Bundesverfassungsgericht, BVerfG, Verfassungsgericht, Bundesadler, Karlsruhe
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe © Mehr Demokratie e.V. @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Karlsruhe stärkt Grundrechte

Abschiebehaft ohne Richterbeschluss ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt: Abschiebehaft ohne richterlichen Beschluss verletzt das Grundrecht auf Freiheit. Behörden dürfen Menschen nicht einfach „über Nacht“ in Gewahrsam nehmen – auch nicht, wenn das Amtsgericht gerade geschlossen ist.

Dienstag, 28.10.2025, 12:08 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.10.2025, 12:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Für die Inhaftierung von abzuschiebenden Ausländern braucht es in der Regel immer eine vorherige richterliche Anordnung. Andernfalls wird das Grundrecht auf Freiheit der Person verletzt, wie das Bundesverfassungsgericht in drei am Dienstag bekanntgegebenen Beschlüssen entschied (AZ: 2 BvR 329/22, 2 BvR330/22 und 2 BvR 1191/22). Die nachträgliche Einholung einer richterlichen Entscheidung ist nur ausnahmsweise möglich, etwa bei Gefahr in Verzug, erklärten die Karlsruher Richter.

In den drei entschiedenen Fällen ging es um eine in die Slowakei abgeschobene Straftäterin sowie um zwei Flüchtlinge aus Eritrea, die wegen der Zuständigkeit Italiens für das Asylverfahren dorthin überstellt werden sollten. Im slowakischen Fall wurde die Beschwerdeführerin am 25. August 2020 zur Sicherung ihrer Abschiebung in Gewahrsam genommen, noch bevor das zuständige Amtsgericht die Haft angeordnet hatte.

___STEADY_PAYWALL___

Abschiebehaft ohne richterliche Anordnung

Auch in den Fällen der Eritreer wurden die abzuschiebenden Flüchtlinge bereits vor einer richterlichen Anordnung inhaftiert. Insbesondere begründeten die Ausländerbehörden dies damit, dass die Betroffenen sich mehreren vorhergehenden Abschiebungsversuchen entzogen hatten. In einem Fall verwies die Ausländerbehörde darauf, dass die Einholung einer richterlichen Anordnung wegen des Endes der „Geschäftszeiten“ beim Amtsgericht nicht mehr möglich gewesen sei.

Sowohl die slowakische Frau als auch die beiden eritreischen Flüchtlinge sahen in dem Vorgehen der Behörden ihr Grundrecht auf Freiheit der Person verletzt. Für eine Haft brauche es eine richterliche Anordnung, argumentierten sie. Insbesondere bei geplanten Abschiebungen könne darauf nicht verzichtet werden.

Verfassungsgericht: Grundrecht auf Freiheit verletzt

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Verfassungsbeschwerden für begründet. Die Betroffenen seien in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Person verletzt worden. Zwar ermögliche in den eritreischen Fällen EU-Recht zur Sicherung der Abschiebung eine vorläufige Ingewahrsamnahme. Dies sei aber damals nicht in deutsches Recht umgesetzt worden.

Grundsätzlich müsse für eine Freiheitsentziehung aber eine vorherige richterliche Anordnung eingeholt werden. Ausnahmsweise könne dies „unverzüglich“ nachträglich nachgeholt werden, etwa bei Gefahr in Verzug. Das Argument, dass die Geschäftszeiten eines Amtsgerichts beendet waren, greife nicht, um auf eine richterliche Anordnung zu verzichten. Denn allgemein festgelegte Dienstzeiten für Richter gebe es nicht. (epd/mig) Aktuell Recht

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)