
Umgehung des Bundesrats
Regierung will sichere Herkunftsländer per Verordnung
Abgelehnte Asylbewerber aus Staaten, die als sicher gelten, können schneller abgeschoben werden. Die Koalition will sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ künftig per Verordnung einstufen – und so den Bundesrat umgehen. Linke kritisiert: Union öffnet damit politischer Willkür Tür und Tor.
Dienstag, 03.06.2025, 12:59 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.06.2025, 12:59 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bundesregierung bereitet einen Gesetzentwurf vor, der die Einstufung von Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer vereinfachen soll. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, wird eine Verabschiedung im Kabinett an diesem Mittwoch angestrebt. Konkret geht es darum, dass die Regierung Herkunftsländer von Asylbewerbern künftig per Rechtsverordnung entsprechend einstufen können soll und damit ohne Zustimmung des Bundesrats.
Gilt ein Land als sicher im Sinne des Gesetzes, dann bedeutet dies, dass dort die politischen Verhältnisse vermuten lassen, dass es dort keine politische Verfolgung oder unmenschliche Behandlung oder Bestrafung gibt. Asylanträge von Menschen, aus diesen vermeintlich „sicheren“ Herkunftsstaaten lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in der Regel als offensichtlich unbegründet ab. Dies schließt die Anerkennung eines Schutzstatus im Einzelfall aber nicht aus. Abgelehnte Antragsteller können jedoch leichter und schneller abgeschoben werden.
Linke: Union öffnet Willkür Tür und Tor
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, zuerst sollten Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Entsprechende Initiativen waren in den vergangenen Jahren im Bundesrat am Widerstand von Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen und der Linken gescheitert. Die notwendige Zustimmung des Bundesrats soll verhindern, dass Staaten leichtfertig als sicher eingestuft werden.
Die Linke wirft der Union vor, mit dem Gesetzentwurf „politischer Willkür Tür und Tor“ zu öffnen. Die Forderung der Union, Länder künftig per Verordnung als sicher einzustufen, zeige ihr Ziel: „Ein Asylrecht zweiter Klasse zu schaffen und Menschen schnellstmöglich abzuschieben – ganz unabhängig davon, wie sicher die Herkunftsländer tatsächlich sind“, kritisiert Clara Bünger, Flucht- und Rechtspolitikerin der Linksfraktion im Bundestag.
Bünger: SPD nur noch Handlungsgehilfe
„In der Praxis bedeuten sichere Herkunftsstaaten weniger gründliche Verfahren, eingeschränkten Rechtsschutz, Arbeitsverbote und Lagerunterbringung – unabhängig vom Einzelfall“, erklärt Bünger und kritisiert neben der Union auch ihren Koalitionspartner: „Die SPD, die sich einst Menschenrechte selbst auf die Fahne geschrieben hatte, unterscheidet sich heute kaum noch von der immer weiter nach rechts driftenden Union. Damit macht sie sich zum Erfüllungsgehilfen einer reaktionären Politik, die Geflüchtete abschreckt und Grundrechte aushebelt.“
Als sichere Herkunftsländer gelten in Deutschland aktuell neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien, Georgien und Moldau. Die Einstufung soll die sogenannte „irreguläre“ Migration aus diesen Staaten verringern. (dpa/mig) Aktuell Politik
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