
Die Gefahr bleibt
80 Jahre nach der Atombombe auf Hiroshima
Mehr als 200.000 Menschen starben, nachdem die USA im August 1945 Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagaski abgeworfen hatten. 80 Jahre später ist die Gefahr eines Atomkriegs auf der Welt nicht gebannt.
Von Konrad Ege Dienstag, 05.08.2025, 12:13 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 05.08.2025, 12:13 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Friedensorganisationen wählten drastische Worte: Die Gefahr eines Nuklearwaffeneinsatzes und eines entfesselten Wettrüstens zwischen den USA, Russland und China sei „größer als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges“. 80 Jahre nach dem Abwurf von Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki veröffentlichten mehrere US-Organisationen im Juli einen eindringlichen Aufruf gegen Atomwaffen.
Weit mehr als 200.000 Menschen in und um Hiroshima und Nagasaki kamen ums Leben, nachdem US-Flugzeuge am 6. und am 9. August 1945 Atombomben abgeworfen hatten. Viele kamen erst Jahre später durch Strahlenschäden ums Leben. Die Rauchwolke nach der Explosion und die Bilder von völliger Zerstörung sind zu Symbolen für den nuklearen Schrecken geworden.
Heute sind neun Länder im Besitz von Atomwaffen. 80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki verblassen die Schreckensbilder im öffentlichen Bewusstsein. Der US-Friedensaktivist David Cortright zählte in den 80er Jahren zu den Organisatoren der US-Friedensbewegung. Im Vergleich zu jener Zeit der großen Kundgebungen sei das Bewusstsein von der Gefahr eines Nuklearkrieges in den USA heute „relativ gering“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
August 1945. Der Krieg in Europa war vorbei, Nazi-Deutschland lag in Trümmern. Noch kämpfte das japanische Kaiserreich. Am Morgen des 6. August flog ein US-Flugzeug mit zwölf Mann Besatzung und einer mehr als vier Tonnen schweren Atombombe von der Pazifikinsel Tinian zum rund 2.400 Kilometer entfernten Hiroshima.
Hiroshima: Die ganze Nacht gebrannt
Um 8.15 Uhr war die B-29-Propellermaschine über der Stadt. Die Schülerin Teruko Yahata war damals acht Jahre alt. Nach dem Frühstück sei sie in den Garten gegangen, erzählt sie in einem Video im japanischen „Hiroshima Peace Memorial Museum“. Urplötzlich sei der Himmel an diesem sonnigen Tag von einem bläulich-weißen Licht erleuchtet gewesen. Sie sei von der Druckwelle mehrere Meter weit weg geschleudert worden und habe kurz das Bewusstsein verloren.
Terukos Elternhaus war zweieinhalb Kilometer vom Epizentrum entfernt. Ihre Familie hat überlebt. Sie hätten eine zweite oder dritte Bombe befürchtet. Im Rücken ihrer Mutter steckten Glassplitter. Die Familie floh und sei anderen Fliehenden begegnet. Manche Körper seien vollkommen verbrannt gewesen, mit Staub bedeckt, berichtet Teruko Yahata. Die Haut mancher Menschen habe sich von den Armen gelöst, sie hing von den Fingern herab. Hiroshima habe die ganze Nacht gebrannt.
In Washington trat Präsident Harry Truman vor die Kameras. Ein amerikanisches Flugzeug habe eine Bombe auf Hiroshima abgeworfen, sagt er: „Es ist eine atomare Bombe. Es ist eine Nutzung der Grundkraft des Universums.“ Der japanische Kaiser Hirohito verkündete die Kapitulation am 15. August, sechs Tage nachdem auch die Stadt Nagasaki atomar bombardiert worden war.
Bombe „vollkommen unnötig“
Unter Geschichtswissenschaftlern ist umstritten, ob gegen das angeschlagene Japan der Einsatz von Atombomben wirklich nötig war. Die Bomben wurden wohl auch mit Blick auf die politische Ordnung nach dem Krieg und die Sowjetunion eingesetzt. General Dwight Eisenhower, Oberkommandierender in Europa und US-Präsident von 1953 bis 1961, schrieb in seinen Erinnerungen, er sei 1945 der Ansicht gewesen, die Bombe sei „vollkommen unnötig“ gewesen.
Heute ist die Atomgefahr nicht gebannt. Das US-Atomforschungs-Magazin „Bulletin of the Atomic Scientists“ hat die Zeiger seiner symbolischen Weltuntergangsuhr zu Beginn dieses Jahres von 90 Sekunden vor Mitternacht auf 89 Sekunden vor Mitternacht vorgestellt. Weltweit existieren etwa 12.200 Atomsprengköpfe, die meisten davon in den USA und Russland, hat der Wissenschaftlerverband Federation of American Scientists nachgezählt.
Auch US-Präsident Donald Trump hat vor der „existenziellen“ Gefahr eines Atomkrieges gewarnt. Dennoch läuft in den USA ein massives Programm zur Unterhaltung und Modernisierung des Atomwaffenarsenals. Das Rechnungsbüro des Kongresses schätzte die Kosten auf eine Billion Dollar im kommenden Jahrzehnt. Russland hat im Krieg gegen die Ukraine mit Atomwaffen gedroht.
Trump raubt Energie
Unterzeichner des Friedensappells der US-Organisationen waren unter anderen die Arms Control Association und die Friedensorganisationen Pax Christi International, Peace Action und Win Without War. In der Vergangenheit sei es den Millionen Aktivisten weltweit gelungen, die Atomkriegsgefahr zu reduzieren und die Atomwaffenarsenale zu verringern, erklärte die Exekutivdirektorin von Win Without War, Sara Haghdoosti.
In den USA aber nehme aktuell der Widerstand gegen Trump die Energie von Aktivisten in Anspruch, sagte Friedensaktivist David Cortright dem epd. Man solle die Mobilisierung für Demokratie unterstützen und dabei Rüstung und Nukleargefahr als Themen einbringen, erklärte er. Das sei „realistischer“, als unabhängige Proteste zu organisieren.
Das Hiroshima-Bombenflugzeug Enola Gay ist erhalten geblieben. Es ist heute im Luftfahrt- und Weltraummuseum unweit der Hauptstadt Washington ausgestellt. (epd/mig) Aktuell Ausland
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