
Europäische Flüchtlingspolitik
Tod, Rettung und Abschottung im Mittelmeer
Vor der Insel Lesbos sterben vier weitere Menschen bei einem Bootsunglück. Zuvor rettet ein Kreuzfahrtschiff dutzende Geflüchtete in Seenot. Im Hintergrund: die europäische Abschottungspolitik.
Montag, 27.10.2025, 13:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.10.2025, 13:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Vor der griechischen Insel Lesbos kam es am Montagmorgen zu einer weiteren Tragödie im Mittelmeer: Ein Boot mit Geflüchteten geriet in eine Untiefe bei starkem Wind. Mindestens vier Menschen starben, sieben Männer aus dem Sudan konnten gerettet werden, die Suche nach weiteren Vermissten lief laut Angaben der Küstenwache. Wie viele Menschen insgesamt an Bord waren, ist bislang unklar.
Nur wenige Tage zuvor hatte sich südwestlich der Insel Zakynthos die Besatzung des Kreuzfahrtschiffs „Norwegian Epic“ in der Mittelmeerregion einem Seenotfall gestellt: Auf einem Segelboot mit 63 Menschen an Bord rettete sie die Menschen auf, alarmierte die griechischen Rettungsbehörden und begleitete die Geretteten zur Küste von Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes. Angaben zu Herkunft und Nationalitäten lagen zunächst nicht vor.
EU-Abschottungspolitik
Diese beiden Ereignisse stehen stellvertretend für eine anhaltende humanitäre Krise: Immer wieder riskieren Menschen ihr Leben auf dem Meer – angesichts schlecht gesicherten Booten. Gleichzeitig zeigen die Rettungseinsätze, wie fragil die Lage ist: wenige Minuten oder Kilometer entscheiden zwischen Leben und Tod.
Im Hintergrund dieser Einzelfälle steht eine europäische Politik, die zunehmend auf Abschottung und Grenzschließung setzt. Die Europäische Union (EU) gewährt nordafrikanischen Staaten Millionenbeträge mit dem Ziel, sogenannte „irreguläre“ Migration zu reduzieren. In Tunesien etwa wurden mehr als 100 Millionen Euro für Grenzsicherung bereitgestellt, gekoppelt an den Auftrag, Menschen davon abzuhalten, europäische Alleen zu erreichen.
Zahl der Toten unbekannt
Gleichzeitig ist nicht dokumentiert, wie viele Menschen tatsächlich die Überfahrt schaffen – oder wie viele im Meer umkommen. Dem European Migration Network zufolge haben bis zum 24. August 2025 insgesamt 89.189 Menschen die europäischen Küsten auf dem Seeweg erreicht. Die meisten dieser Ankömmlinge wurden in Italien und Griechenland registriert, aber auch in Spanien kamen zahlreiche Menschen an. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 187.337 Ankünfte auf dem Seeweg gemeldet.
Wie viele Boote verloren gingen, wie viele Menschen vermisst oder tot zurückblieben, lässt sich hingegen kaum sagen. Denn die Arbeit privater Seenotretter wird zunehmend erschwert oder gar unmöglich gemacht – was eine verlässliche Erfassung von Todesfällen zusätzlich erschwert. Lediglich die Internationale Organisation für Migration (IOM) gibt eine Mindestschätzung für das laufende Jahr ab. Demnach sind mindestens 850 Todes- oder Vermisstenfälle im Mittelmeer dokumentiert. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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