Synagoge, Halle, Tür, Juden, Jüdisch, Religion, Rechtsterrorismus, Rechtsextremismus
Die Tür der Synagoge in Halle (Archivfoto)

Tiefe Zäsur

Halle erinnert an Anschlag vor sechs Jahren

An Jom Kippur wollte der Rechtsterrorist Stephan B. die Synagoge von Halle stürmen, scheiterte aber an der Tür. Anschließend suchte er gezielt einen Döner-Imbiss auf. An das Attentat vor sechs Jahren wurde erinnert.

Sonntag, 12.10.2025, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 10.10.2025, 14:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

An den Anschlag auf ihre Synagoge am 9. Oktober 2019 hat die Stadt Halle (Saale) am Donnerstag erinnert. Um 12.03 Uhr, dem damaligen Anschlagszeitpunkt, läuteten stadtweit die Kirchenglocken in Erinnerung an die zwei Todesopfer. Der öffentliche Personennahverkehr stand für eine Minute still. Anschließend fand ein stilles Gedenken an der Synagoge unter anderem mit Halles Bürgermeister Egbert Geier (SPD) statt; Blumen und Kränze wurden niedergelegt.

Für den Nachmittag war zu Gedenkveranstaltungen an verschiedenen Orten aufgerufen worden, so zu einem Gedenkrundgang zu den damaligen Anschlagsorten. Ausgerichtet wurden die Gedenkveranstaltungen von der Stadt, der Jüdischen Gemeinde, dem Evangelischen Kirchenkreis Halle-Saalekreis und anderen Akteuren. Am Abend wurde das Gedenken mit einer Andacht auf dem Marktplatz der Saalestadt abgeschlossen. Dabei entzündeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Kerzen für die Opfer und sprachen Gebete auf Hebräisch und Deutsch.

___STEADY_PAYWALL___

Am 9. Oktober 2019, dem jüdischen Feiertag Jom Kippur, wollte der Rechtsterrorist Stephan B. die Synagoge von Halle stürmen, scheiterte aber an der Tür. Vor dem Gotteshaus erschoss er die 40-jährige Jana S. Anschließend suchte er gezielt einen türkisch gelesenen Döner-Imbiss auf und tötete dort den 20-jährigen Kevin S. Zwei andere Menschen verletzte er auf seiner Flucht schwer. Ursprünglich hatte der Attentäter vor, eine Moschee zu stürmen – sein Vorbild: der rassistisch motivierte Massenmord im neuseeländischen Christchurch im Jahr 2019. Ermittlungen hatten unter anderem einen tief sitzenden Islamhass zutage gebracht. Der Attentäter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Haselhoff: Anschlag eine tiefe Zäsur

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Halle, Max Privorozki, sprach im MDR von einem Tag der Erinnerung und der Zäsur, in seinem Leben und im Leben der Gemeinde. Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nannte den Anschlag am Donnerstag auf X eine tiefe Zäsur für sein Land und eine stetige Mahnung. Antisemitismus und Rassismus unterminierten die Grundlagen des demokratischen Staates und gefährdeten den Zusammenhalt in der Gesellschaft, warnte der Magdeburger Regierungschef.

Laut der Meldestelle RIAS wurden bis Ende Juli 127 antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt gezählt, etwa so viele wie im Vorjahr. Das Spektrum reicht von verletzendem Verhalten, über gezielte Sachbeschädigungen an jüdischem Eigentum bis hin zu extremer Gewalt. Für Jüdinnen und Juden in Sachsen-Anhalt bedeute dies Verunsicherung im Alltag sowie das Abwägen zwischen Sicherheit und Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit.

Tagesordnung im Landtag

RIAS ordnete 56 Vorfälle dem sogenannten Post-Shoah-Antisemitismus zu. Dazu gehörten öffentliche Schmierereien, Störungen von Gedenkveranstaltungen, das Zerstören oder Beschädigen von Gedenkorten sowie Beleidigungen und Beschimpfungen. Die Täterinnen und Täter kommen laut RIAS hier häufig aus der rechtsextremen Szene, aber nicht nur.

Auf der Tagesordnung des Magdeburger Landtags stand am Donnerstag daher auch eine Änderung des Sicherheitsstaatsvertrags mit der Jüdischen Gemeinschaft. Dabei ging es unter anderem um die Erweiterung des Schutzes für die beiden im Jahr 2023 neu eröffneten Synagogen und Gemeindezentren in Dessau-Roßlau und in Magdeburg. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) betonte in diesem Zusammenhang die Verantwortung Sachsen-Anhalts, jüdisches Leben zu schützen. Maßnahmen zum Schutz von Moscheen oder muslimischen Lebens waren im Landtag kein Thema. (epd/mig) Aktuell Panorama

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)