
Erinnerung an München 2016
Gutachten: Magdeburg-Attentäter Teil eines rechtsextremen Netzwerks
Zunächst wurde „Islamismus“ gemutmaßt, später schlossen BKA und LKA eine politische Motivation aus. Jetzt zeigt ein Gutachten: Der Magdeburger Attentäter sah sich als Teil eines rechtsextremen Netzwerks. Sein Tatmotiv: Die vermeintliche „Islamisierung Europas“ verhindern. Der Fall weckt Erinnerungen an den Anschlag am Olympia‑Einkaufszentrum in München am 22. Juli 2016.
Mittwoch, 22.10.2025, 15:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22.10.2025, 15:49 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt war einer Analyse zufolge keine spontane Tat eines verwirrten Einzelgängers, sondern ein geplanter Terrorakt. Der Angeklagte Taleb A. habe sich selbst als Teil eines internationalen rechtsextremen Netzwerks gesehen, heißt es in einem Gutachten des Leiters der Fachstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention „Salam“ in Sachsen-Anhalt, Hans Goldenbaum. Die Analyse sei dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Magdeburg vorgelegt worden.
„Tatort und Opfergruppe sind bewusst ausgewählt und gezielt angegriffen worden“, erklärte der Sozial- und Islamwissenschaftler Goldenbaum. „Salam“ hatte dem Bericht zufolge rund 2.000 Onlinebeiträge des Angeklagten Taleb A. ausgewertet. Der Beschuldigte habe Inhalte von bekannten rechten Akteuren sowie Verschwörungstheorien über eine angebliche „Islamisierung Europas“ geteilt.
Kurz nach der Tat wurde aufgrund des Täterprofils gemutmaßt, der Anschlag könnte „islamistisch“ motiviert sein. Bundeskriminalamt (BKA) und Landeskriminalamt (LKA) hatten später eine politische Tatmotivation allerdings ausgeschlossen.
Widerspruch zum BKA- und LKA-Gutachten
Damit stehe das Gutachten „im klaren Widerspruch zu den bisherigen Bewertungen von BKA und LKA“, heißt es in einem Beitrag in der „Welt“, die zuerst über die Analyse berichtet hatte. Für die Opfer sei die Einstufung der Tat entscheidend, auch wegen finanzieller Hilfen.
Im September hatte das Landgericht Magdeburg erklärt, die Tat sei geeignet, „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen“. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe lehnte jedoch die Übernahme der Strafverfolgung ab. Taleb A. wird vorgeworfen, am 20. Dezember 2024 mit einem angemieteten Pkw sechs Menschen ermordet und mehr als 300 verletzt zu haben. Nach der Tat kam es in Magdeburg zu einem Anstieg rechtsextrem motivierter Übergriffe auf ausländisch gelesene Menschen.
Erinnerungen an München 2016
Der Fall weckt Erinnerungen an den Anschlag am Olympia‑Einkaufszentrum in München (OEZ) am 22. Juli 2016, bei dem ein 18-jähriger Täter, Sohn iranischer Eltern, neun Menschen erschoss. Zunächst galt der Angriff als Amoklauf, Medien spekulierten aufgrund des Namens und Aussehens des Attentäters lange, die Tat sei „islamistisch“ motiviert. Auch Rechtsextremisten behaupteten in sogenannten „sozialen“ Netzwerken, die Tat habe einen „islamistischen“ Hintergrund.
Es stellte sich heraus, dass der Attentäter gezielt auf Personen mit „ausländischem“ Aussehen geschossen hatte – acht der neun Opfer hatten eine Migrationsgeschichte – u. a. aus der Türkei, Griechenland, Kosovo und Bosnien. Ein politisches oder rassistisches Motiv wurde von den Ermittlungsbehörden lange nicht erkannt. Erst Jahre später wurde die Tat offiziell als rechtsextrem motivierter Anschlag eingestuft. (epd/mig) Aktuell Panorama
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