
Polizeischüsse
Er hätte leben können – wenn er weiß gewesen wäre?
Er war unbewaffnet, Schwarz – und tot. Ein Polizist schoss. Weiße überleben mit Axt, Schwarze sterben mit Reizgas. Der Tod von Lorenz A. wirft unbequeme Fragen auf.
Von Dr. Marc Ntouda Donnerstag, 24.04.2025, 14:44 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 24.04.2025, 14:58 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Was ist passiert?
Ostersonntag, Oldenburg. Ein Polizist schießt viermal auf den 21-jährigen Lorenz A. Drei Schüsse treffen ihn von hinten: Hüfte, Rücken, Kopf. Der vierte trifft den Oberschenkel. Lorenz stirbt noch in derselben Nacht.
Er war Schwarz. Deutscher. Hatte Reizgas – mehr nicht.
Der Schütze war nicht allein im Einsatz. Es waren mehrere Polizisten vor Ort. Gegen einen von ihnen wird wegen Totschlags ermittelt.
Dass Schwarze häufiger kontrolliert und härter behandelt werden, ist belegt.
Was sagen die Zahlen?
- Laut EU-Grundrechteagentur (2023) gaben 56 Prozent der befragten Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland an, in den letzten fünf Jahren von der Polizei kontrolliert worden zu sein.
- Von diesen berichteten 43 Prozent, dass sie sich aufgrund ihrer ethnischen Herkunft kontrolliert fühlten, was auf rassistisches Profiling
Die KviAPol-Studie der Uni Bochum (2020) zeigt: 62 Prozent der People of Color fühlten sich bei Polizeikontakten diskriminiert – doppelt so viele wie Menschen ohne Migrationshintergrund.
Was ist das Problem?
Polizisten greifen schneller zu Gewalt, wenn der Betroffene Schwarz ist. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen: Schwarze Männer werden häufiger als Bedrohung wahrgenommen. Auch in Deutschland. Unbewusste Vorurteile wirken. Auch in Uniform.
Der Tod von Lorenz ist kein Einzelfall. Er zeigt ein strukturelles Problem: Wer in Deutschland Schwarz ist, lebt gefährlicher. Wer das nicht sehen will, schaut weg.
Gibt es Alternativen?
Ja. Es geht auch anders.
- Jena, Februar 2025: Ein Mann mit Axt bedroht Polizisten. Er wird überwältigt – kein Schuss.
- Frankenthal, Dezember 2023: Ein Mann greift mit Axt und Messer an. Auch hier: kein Schuss.
Beide waren bewaffnet. Einer war weiß. Von dem anderen ist die Herkunft unklar. Beide leben. Lorenz nicht.
Was muss sich ändern?
Reformen reichen nicht. Es braucht Mut. Und politische Konsequenzen:
- Unabhängige Ermittlungen bei tödlicher Polizeigewalt
- Eine Statistik, die ethnische Zugehörigkeit erfasst
- Schulungen gegen institutionellen Rassismus
Der Fall Lorenz zeigt: Wer in Deutschland Schwarz ist, lebt gefährlicher. Meinung
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Fakt ist auch, dass die Angehörigen des jeweils von der Polizei hingerichteten Opfers vor Gericht nie Recht bekommen. Auch das muss sich ändern. Schulungen gegen institutionellen Rassismus wird keine Wirkung zeigen, da hilft lediglich nur ein Aussortieren von rassistischen und rechtsextremen Beamten bzw. Mitarbeitern im öffentlichen Dienst. Zurück zum Fall Lorenz A.: Wurden die vor Ort anwesenden Beamten denn hinsichtlich Mirgliedschaften in rechtsextremistischen Chat-Gruppen überprüft?