
Rechtsterrorismus
„Letzte Verteidigungswelle“ plante Anschläge auf Asylunterkünfte
Fünf junge Rechtsextremisten sollen sich an einer rechten Terrorzelle beteiligt haben. Die Bundesanwaltschaft geht mit Festnahmen und Durchsuchungen gegen die Gruppe vor. Vorwurf: Anschläge auf Asylunterkünfte geplant.
Von Anne-Béatrice Clasmann und Jacqueline Melcher Mittwoch, 21.05.2025, 14:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.05.2025, 9:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Er soll sich als jüngstes Mitglied an einer mutmaßlichen rechten Terrorgruppe beteiligt haben, jetzt ist ein 14-jähriger Jugendlicher aus dem Raum Haiger in Mittelhessen in Untersuchungshaft genommen worden. Die Bundesanwaltschaft war am frühen Mittwochmorgen in mehreren Bundesländern gegen die mutmaßliche Terrorgruppe vorgegangen.
Insgesamt fünf Verdächtige zwischen 14 und 18 Jahren hatte die oberste Strafverfolgungsbehörde festnehmen lassen, darunter auch den Jugendlichen aus dem Lahn-Dill-Kreis. Neben ihm sind zwei weitere der Jugendlichen bereits in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof eröffnete ihnen die Haftbefehle und setzte diese in Vollzug, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft mitteilte. Die zwei übrigen Beschuldigten sollen am Donnerstag ebenfalls in Karlsruhe vorgeführt werden.
Verteidiger der „Deutschen Nation“?
Die Jugendlichen seien Mitglieder – in einem Fall Unterstützer – einer rechtsextremistischen Terrorvereinigung, die sich „Letzte Verteidigungswelle“ nennt, so der Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Mit Brandanschlägen auf Asylbewerberheime und linke Einrichtungen wollte die Gruppe demnach das demokratische System der Bundesrepublik zum Zusammenbruch bringen. Sie verstehe sich als letzte Instanz zur Verteidigung der „Deutschen Nation“, heißt es in einer Mitteilung der Karlsruher Behörde.
An den Festnahmen und Durchsuchungen waren den Angaben zufolge mehr als 220 Polizeibeamte von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei sowie Polizeikräfte aus Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Mittelhessen beteiligt.
Hessische Linke besorgt
Aus Sicht der hessischen Partei Die Linke zeigt die Zerschlagung einer mutmaßlichen rechten Terrorzelle und die Festnahme in Hessen „einmal mehr auf besorgniserregende Art und Weise, wie groß die Gefahr von rechts ist“, wie Linke-Landesvorsitzender Jakob Migenda laut Mitteilung erklärte. Die Hintergründe müssten vollumfänglich aufgeklärt werden. Besonders erschreckend sei, dass die mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe teils noch minderjährig gewesen seien. „Insgesamt erleben wir aktuell eine massive Zunahme bei rechtsextremen Straftaten. Hierauf gibt die schwarzrote Landesregierung bislang keine Antwort“, so Migenda.
Brandanschläge auf Asylbewerberheime
Drei brutale Anschläge und Anschlagspläne rechnet die Bundesanwaltschaft der Gruppe zu. Teils sollen sie von den jüngst Festgenommenen geplant oder begangen worden sein, teils von drei weiteren Beschuldigten, die schon in Untersuchungshaft sitzen. Es geht um einen Brandanschlag auf ein Kulturhaus in Altdöbern im Süden Brandenburgs, einen versuchten, aber erfolglosen Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Schmölln in Thüringen und Anschlagspläne für eine Asylunterkunft im brandenburgischen Senftenberg.
Der Anschlag in Senftenberg konnte wohl dank Hinweise eines Reporterteams von „stern“/RTL verhindert werden. Im Februar hatten Ermittler in Sachsen nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Dresden eine Wohnung und eine weitere Immobilie durchsucht und dabei Sprengstoff in Form von zwei Kugelbomben, Schlagringe, Einhandmesser, Munition, Schreckschuss- und Softairwaffen gefunden. Ein 21-jähriger Deutscher wurde festgenommen. Die Recherchen des Reporterteams halfen auch bei der Aufklärung des Anschlags auf das Kulturhaus in Altdöbern.
Richter entscheidet über Untersuchungshaft
Die fünf am Mittwoch Festgenommenen wurde laut Bundesanwaltschaft in Mecklenburg-Vorpommern (Wismar und Landkreis Rostock), Brandenburg (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) und Hessen (Lahn-Dill-Kreis) gefasst. Die Polizei durchsuchte dort ebenso wie in Sachsen (Landkreis Leipzig) und Thüringen (Landkreis Altenburger Land und Ilm-Kreis) insgesamt 13 Objekte.
Die Jugendlichen sollten noch im Laufe des Tages nach Karlsruhe gebracht und dort dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Dieser entscheidet, ob sie in Untersuchungshaft kommen. Bis auf einen sind alle Beschuldigten Minderjährige. Aufgrund ihres Alters müssen einige von ihnen mit ihren Eltern vor dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe erscheinen.
Zeitgleich zu den Maßnahmen der Bundesanwaltschaft durchsuchten rund 100 Polizeikräfte im Zusammenhang mit Ermittlungen zu einer rechtsextremen Chatgruppe junger Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sechs Objekte in den Landkreisen Nordwestmecklenburg und Rostock. In der Gruppe sollen mehrere Menschen rechtsextreme Inhalte ausgetauscht und zu Straftaten aufgerufen haben, wie das Landeskriminalamt (LKA) mitteilte. Bei den Beschuldigten handelt es sich den Angaben zufolgae mehrheitlich um Heranwachsende und vereinzelt um Jugendliche. (dpa/mig) Leitartikel Panorama
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