe von überzeugten Gesichtsschleierträgerinnen, darunter auch die Klägerin. Sie tragen keine Burka, sondern den sogenannten Nikab, einen Schleier, der nur die Augen frei lässt, und konnten glaubwürdig darlegen, dass sie ihren Nikab freiwillig tragen. Es mag sein, dass dies schwer nachzuvollziehen ist, doch Aufklärung und Säkularisierung bedeutet nun einmal das Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie, das nicht beschnitten werden darf, solange die Rechte anderer nicht verletzt werden.

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Es gibt kein Grundrecht, das Gesicht seiner Mitbürger zu sehen – für Sicherheitskontrollen müssen Ausnahmen gelten. Doch das so schwer erkämpfte Recht auf Selbstbestimmung und Gewissensfreiheit ist ein derart hohes Gut, dass seine grundsätzliche Verletzung aufgrund einer Randerscheinung unverhältnismäßig ist. Die Angst, dass das Burka-Verbot zu einem Einfallstor für die Beschneidung weiterer religiöser Rechte wird, erklärt die empfindlichen Reaktionen mancher Muslime in Frankreich. Zumal ein Verbot den wirklich unterdrückten Frauen nicht weiterhilft. Denjenigen Frauen, die dazu gezwungen werden, eine Burka zu tragen, sind nun vermutlich die letzten Chancen auf ein Ausbrechen durch Kontakt mit der Außenwelt genommen.

Was also soll ein Burka-Verbot? Und wem nützt es? Ist eine pluralistische, liberale Gesellschaft nicht in der Lage die wenigen Grenzfälle auszuhalten, die am Rande auftauchen? Ob es der ganzkörpertätowierte Punk ist oder der Freak mit 100 Piercings – es gehört zu einer freiheitlichen Kultur dazu, das zu ertragen, auch wenn es nicht gefällt. Ja, ein Gesichtsschleier wirkt auf die meisten Menschen (in Europa) befremdlich. Der Hauptgrund, das Burka-Verbot Frankreichs zu akzeptieren, ist – so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)- der Umstand, dass geltende Normen des Zusammenlebens verletzt werden. Dieser Logik zufolge bestimmt die Mehrheit, wie sich eine Minderheit zu kleiden hat. Der Politikwissenschaftler Rainer Forst fragt daher zu Recht: „Leben wir in einer politischen Gemeinschaft, in der die „Hausordnung“ der Konvention oder der Mehrheit gilt, oder leben wir in einer Gesellschaft, die sich den in den Grundrechten manifestierten Gerechtigkeitsprinzipien so verpflichtet weiß, dass sie Minderheiten als Gleiche respektiert und sie zugleich verschieden sein lässt?“

Die Denkweise, die dem Burka-Verbot zugrunde liegt, führt letztlich zu einer Tyrannei der Mehrheitsnormen, die die muslimische Minderheit diskriminiert. Ganz konkret äußert sich dies in Deutschland darin, dass Frauen mit Kopftüchern in einigen Bundesländern nicht unterrichten dürfen, während die Nonne mit der Haube nicht vom Kopftuchverbot betroffen ist, weil es für sie Sonderklauseln gibt. Verträgt es sich etwa mit einem universellen Rechtsverständnis, Sondergesetze für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu erlassen? Wie wirkt diese offensichtliche Ungleichbehandlung? Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sieht im muslimischen Kopftuch ein politisches Symbol für die Unterdrückung der Frau, obwohl es empirische Studien gibt, die belegen, dass kopftuchtragende Frauen in Deutschland sich aus religiösen Gründen verschleiern und darin keinen Widerspruch zur Gleichstellung der Geschlechter sehen.

Doch die Fremdwahrnehmung der Mehrheit reicht, um die nicht belegbare Behauptung aufzustellen, das Kopftuch verletze demokratische Prinzipien. Gehört es nicht gerade zu jeder guten demokratischen Erziehung, den Mainstream kritisch zu hinterfragen? Ja, es erfordert auch Selbstbewusstsein und Mut sich selbstbestimmt gegen herrschende Normen für ein Kleidungsstück zu entscheiden, das von der Majorität derart stereotyp wahrgenommen wird. Wird das Kopftuch aus Liebe zu Gott getragen, erklärt das, woher die Freiheit kommt, seiner Überzeugung trotz Diskriminierungsgefahr treu zu bleiben. Symbolpolitische Scheindebatten dagegen, die in Hau-Ruck-Mentalität Verbote als Lösungen präsentieren, erkennen dies nicht an, sondern signalisieren Ausgrenzung. Was wirklich helfen würde? Die Einsicht, dass unsere religionspolitische Ordnung sich angesichts der Pluralisierung unseres Landes verändern muss. Wenn es islamischen Religionsunterricht und eine Islamlehrer-Ausbildung gibt, hilft das, ein Islambild jenseits der Scharfmacherversion mit Burka zu vermitteln. Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen verhindert dies.

Es gibt derzeit zu wenige muslimische Lehrer, die mit einem qualifizierten (Islam)unterricht dazu beitragen könnten, dass die Identitätsbildung und Integration junger Muslime gelingt und Extremisten keine Aussicht auf Erfolg haben. 90 Prozent der Studentinnen des Studiengangs, der Lehrer für den islamischen Religionsunterricht ausbildet, tragen ein Kopftuch und können anschließend nicht in das Berufsleben einsteigen. Gerade sie könnten eine Brücke bilden, werden aber seitens des Staates durch Verbote ausgegrenzt und werden nicht nur im öffentlichen Dienst sondern auch in der Privatwirtschaft benachteiligt, wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes beklagt. Diese Frauen sind ein Symbol für die Konsequenzen der Islamdebatten: Ressourcen bleiben ungenutzt und werden vergeudet, weil das Fremde als störend empfunden wird. Verbote verschärfen das Problem, sie lösen es nicht. Es ist nicht die Burka, die den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet – es ist das Burka-Verbot, in dem sich machtpolitisch die Zurückweisung einer Mehrheitsgesellschaft manifestiert, die sich ihrer Überlegenheit durch die Stigmatisierung der vermeintlich rückständigen Minderheit versichert. Diese paternalistisch-herablassende Grundeinstellung gefährdet das gesellschaftliche Miteinander, denn sie gibt Extremisten beider Lager neuen Auftrieb. Aktuell Meinung

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  1. James K. sagt:

    “ Auch wenn die Burka von jedem vernünftigem und aufgeklärtem Menschen abgelehnt werden muss – soviel ist Konsens – stellt sich doch die Frage, was ein Verbot bewirkt.“

    Ich bin froh, dass eine kopftuchtragende Frau das zumindest auch so sieht. Ich finde das Verbot mit der dargelegten Begründung des „friedlichen Zusammenlebens“ für nachvollziehbar und vernünftig.

    Klar kommt es vielen Muslimen jetzt vor, als würde ihre Religion vom Mainstream eingeschränkt, aber das ist schlussendlich der gleiche aufklärerische Prozess den auch die Christen über sich ergehen lassen mussten. Religionen dürfen nicht zum Einfallstor für individuelle Provokationen gegen die Gesellschaft werden, auch wenn es der Provozierenden nicht bewusst ist, dass sie provoziert oder dies aus freien Stücken macht.

    Es sollte jedem der nur kurz in Europa gelebt hat, klar sein dass dies nicht der Ort ist wo eine solche religiöse Kleidung auf viel gegenliebe stoßen wird. Und schlussendlich ist die Burka selbst auch Schuld an diesem Urteil, da die unterbundene Kommunikation mit anderen Menschen dazu geführt hat, dass keiner Sympathie zu einer Burkaträgerin aufbauen konnte.

    Die Burka wurde Opfer ihrer selbst.

  2. aloo masala sagt:

    —-
    Auch wenn die Burka von jedem vernünftigem und aufgeklärtem Menschen abgelehnt werden muss – soviel ist Konsens
    —-

    Vielleicht kann Frau Hübsch dann die vielen Deutschen verstehen, die ein Kopftuch ablehnen. Das sind allesamt aufgeklärte und vernünftige Typen (zumindest halte sie sich alle dafür), die das Kopftuch als mittelalterlichen Unterdrückungslappen und Missgeburt der rückständigen Scharia wahrnehmen.

    Das Konsens-Argument ist ein rein populistisch-ideologisches Argument ohne argumentativen Unterbau. Einzelinteressen werden hier unter Berufung auf Allgemeines in die Burka verhüllt.

    Die Frage, wozu ein Burka-Verbot gut sein soll, bedeutet im Umkehrschluss, dass die Burka verboten werden kann, wenn es nützlich ist. Nützlich für wem? Für den allgemeinen Konsens? Dann kann man als nächstes auch das Kopftuch verbieten, wenn es gerade nützlich ist.

    Mit der Burka ist das wie mit der Meinungsfreiheit. Das Prinzip der Meinungsfreiheit wird im folgenden Zitat zusammengefasst: „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“

    Und ich lehne ab, was Sie tragen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es trotzdem zu tragen. Warum? Es ist ihr gutes Menschenrecht. Das ist Aufklärung und Vernunft. Alles andere ist mittelalterlich.

  3. James K. sagt:

    @aloo masala

    “ Die Frage, wozu ein Burka-Verbot gut sein soll, bedeutet im Umkehrschluss, dass die Burka verboten werden kann, wenn es nützlich ist. Nützlich für wem? Für den allgemeinen Konsens? Dann kann man als nächstes auch das Kopftuch verbieten, wenn es gerade nützlich ist.“

    Nützlich für den allgemeinen Frieden! Ein grundsätzliches Kopftuchverbot wäre für unser Frieden kontraproduktiv und deshalb wird dieses auch nur punktuell verboten. Ein Kopftuch hat nun mal eine ganz andere Wirkung auf die umgebenden Menschen, als eine Burka.

    Der europäische Menschen Gerichtshof hat bei seinem Urteil sehr viel Fingerspitzengefühl gezeigt und auch die hier vorherrschende Kultur und Mentalität berücksichtigt. Diese zu berücksichtigen ist nun mal unerlässlich für ein friedliches Miteinander.

  4. Lionel sagt:

    Welche Sonderklauseln für Nonnen soll es eigentlich geben?
    Es wäre schön, wenn Fr. Hübsch solche Klauseln konkret benennen könnte.

  5. Wiebke sagt:

    Die Aufklärung frisst eben ihre Kinder. Von daher kann ich der Argumntation der Autorin gut folgen. Zu den Kopftüchern möchte ich noch daran erinnern, dass unsere Großmütter sie gerne trugen. Und ich eigentlich auch, bis ich eines Tages, weil verschnupft und mit Ohrenweh mit einem solchen bekleidet, von meinem Mann aufgefordert wurde, es abzulegen, als ich aus dem Auto aussteigen und einkaufen gehen wollte. Offensichtlich schämte er sich meiner. Wir sind inzwischen geschieden.
    Es lebe unsere liberale Gesellschaft!.

  6. aloo masala sagt:

    @James K

    —–
    Nützlich für den allgemeinen Frieden! Ein grundsätzliches Kopftuchverbot wäre für unser Frieden kontraproduktiv und deshalb wird dieses auch nur punktuell verboten. Ein Kopftuch hat nun mal eine ganz andere Wirkung auf die umgebenden Menschen, als eine Burka.
    —–

    Wenn es den Frieden nicht weiter stört, können wir verbieten, was der Mehrheit nicht in den Kram passt?

  7. James K. sagt:

    @aloo masala

    “ Wenn es den Frieden nicht weiter stört, können wir verbieten, was der Mehrheit nicht in den Kram passt?“

    Hören Sie auf immer gleich so absolutistisch zu denken und informieren Sie sich darüber was Abwägung bedeutet! Gesetze sind keine Dogmen oder das Kondensat der reinen Wahrheit, sondern von Menschen gemacht! Und man muß davon ausgehen, dass die Väter unseres GG nicht davon ausgegangen sind, dass Sie vor etlichen Jahrzehnten auch nur ahnen konnten, was manche Menschen sich heutzutage hier unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit erlauben würden. Die Religionsfreiheit ist zu einem Schlupfloch für religiöse Extremisten verkommen, mit dem Potential vielen Menschen (meist den Schwächeren) zu schaden!

    In einer Demokratie gibt es immer eine Mehrheit die Dinge durchsetzt, mit der eine der vielen tausend Minderheiten Probleme hat. Was soll man auch anders machen, denn irgendwie muß man sich ja am ende auf etwas einigen können und es wird immer irgendwo eine Minderheit geben die davon negativ betroffen ist. Aber das ist OK! Denn keiner wird hier mit dem Leben bedroht, sondern es geht lediglich um ein gewisses umparken im Kopf. Und wer trotz allem nicht umparken will oder kann, kann immer noch ein Land aufsuchen, wo die Burka nicht nur toleriert sondern empfohlen wird! Dort gibt es auch besser Chancen für die eigene Karriere.

    Wären burkatragende Lehrerinnen für Sie OK, Herr Masala? Oder eine Polizistin? Oder eine Kanzlerin?

    Man sollte auch nicht ignorieren, dass das Tragen einer Burka immer mit einer sehr fragwürdigen, unseren Werten größtenteils zuwiderlaufenden Ideologie verbunden ist! Es gäbe unseren Staat und Freiheitsrechte nicht, wenn diese Menschen in der Mehrheit wären!

    Man sollte froh sein über die momentan vorherrschende Mehrheit!

  8. H.P.Barkam sagt:

    Erfassen!
    Rastern!
    Katalogisieren!
    Streetviewen!
    Erkennen!
    Einordnen!
    Manipulieren!
    Eindämmen!
    Verbieten!
    und vieles mehr!

    Was brauchen all die Systeme, die uns mittlerweile überwachen, scannen oder einfach nur filmen? Natürlich nur zu ‚unserem‘ Schutz!

    Unsere Daten und unsere Gesichter!!!!!

  9. aloo masala sagt:

    @James K

    —-
    In einer Demokratie gibt es immer eine Mehrheit die Dinge durchsetzt, mit der eine der vielen tausend Minderheiten Probleme hat. Was soll man auch anders machen, denn irgendwie muß man sich ja am ende auf etwas einigen können und es wird immer irgendwo eine Minderheit geben die davon negativ betroffen ist. Aber das ist OK!
    —-

    Ok ist also, wenn das Grundgesetz nicht die Rechte von Minderheiten schützt, weil die Mehrheit gerade etwas dagegen hat?

  10. Marianne sagt:

    Es mag ja sein,James K., dass ein solches Verbot für Ihren Frieden oder für den Frieden der Mehrheit in diesem Lande von Ihnen persönlich als gut empfunden wird. Das basiert allerdings allein auf dem Umstand, dass es einer Mehrheit erlaubt wird, einer Minderheit, und mag sie auch noch so klein sein, Ihren Willen aufzuzwingen hinsichtlich dessen, was toleriert wird, und was angeblich nicht mehr tolerabel sei. Ein solches Vorgehen dient nun keineswegs dem Frieden zwischen der Mehrheit und einer Minderheit, und mag sie auch noch so klein sein. Sie dient exakt dem Gegenteil. Frieden kann man nämlich nur schließen, wenn man die Rechte der Minderheit, und mögen sie auch für den eigenen Geschmack noch so befremdlich sein, genauso respektiert. Welche wahnsinnig schlimme Wirkung ein Kopftuch oder ein Gesichtsschleier rein subjektiv auf die Mehrheit hat, ist absolut unerheblich. Wenn die Mehrheit sich durch diese Kleidungsstücke derart gestört fühlt, (warum eigentlich, konnte mir mit objektiven, also nicht subjektiv wertenden Sachargumenten bisher noch keiner erklären), dann muss eben die Mehrheit in dieser Hinsicht an ihrer ablehnend-feindseligen Einstellung arbeiten, denn eine Gefahr geht von Kleidungsstücken, welcher Art auch immer, im normalen Alltagsleben definitiv nicht aus. Dass Lehrerinnen im Unterricht ihr Gesicht zeigen müssen, ist ja m.E. Konsens, weshalb sie ihre Haare nicht bedecken dürfen und wo, (objektiv und nicht mit den Augen der sich kulturell überlegen fühlenden Mehrheit gesehen), hier angeblich eine Gefährdung liegen soll, wenn muslimische Lehrerinnen ihr Haar verhüllen, hat mir mit objektiven, nicht sujektiv wertenden Sachargumenten, auch noch niemand stichhaltig erklären können.

    Ihre diskriminierende Einstellung wird sehr deutlich an dem Satz: „Ein grundsätzliches Kopftuchverbot wäre für unser Frieden kontraproduktiv und deshalb wird dieses auch nur punktuell verboten. Ein Kopftuch hat nun mal eine ganz andere Wirkung auf die umgebenden Menschen, als eine Burka.“
    Daran wird deutlich, dass Sie der Meinung sind, dass die Mehrheit darüber entscheiden darf, was punktuell oder auch nicht punktuell verboten werden darf, aufgrund der „Wirkung“, die das zu Verbietende angeblich auf sie hat. Eine angebliche Wirkung ist aber rein subjektiv und keine objektive Gefahr. Ich beispielsweise würde im Leben keinen Schleier oder eine Burka tragen, und fühle mich trotzdem nicht gestört, wenn ich Menschen mit Kopftuch oder Schleier sehe. An dem Satz wird außerdem deutlich, dass Sie die subjektive Wirkung auf die Mehrheit für das Kriterium halten, das darüber entscheidet, was zu verbieten sei und der Meinung sind, die Mehrheit dürfe allein darüber entscheiden, was angeblich dem Frieden dient.

    Es ist genau diese selbstgerechte Einstellung der Mehrheit, die meint, sie habe hier das alleinige Sagen, die den Frieden und ein Miteinader verhindert und den Hass schürt. Man kann nicht Frieden schließen, indem man die „hier vorherrschende Kultur und Mentalität“ anderen aufzwingt, die andere kulturelle Vorstellungen haben. Das ist kein Fingerspitzengefühl und kein Friedensangebot, das ist Kulturterror, den die Mehrheit gegen die Minderheit ausübt. Ob sich die Mehrheit wegen eines Kleidungsstücks „gestört“ fühlt, befremdet oder was auch immer, ist absolut unerheblich in Fragen der Menschenrechte auch für Minderheiten. Mit solchen „Argumenten“ könnte man auch die Teilnahme Schwerstbehinderter am öffentlichen Leben verbieten oder massiv einschränken. Da fühlen sich nämlich viele derer, die sich irrtümlich für „normal“ halten, auch gestört und befremdet.