Visafreiheit für Türken

Strafanzeige gegen Wolfgang Schäuble wegen Nichtanerkennung

Die Rechtsanwälte Dr. Rolf Gutmann und Dr. Gerhard Strate, Redakteure des Informationsbriefs Ausländerrecht, haben mit Schreiben vom 20.03.2009 Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erstattet.

Samstag, 21.03.2009, 2:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.08.2010, 7:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wolfgang Schäuble, so Gutmann und Strate in ihrer Strafanzeige 1, “missachtet seine Rechtspflicht, seine Untergebenen zu straffreiem Handeln anzuleiten und hält eine Weisung aufrecht, deren Befolgung die ausführenden Beamten der Bundespolizei dem Strafvorwurf der Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) aussetzt.“

Hintergrund der Strafanzeige ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.2.2009 in der Rechtssache C-228/06 – Soysal und Savatli gegen die Bundesrepublik Deutschland. Das Gericht hat entschieden:

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„Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde, ist dahin auszulegen, dass er es ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls verbietet, ein Visum für die Einreise türkischer Staatsangehöriger wie der Kläger des Ausgangsverfahrens in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlangen, die dort Dienstleistungen für ein in der Türkei ansässiges Unternehmen erbringen wollen, wenn ein solches Visum zu jenem Zeitpunkt nicht verlangt wurde.“

Gutmann, der die Kläger vor dem EuGH vertreten hat, und Strate erklären: „Die Entscheidung bedeutet, dass die Visumsfreiheit im Dienstleistungsverkehr in demselben Umfang, wie sie am 1.1.1973 bestand, fortgilt. Am 1.1.1973 waren türkische Staatsangehörige in Deutschland für die Einreise und den Aufenthalt als Touristen oder Besucher gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG 1965 für drei Monate und als Dienstleistungserbringer gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG1965 bis zu 2 Monate vom Erfordernis einer Aufenthaltserlaubnis befreit. Sie konnten dementsprechend auch visumsfrei einreisen. Bestandteil des Dienstleistungsverkehrs ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Ausübung der passiven Dienstleistungsfreiheit.“

Die sog.Standstill-Klausel im Zusatzprotokoll umfasse auch die Einreise türkischer Touristen. Fremdenverkehr, Geschäfts- und Studienreisen und medizinische Behandlungen würden ebenfalls der Standstill-Klausel unterfallen und türkische Staatsangehörige dürften insoweit visumsfrei nach Deutschland einreisen. Die Inempfangnahme von Dienstleistungen bestehe bereits in der Entgegennahme der innerstaatlichen Transportleistung der Pariser Metro.

„Demgegenüber“, so Gutmann und Strate weiter, „hat das Bundesministerium des Innern nun erklärt, es sehe die Rechtslage als im wesentlichen unverändert an. Nur ein kleiner Personenkreis, eben Lkw-Fahrer, sei von diesem Urteil betroffen. Besonders deutlich ist das an dem von der Süddeutschen Zeitung am 9.3.2009 berichteten Zensurversuch durch Sperrung des Zugangs zu einer privaten Homepage zweier Ausbilder der Bundespolizei.“

Das habe allerdings die vom Bundesministerium gewollte Folge, dass die Weisung an die Grenzpolizei, ohne Visum einreisenden türkischen Staatsangehörigen, die Einreise zu verweigern und sie anzuzeigen, aufrecht erhalten bleibe. Nach dem EuGH-Urteil sei indes offenkundig, dass eine große Zahl der Einreisewilligen zur Einreise befugt seien.

Wolfgang Schäuble selbst habe diese Weisungslage nunmehr öffentlich in einem am 14.3.2009 in der türkischen Tageszeitung Hürriyet veröffentlichten Interview bestätigt. „Er will die Anwendung des Urteils auf einen kleinen Personenkreis beschränken und damit die bisherige Verfolgungspraxis aufrecht erhalten.“

Dass die Bundesregierung intern das Urteil anders einschätze, verdeutliche die Äußerung von Staatssekretär Altmaier am 18. März 2009 im Deutschen Bundestag.

Gutman und Strate weiter: „Rechtlich liegt darin nicht nur eine Anstiftung zur Verfolgung Unschuldiger. Vielmehr handelt der Minister als Amtsträger und als Dienstvorgesetzter zugleich in mittelbarer Täterschaft im Verhältnis zu den an die ministeriellen Weisungen gebundenen Beamten. Zu vermerken ist hierzu weiter, dass in den Fällen des § 344 Abs. 1 StGB auch der Versuch strafbar ist.“

Indessen hat das Innenministerium laut einer dpa-Meldung am Tage der Strafanzeige (20.03.2009) noch einmal bekräftigt, dass weder Touristen, Geschäftsleute noch andere türkische Staatsangehörige ohne ein Visum nach Deutschland reisen können. Lediglich türkische Fernfahrer dürften für zwei Monate ohne Visum einreisen.

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  1. umut sagt:

    Ich gratuliere Herrn Gutmann und Herrn Strate für Ihre Arbeiten gegen die Fremdenfeindlichkeit von Herrn Schäuble, der mit aller Macht verhindern will, dass türkische Staatsangehörige visumsfrei nach Deutschland kommen können. Nochmals Danke Herr Gutmann und Herr Strate, dass Sie sich für unsere Rechte, also die Rechte der Migranten einsetzen, wir sind Ihnen sehr dankbar und wünschen uns die Brüderschaft der Völker, wo keiner diskriminiert wird.

  2. Hakki sagt:

    Hallo Damen Herr
    Was für eine Maske tragt ihr eigentlich. Es gibt kein grosse frage zeichen da für ?
    Meine frage ist EuGH hat Türken den Weg in eine Visafreie EU eröffnet ????
    Bin geb. 02.11.1966 seit 25.06.1973 Nach BRD mit 6 Jahren gekommen 20.09.2002 Verheiratet .
    Habe 5 mal Visum Antrag geschtelt bis heute keine entscheidung getofen Wer ist dafür verantwortlich…?
    Bin nicht mehr im stande klrar zu denken.
    Nun in welche Möglichkeiten habe ich ein mal meine frau zu SEHEN ????
    Habe sie seit 07.2003 nicht mehr gesehen meine Frau und ich sind auch menschen so wie alle??
    Habe keine schtaftat habe wohnung unun alles was dazu Gehört halt ???
    Ich möchte Leben und Leben lassen Gemeinsam für aufrechthaltung sorgen. ES IST NICHT VERBOTEN?????

    Bitte um Antwort wenn es Ihnen daran was liegt
    hakkituerker@hotmail.de

    Mit freundlichen Grüssen

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  5. delice sagt:

    Zuerst meinen aufrichtigen und großen Respekt an die beiden Rechtsanwälte und an Herrn Çat an dieser Stelle. Im Grunde war es auch allerhöchste Zeit, dass man hier auch auf dem Wege eines Strafverfahrens deutsche Politiker einmal zur Räson zu bringen. Die Zeit des pflegeleichten Türken ist wohl damit endgültig nur noch eine schöne Vergangenheit!

    Bei dieser Gelegenheit fordere ich die Regierung der Türkei von seinem Vetorecht Gebrauch zu machen, und Herrn Rassmusen aus Dänemark, der zum neuen Nato-Generalsekretär gewählt werden will, eindeutig abzulehnen, und auch eine Vollmitgliedschaft Frankreichs in die NATO, ebenfalls, mit dem ihr Zustehendem Vetorecht, abzulehnen! Denn beide haben uns abgelehnt! Wieso sollen wir uns deren Wunsch beugen?

    Nun zurück zu unserem Fall von Herrn Schäuble. Eigentlich hätte es überhaupt keiner Strafanzeige von Seiten der/des Verletzten, gemäß §§ 77 i.V.m. 77b StGB bedurft, wenn die Berliner Staatsanwaltschaft nur die ganze Diskussion mit verfolgt hätte, entsprechend gelten auch §§ 156, 158 Abs. 1 und 160 Abs. 1 und 3 stopp, wie auch die §§ 163 Abs. 1 und 163b StPO i.V.m. § 120 GVG.

    Denn dazu hätte die Staatsanwaltsschaft zu Berlin lediglich die gemachten Äußerungen, wegen dem getätigten Interview des Bundesministers des Inneren, Herrn Dr. Wolfgang Schäuble, mit dieser Tageszeitung „Hürriyet“ vom 14.03.2008, einfach nur daraus entnehmen können!

    Herr Schäuble ist selbst Jurist und Mitglied der Deutschen Bundesregierung. Er vertritt auch die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht in Sachen Lissabon-Vertrag. Er weiß also auf den Punkt genau, was es mit den Gemeinschaftverträgen es auf sich hat. Ein unbedarftes und unbedachtes handeln kann dem Minister deshalb nicht unterstellt werden, und damit eine gewisse Fahrlässigkeit, wenn er öffentlich sich dazu bekennt, entgegen seinem aufrechten Wissen, türkischen Staatsbürgern die Einreise nach Deutschland zu verweigern, zumindest diese durch Erlass oder Verordnung zu unterbinden; und damit dennoch das Urteil des EuGH offensichtlich zu missachten.

    Hier geht es um die Weigerung, das Urteil vom 18. Februar 2009 in der Rechtssache C-228/06, genannt und bekannt, auch als das „Soysal-Urteil“.

    So habe er demnach seinen Untergebenen bzw. Mitarbeitern, und auch der nachfolgenden bzw. nachrangigen Behörden, und somit auch deren Mitarbeiter, in und auf den verschiedenen Stufen einer Behörde im Einflussbereich des Bundes, von diensthabender Personen in leitender Stellung, bis hin zu dem einfachen Beamten bei der Passkontrolle an der Grenze oder am Flughafen, also beim Versuch der Einreise nach Deutschland, dem Zoll damit aufgetragen, türkische Staatsbürger – ohne ein gültiges Visum – daran zu hindern und entsprechende Verwaltungsakte zu vollziehen, wodurch auch eine Abschiebehaft darunter fallen könnte!

    Das wäre dann aber eine völlige Missachtung der Normsetzungskraft durch Urteil des EuGH. Damit könnte der Minister durch diese Verordnung oder durch seine Weisung, auch seine Untergebenen zu einer Straftet angestiftet haben, deren Verfolgung explizit im Einzelfall noch zu prüfen sei. Schließlich ist hier kein Notstand, und wir haben die DDR bereits hinter uns gelassen. Sicherlich wäre eine derartige Handlung bzw. durch eine Dienstvorschrift hervorgerufene Orientierungslosigkeit auf der einen Seite und das EuGH Urteil auf der anderen Seite sehr schwierig für jeden betroffenen Beamten vor Ort zu bewerten. Denn die Beamten sind als Untergebene auch an Anweisungen des Ministers gebunden. Nur wiegt das Urteil mehr und ist höherwertiger, als die Weisung des Ministers!

    Zu Fragen ist hier, wie weit man seine Untergebenen dazu ermuntern und auch befehlen kann ein Rechtsgut derart zu verletzen („condition-sine-qua-non“ oder auch „Äquivalenztheorie“). „Danach ist eine Handlung für einen Erfolg kausal, wenn die Handlung nicht hinweggedacht werden kann“, auch ist hier die „Lehre von der intentionalen Normbefolgungsfähigkeit“ zu beachten.

    Zu beachten wäre auch eventuell das „Blankettmerkmal“, dass als Straftatbestandrelevant hier gelten könnte, weil sich der Minister einfach aus womöglich reinem politischen Kalkül oder Gründen, auch wegen den anstehenden Wahlen, also auch aus politischem Eigennutz, sich zu der Umsetzung des Urteils einfach verweigert, nämlich die Freizügigkeit bzw. Visafreiheit für türkische Staatsbürger einzuführen bzw. ihnen die Einreise nach Deutschland für einen begrenzten Zeitraum von 2 bzw. 3 Monaten zu erlauben.

    Tatbeständlich könnte mithin aber auch die öffentliche Aussage des Staatsministers Herrn Altmann (CDU) sein, der am 18.03.2009 vor dem Deutschen Bundestag, wider besseres Wissen, sich dazu nur oberflächlich geäußert hatte. Denn auch er verneinte die aktuelle klare Rechtslage bzw. ihre Normsetzungskraft des EuGH. Somit könnte er, als Amtsverwalter, hier als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB infrage kommen.

    Als Täter kämen demnach, gemäß § 25 Abs. 1 1. Alt (in Alleintäterschaft) und 2. Alt StGB (in mittelbarer Täterschaft); und auch als Anstifter, gemäß § 26 StGB (dafür genügt sogar ein dolus eventualis), auch Herr Schäuble selbst in Frage, für eine begangene, vollzogene, und mit Erfolg erfüllte Straftat im Inland, gemäß § 3 StGB. Mithin käme hier eventuell, auch ein Missbrauch eines organisierten Machtapparates, genauer des Sicherheitsapparates hinzu, die auch zweckdienlich eingesetzt worden wäre!

    Nach den §§ 151 und 152 Abs. 1 StGB war also die Staatsanwaltschaft, als Verfolgungsorgan in einem demokratischen rechtsstaatlich organisierten Deutschland nach 1949, letztlich sogar dazu verpflichtet – von sich aus – auf diese Vorgänge zu reagieren.

    Hinzu käme eventuell, zu diesem erklärten Wissen und der späteren vorsätzlichen Handlungen, möglicherweise auch der Fall der bekannt gewordenen „Zensur im Intranet“ der Polizeibehörden hinzu. Denn durch eine Anordnung der Abteilung „BPOLP Ref 52“ wurde die Abschaltung, als direkten Aufruf zu den Internetseiten aus dem Intranet, der beiden Fachleute für Ausländerrecht, der Herrn Westphal und Stoppa, veranlasst, auch wäre eine Verantwortung vom nationalen Gericht zu überprüfen. Der später gewährte Zugang auf diese öffentlichen Seiten im Intranet, wurde denn auch nur auf Grund des großen öffentlichen Druckes wieder ermöglicht! Als Dienstherr dürfte auch Herr Minister Schäuble darin verantwortlich zeichnen, und somit wäre auch er zu belangen.

    So könnte es den Vorwurf des Vorsatzes zusätzlich noch untermauern. Hier in einer klaren Weise verdeutlichen, dass man hier eine bestimmte Absicht gezielt und zweckdienlich verfolge, alleine zum Nachteil türkischer Staatsbürger diese auszurichten; könnte somit auch um eine Rechtsgutverletzung handeln. Diese würde dann wohl wider besseres Wissen gemacht, um eben nur türkische Staatsbürger von dieser Befreiung einer Visaerfordernis fernzuhalten.

    Es hätte also nicht unbedingt zu einer Strafanzeige alleine durch den/die Verletzte(n) bedurft. Denn auch eine deutsche Staatsanwaltsschaft, hat aufgrund dieser öffentlichen Verlautbarung bzw. Äußerungen eines Staatsministers oder Ministers, und auch der vorangegangen dienstlichen Veranlassungen, mit dem zusätzlichen öffentlichen eigene Bekenntnis zu diesem Schritt, danach völlig selbständig die strafrechtlich relevanten Punkte aufgreifen und reagieren darauf selbst reagieren müssen, gemäß den §§ 170 Abs. 2 und 171 S. 1 1. HS. StPO, das auch nicht im Widerspruch zum § 194 Abs. 4 StGB (Ermächtigungsdelikte) steht.

    Nun wurde die Strafverfolgungsbehörde durch den Verletzten aber selbst zusätzlich dazu bewegt. Somit wäre die Verfolgungsbehörde jetzt verpflichtet ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Schäuble einzuleiten. Folgt die Berliner Staatsanwaltschaft nämlich nicht dem Ansinnen des Verletzten bzw. des Antragstellers, weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren einfach einstellt, kann die Verletzte eine Beschwerde bei dem Vorgesetzten eingelegen. Natürlich muss die Staatsanwaltschaft dabei vorher die Gründe für die Weigerung der Aufnahme einer Ermittlung hierfür explizit auflisten und benennen, gemäß dem § 171 S. 1 2. HS StPO, und auf besonders auf ein Rechtsbehelf nach dem § 171 S. 2 StPO und auch auf dem § 172 Abs. 1 StPO verweisen, was ihr als Verfolgungsbehörde im Grunde für eine Ablehnung relativ sehr schwer fallen müsste.

    Nach § 172 Abs. 1 StPO kann aber auch ein Klageverfahren von Seiten des Verletzten erzwungen werden. Und hier ist ein deutsches Gericht nach § 172 Abs. 2 StPO, dazu auch noch befugt – eine Ermittlung in einem Strafverfahren von sich aus, als Gericht, zu eröffnen bzw. in die Wege zu leiten – was ansonsten nur die Aufgabe einer Staatsanwaltschaft sein kann, also ansonsten nur ihr Vorbehalten ist!

    Die jetzt angezeigten Amtsverwalter haben eindeutig mit Vorsatz, also dem „dolus directus 1. Grad“, gemäß § 15 1. Alt StGB, mit „intellektuellem“ (ergibt sich im Umkehrschluss des § 16 StGB) und „voluntativem Element“, gehandelt.

    Die Frage wäre natürlich zu erklären, ob nach dem „Grundtatbestand“, auch ein „Qualifikationstatbestand“ erfüllt wäre, was demnach eine höhere Strafe auch rechtfertigen könnte, denn eine Privilegierung oder ein Regelbeispiel zu Gunsten der Betroffenen wäre nicht ersichtlich geworden.

    Herr Minister Dr. Wolfgang Schäuble, wie sein Staatsminister Herr Altmann, verstießen, hier gemeinsam eindrucksvoll selbst gegen ihre eigene Anweisungen verstoßen. Hierzu der Textauszug aus „Allgemeine Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern der Bundesrepublik Deutschland zum Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei (AAH – ARB 1/80) – Fassung 2002 – vom 2. Mai 2002“:

    „… 1.2.1 Die Bestimmungen des ARB 1/80 bilden aufgrund des unmittelbaren Sachzusammenhangs mit dem Assoziationsabkommen und dem Zusatzprotokoll nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH einen „integralen Bestandteil des Gemeinschaftsrechts“ (Art. 310 i.V.m. Art. 300 EG). Aufgrund dessen nimmt der EuGH – ebenfalls in ständiger Rechtsprechung – für sich das alleinige Recht in Anspruch, zur Wahrung der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 Abs. 1 Buchstabe b EG über die Auslegung sowohl der Abkommens- und Protokollbestimmungen als auch der Assoziationsratsbeschlüsse.

    1.2. 2 Das Bundesverfassungsgericht geht seit seinem Solange-II-Beschluß (1986) in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa den Beschluss vom 9. Januar 2001 – 1 BvR 1036/99) davon aus, dass der EuGH „gesetzlicher Richter“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) ist. Die Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Bestimmungen des ARB 1/80 ist daher – auch soweit sie auf richterlicher Rechtsfortbildung beruht – von den zuständigen deutschen Behörden und Gerichten aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) zu beachten.“

    Quelle: http://www.jurblog.de/wp-content/uploads/2007/11/allgemeine-anwendungshinweise-des-bmi-zum-beschluss-nr-1-80-des-assoziationsrats-ewg-turkei-aah-arb-1-80-stand-02052002.pdf

    Ein Urteil des EuGH bedarf zu seiner Anwendung eigentlich keiner Ausformung eines Erlasses, einer Verordnung oder eines Gesetzes, es ist das Gesetz schlechthin, höher als das Grundgesetz, wenn es um eine Erweiterung von Grundrechten geht! Die Amtspersonen bzw. die jeweiligen nationalen Behörden haben diese mit sofortiger Wirkung einfach eins zu eins umzusetzen, und nichts anderes!

    Die Verweigerung der Amtsverwalter führt nicht nur zu Ansprüchen auf Schadensersatz von Seiten der Betroffenen, sondern auch zu einem Straftatbestand, wenn nicht gleich sogar auch mehrerer, wie z.B. dem

    • § 26 [Anstiftung] StGB,
    • § 339 [Rechtsbeugung] StGB,
    • § 344 StGB [Verfolgung Unschuldiger],
    • § 357 StGB [Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat],
    • dadurch auch der Mithilfe zur Strafvereitelung, gemäß § 258 StGB i.V.m. Art. 20 Abs. 2 GG!

    Dazu auch der Auszug aus Kommentar zum Grundgesetz (GG) zu Art. 34 GG (Seite 318, Rn. 16, 17, 21, 22 und 30) von „Sodan – Grundgesetz“, Ausgabe 2009, ISBN 978 3 4 406 58070 3:

    „…Die Tätigkeit sämtlicher Amtswalter muss stets rechtmäßig sein, insbesondere gesetzesgemäß (Art. 20 III). Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit ergeben sich im Einzelnen aus allen materiellen Rechtsnormen des Gemeinschafts-, Verfassungs-, Gesetzes-, Rechtsverordnungs- und Satzungsrechts; deren Normstufung verbietet, dass nachgeordnete Normgeber, etwa Länder gegenüber dem Bund (Art. 31), Gemeinden gegenüber Bund und Land, abweichende Amtspflichten festlegen (BGHZ 117,363,365 f.; 142,259, 263ff.). Rechtswidrig ist auch ein Verstoß gegen VerwaltungsVOen (Erlasse), soweit diesen nach dem Willen des jeweiligen Gesetzgebers Außenwirkung zukommt, etwa durch Normkonkretisierung, Ermessenslenkung (BGH NVwZ-RR 2000, 746; BGH NJW 2001,3054), sowie gegen innerbehördliche Einzelweisungen, soweit sie durch Normen gedeckt sind, welche Schutzwirkungen nach außen entfalten sollen (BGHZ 84,292,301; 92, 34, 51 f.).

    Darüber hinaus ergeben sich aus der Gesetzesbindung i.V.m. der Rechtsstaatlichkeit allgemeine Verpflichtungen (vgl. BGHZ 117,240,244) für das Verhalten aller Amtswalter: Durchgehend ist die Verhältnismäßigkeit zu beachten (BGHZ 55, 261,266; BGH ZIP 1990, 805), formell die Zuständigkeitsordnung (BGH NJW 1992,3229) und das Verfahrensrecht (BGHZ 63,319,325), was auch Verzögerungen ohne hinreichenden Grund verbietet, unabhängig von § 75 VwGO (BGH NJW 1993, 299). Inhaltlich müssen sich die Amtswalter konsequent verhalten (BGHZ 137, 344, 346), auch Ermessensfehler vermeiden (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO, BGHZ 118,263,271). Insbesondere müssen alle ihre amtlichen Informationen, Aufklärungen, Auskünfte, Warnungen, richtig, klar, eindeutig und vollständig sein (vgl. BGHZ 66,302, 306 ff.; BGH NVwZ 2002,374), soweit dies der Schutz des Vertrauens Betroffener verlangt (vgl. BGHZ 76,343,351), das aber nicht immer bereits
    zu einer Inswerksetzung geführt haben muss.

    Bei sog. „legislativem Unrecht“, d. h. Schadenszufügung durch Normsetzung, nicht in normanwendender Amtstätigkeit, wird Drittrichtung grundsätzlich verneint (BGHZ 56,40, 44; 84, 292, 399 – st. Rspr.), mit dem wenig überzeugenden Argument, die Allgemeinheit des Gesetzes schließe die Individualisierbarkeit einer besonders geschützten Gruppe aus – obwohl sich doch gerade aus einem Gesetz deren besondere Schutzwürdigkeit ergeben kann, damit auch die (implizite) Zulassung einer Amtshaftung durch den jeweiligen Gesetzgeber. In Wahrheit soll wohl einer (schwer absehbaren) finanziellen Staatsbelastung damit entgegengewirkt werden – eine Ausnahme gilt, wenn es um die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht geht, das bestimmte Ansprüche Dritter schützt (EuGH EuZW 1999, 635).

    Die Voraussetzung drittgerichteter Amtstätigkeit ermöglicht praktisch dem Gesetzgeber, vor allem aber der Rechtsprechung eine, allenfalls sehr allgemein gleichheitsgebundene, aber nahezu beliebige Einschränkung der Amtshaftung. Dies bestätigt, dass Art. 34 eine Verweisungsnorm ohne eigene inhaltliche Substanz ist (vgl. c→ Rn. 3). Die (frühere) Maxime „Dulde und Liquidiere“ wird durch solche Bemühungen, die Staatsfinanzen zu schützen, eher in ihr Gegenteil verkehrt.

    Für richterliche Entscheidungstätigkeit gilt eine Haftungseinschränkung (§ 839 30 BGB). Amtshaftung greift gegenüber richterlicher Entscheidung nur bei einer Rechtsbeugung (§ 336 StGB) oder Richterbestechlichkeit (§ 332 II StGB) – Richterprivileg.
    Dies bezieht sich auf alle richterlichen Amtswalter bei Ihrer Tätigkeit zur Vorbereitung und/oder Erlass von Entscheidungen, die Rechtskraft entfalten (können); denn diese soll damit gegen erneute Aufrollung der Frage Im Amtshaftungsprozess gesichert werden (BGHZ 64,347,349 – st. Rspr.) Daher genießen das Verhalten der Justizverwaltung der Freiwilligen Gerichtsbarkelt und der Staatsanwaltschaft kein Richterprivileg (zu Näherem vgl. von Danwitz In MKS, Art. 34 Rn. 109; Bonk in Sachs, Art. 34 Rn. 94) – für offensichtliche Verstöße höchster nationaler Gerichte gegen Gemeinschaftsrecht gilt jedoch das Richterprivileg nicht (EuGH NVwZ 2004,79).“

    Ich denke man sollte sich demnächst warm anziehen, wenn man türkische Staatsbürger vorsätzlich von einer Rechtsstaatlichkeit ausschließen will!

  6. delice sagt:

    PS.

    Das Festhalten, z.B. in Abschiebehaft oder sonst wo, von türkischen Staatsbürgern, wäre Freiheitsberaubung, gemäß § 234 StGB, und damit ein Straftatbestand, und nach Abs. 2 ist der Versuch sogar strafbar!!!

  7. delice sagt:

    Ich habe mal mir erlaubt die eventuelle Liste der Vergehen einmal zu verlängern. Es besteht die freie Auswahl:

    • § 26 StGB [Anstiftung],
    • § 258 a StGB [Strafvereitelung im Amt],
    • § 274 Abs. 1 StGB [Urkundenunterdrückung],
    • § 339 StGB [Rechtsbeugung],
    • § 344 StGB [Verfolgung Unschuldiger],
    • § 357 StGB [Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat],
    • dadurch auch der Mithilfe zur Strafvereitelung, gemäß § 258 StGB i.V.m. Art. 20 Abs. 2 GG, und auch
    • das Festhalten von türkischen Staatsbürgern, wäre eine Freiheitsberaubung, gemäß § 234 StGB, und
    damit auch ein Straftatbestand, und nach Abs. 2 ist der Versuch sogar strafbar!
    • § 240 [Nötigung] StGB i.V.m. § 241 [Bedrohung] StGB – Wenn man ganz spitzfindig wäre, könnte man sagen, dass das Festhalten, also das Nicht-Durchlassen-Wollen in Richtung Deutschland, insoweit auch ein disese Straftatbestände erfüllen könnten.

  8. umut sagt:

    Die türkischen Staatsangehörige werden wie Dreck behandelt von der deutschen Regierung, selbst die Gerichtsurteile des EUgh werden nicht beachtet, wenn es um die türkischen Staatsbürger geht.

  9. Pingback: Presseschau - Türkische Presse vom 22. und 23.03.2009 - Strafanzeige gegen Schäuble, CDU, Muttersprache | MiGAZIN

  10. delice sagt:

    Das EuGH hält sich nicht unbedingt an bestimmte Vorstellungen. Der Arbeitnehmer-Begriff wird z.B. nicht so gesehen, wie die deutsche Rechtsprechung und es deutsche Gesetze sehen. Nach dem EuGH sind auch Studenten und Beamte nur einfache Arbeitnehmer und keine Beamten. Bürgermeister und Landräte dann noch eher.

    Und genau hier wird auch ein Umdenken in Frage von türkischen Staatsbürgern sich noch ankündigen.

    Denn ein Land, wie die Türkei, ist auch Vollmitglied der Zollunion! Wasalso für den freien Waren-, Kapital- und Dienstleistung gilt, muss letztendlich auch für die Menschen gelten, was Politiker gerne verschweigen wollen.

    Eine EWG/EU ohne eine Zollunion, hört im Grunde einfach auf zu existieren!

    Selbst das Kommunale-Wahlrecht und die Wahl zum Europa Parlament könnte man Mithilfe des EuGH, für die hier im EU-Raum lebende türkische Staatsbürger, eventuell durchsetzen!