
Niederlande
Rechtsextremist Wilders lässt Koalition platzen wegen Asylstreit
Grenzschließungen für Asylbewerber und notfalls Einsatz der Armee: Rechtsextremist Geert Wilders hat seinen Regierungspartner harte Forderungen gestellt – und das Bündnis nun aufgekündigt.
Von Michael Evers Dienstag, 03.06.2025, 14:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.06.2025, 8:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Rechtspopulist Geert Wilders hat die Regierungskoalition in den Niederlanden im Streit um die Asylpolitik platzen lassen. Wilders erklärte den Rückzug seiner radikal-rechten Partei aus dem Vier-Parteien-Bündnis, an dem diese als stärkste Kraft beteiligt war. Nach nur knapp einem Jahr droht damit das Ende der Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Dick Schoof. Die Krise trifft die Niederlande nur drei Wochen vor einem wichtigen Nato-Gipfel in Den Haag, bei dem die Regierung Gastgeber ist.
Update vom 4.6.2025: Ministerpräsident Dick Schoof kündigte nach dem Austritt von Wilders Neuwahlen an. Er werde dem König den Rücktritt der Regierung anbieten, teilte Schoof mit. Die Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten bleibt aber zunächst geschäftsführend im Amt. „Ich mache unverdrossen weiter“, sagte Schoof, einer künftigen Regierung wolle er jedoch nicht mehr vorstehen. Zur Neuwahl wird es voraussichtlich erst im Herbst kommen.
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„Keine Unterschrift für unsere Asylpläne, keine Anpassung des Koalitionsvertrags. Die PVV verlässt die Koalition“, schrieb Wilders nach gescheiterten Beratungen mit den drei anderen Parteien auf X.
Opposition fordert Neuwahlen
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Das Kabinett wollte sich am Mittag in einer Krisensitzung beraten. Denkbar ist zwar eine Minderheitsregierung, aus der Opposition kam aber bereits der Ruf nach Neuwahlen.
„Die Niederlande verdienen eine Regierung, die die Menschen vereint und Schulter an Schulter an echten Lösungen arbeitet“, sagte der Fraktionsvorsitzende des rot-grünen Bündnisses, Frans Timmermans, das die größte Oppositionsfraktion im Parlament stellt. „Es ist Zeit für Wahlen, wir sind dazu bereit.“
Asylstreit führte zum Bruch
Die gescheiterte, von Rechten geführte Regierung habe den Niederlanden Stillstand beschert, während es in Europa Krieg gebe und Menschen sich große Sorgen um ihre Zukunft machten. Auch der Fraktionsvorsitzende der Sozialistischen Partei (SP), Jimmy Dijk, sprach sich für Neuwahlen aus – „am liebsten so schnell wie möglich“.
Wilders hatte mehrfach gedroht, die Regierungskoalition platzen zu lassen, wenn seine Forderungen nach einem harten Kurs in der Asylpolitik nicht erfüllt würden. Millionen von Niederländern erwarteten die Umsetzung eines entsprechenden Zehn-Punkte-Plans seiner Partei – andernfalls würde die PVV aus der Koalition austreten. Die jüngste Drohung platzierte Wilders am Sonntag – kurz vor Beratungen der Koalition am Montagabend.
Wilders will Flüchtlinge zurückschicken
Bei diesen Beratungen hatten die anderen Partner Wilders gesagt, er solle einen Gesetzesentwurf zu seinen Plänen einbringen oder einen Entschließungsantrag, um über die Vorhaben zu beraten. Diesen Weg wollte Wilders aber nicht gehen. „Ich konnte nichts anderes tun jetzt als zu sagen, dann ziehen wir unsere Unterstützung für dieses Kabinett zurück“, sagte er. Die von seiner Partei gestellten Minister würden die Regierung verlassen.
Die PVV, seit der jüngsten Wahl stärkste Kraft im Parlament, fordert die Schließung der Grenzen für alle Asylbewerber. Notfalls müsse die Armee eingesetzt werden, um die Grenzen zu kontrollieren, hatte Wilders bei der Vorstellung des Plans vor einer Woche erklärt. Zehntausende syrische Flüchtlinge sollten zurück in ihre Heimat geschickt und Asylzentren geschlossen werden. Zudem fordert Wilders ein Ende des Familiennachzugs für anerkannte Flüchtlinge und verwies dabei auf die Flüchtlingspolitik der neuen Bundesregierung mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) an der Spitze. Wilders forderte außerdem die Ausweisung von straffälligen Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit, wobei ihnen dann die niederländische aberkannt werden müsse.
Koalition von Beginn an instabil
Bei der Wahl im November 2023 war die radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) des Islamgegners Wilders überraschend stärkste Kraft geworden. Die PVV zog auch erstmals in die Regierung ein. Ebenfalls zur Koalition gehören die rechtsliberale VVD, die Zentrumspartei NSC sowie die rechtspopulistische Bauernpartei BBB.
Das Vier-Parteien-Bündnis war von Anfang an instabil. Die Zentrumspartei NSC hatte starke Zweifel, ob sich der Regierungspartner PVV an die Verfassung halten würde. Zuletzt hatten die Koalitionsparteien NSC und VVD Kritik an der PVV-Ministerin für Asyl, Marjolein Faber, geäußert, der sie Inkompetenz vorwarfen. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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