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Kreuzfahrtschiff (Archiv) © de.depositphotos.com

Forschung

Prekäre Arbeitsverhältnisse und kolonialen Strukturen auf Kreuzfahrtschiffen

Hinter der Urlaubsidylle auf Kreuzfahrtschiffen steckt harte Realität: Eine Studie zeigt prekäre Arbeitszeiten, koloniale Strukturen und schwache Rechte für Servicekräfte aus dem Globalen Süden – während Offiziere aus Europa und den USA profitieren.

Von Donnerstag, 18.09.2025, 11:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 18.09.2025, 11:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Ganz im Gegensatz zur glänzenden Urlaubsfassade an Bord von Kreuzfahrtschiffen gibt es nach den Worten der Bremerhavener Kulturwissenschaftlerin Katharina Bothe unter den Beschäftigten starke soziale Gegensätze mit kolonialen Strukturen. „Das Kreuzfahrtschiff ist ein Mikrokosmos globaler Arbeitsteilung, mit einer Crew aus bis zu 100 Nationen“, sagte Bothe dem Evangelischen Pressedienst. Gerade das Servicepersonal arbeite oft unter prekären Bedingungen bei eingeschränkten Rechten, langen Schichten und wenig Freizeit.

Die Wissenschaftlerin erforscht die Arbeitsbedingungen an Bord von Kreuzfahrtschiffen und will sich damit an der Universität in Hamburg habilitieren. „Je höher jemand auf dem Schiff angestellt ist, desto geringer ist die Arbeitszeit“, berichtete die Expertin, die am Deutschen Schifffahrtmuseum in Bremerhaven tätig ist. Normalerweise gelte an Bord das internationale Seearbeitsübereinkommen, wonach 72 Arbeitsstunden in der Woche nicht überschritten werden dürften. Aber die Realität sehe nicht selten anders aus: „Viele arbeiten mehr als zwölf Stunden, an sieben Tagen in der Woche.“

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Zu den kolonialen Strukturen sagte Bothe, auf einem modernen Kreuzfahrtschiff seien viele höher bezahlte Offiziersposten mit Mitarbeitenden aus Europa und den USA besetzt, insbesondere im nautischen Bereich. „Das niedrig bezahlte Servicepersonal stammt oft aus Entwicklungs- und Schwellenländern, von den Philippinen etwa, aus Indien, Indonesien und Lateinamerika.“

Schiffe fahren nicht unter deutscher Flagge

Der globale Markt der Kreuzfahrtbranche mit wettbewerbsabhängigen Personalkosten verstärke diese Ungleichheit noch. „Da geht es auch um die Flagge, unter der das Schiff betrieben wird. So fahren die meisten Kreuzfahrtschiffe nicht unter deutscher Flagge und fallen damit auch nicht unter den deutschen Arbeitsbedingungen, zu denen beispielsweise ein Mindestlohn gehört.“ In Flaggenländern wie den Bahamas, Panama, Liberia und Malta gebe es niedrigere Arbeitsstandards und Steuervergünstigungen für die Reeder.

Bis Ende 2026 will Bothe ein Buch zu ihren Forschungsergebnissen vorlegen. Sie will mit ihrer Arbeit auch Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft formulieren, um die Situation Beschäftigten zu verbessern. An oberster Stelle stünden verbindliche internationale Regelungen unabhängig von der Flagge. Kontrollen müssten verbessert, die Stellung der Gewerkschaften gestärkt werden. Wichtig seien auch Anlaufstellen für die Beschäftigten, um über Konflikte zu sprechen. Außerdem sollten Passagiere vermehrt nach den Arbeitsbedingungen an Bord fragen, wenn sie eine Kreuzfahrt buchen wollten. (epd/mig) Aktuell Panorama

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