
OLG Oldenburg
Gericht setzt Schöffen wegen rassistischer Posts ab
Ein Schöffe in Niedersachsen wurde wegen rassistischer und islamfeindlicher Posts seines Amtes enthoben – kurz vor einem Prozess gegen einen Rumänen. Er könne seine Furcht vor Überfremdung und Islamisierung in seine Entscheidungen einfließen lassen.
Sonntag, 19.01.2025, 12:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 19.01.2025, 12:19 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat einen Schöffen wegen rassistischer und islamfeindlicher Posts in den sozialen Medien seines Amtes enthoben. Das Amtsgericht Bad Iburg hatte die Absetzung beantragt, weil zu befürchten sei, dass der ehrenamtliche Richter seine Furcht vor Überfremdung und Islamisierung in seine Entscheidungen einfließen lassen könnte, teilte das Amtsgericht in Bad Iburg am Freitag mit. (AZ: 1 OGs 5/24)
Der Schöffe hatte laut dem Gericht mehrere Nachrichten auf seinem öffentlichen Account auf der Social-Media-Plattform X gepostet. So spekulierte er am 4. August 2024, dass in wenigen Jahren bei einem Radiosender anstelle der Morgenandacht ein Muezzinruf zu hören sein werde. Einen Tag später schrieb er: „Was trifft aufs Gefängnis und die Schule gleichermaßen zu? Keiner spricht mehr deutsch.“ Außerdem stellte er die „Deutsche Kultur früher“ Bildern von Muslimen beim Gebet gegenüber, um eine vermeintliche kulturelle Veränderung zu illustrieren. Weitere Beiträge kritisierten die deutsche Asylpolitik. Zudem forderte er härtere Strafen und Abschiebungen bei Straftaten von Geflüchteten.
Schöffen müssen ohne Ansehen der Person urteilen
Nachdem die „Neue Osnabrücker Zeitung“ über seine Aktivitäten in den sozialen Medien berichtet hatte, informierte der Schöffe den Vorsitzenden Richter noch vor einem Prozess gegen einen Rumänen von seinen Posts. Der Richter habe ihn dann als Schöffen in dem konkreten Verfahren ausgeschlossen.
Der Schöffen-Wahlausschuss des Amtsgerichts habe daraufhin die Absetzung beim zuständigen Oberlandgericht in Oldenburg beantragt. Schöffen, also ehrenamtliche Richter, sind wie Berufsrichter unabhängig. Sie müssen jedoch schwören, ihre Pflichten getreu dem Grundgesetz nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Sie müssen ohne Ansehen der Person urteilen und dürfen nur der Wahrheit und Gerechtigkeit dienen. Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz ist ein Schöffe seines Amtes zu entheben, wenn er diese Pflichten gröblich verletzt.
Oberlandesgericht: Amtsenthebung nicht zu vermeiden
Schöffen haben insbesondere das in Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Diskriminierungsverbot nach Rasse, Herkunft und Glaube zu beachten. Das Oberlandesgericht unterstrich, dass der Schöffe sich nicht auf sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung berufen könne. Dieses Grundrecht sei durch die Pflicht zur Verfassungstreue beschränkt. Mit seinen Posts habe der Schöffe derart deutliche Signale gesetzt, dass seine Amtsenthebung nicht zu vermeiden sei.
Opferberatungen warnen immer wieder vor Versuchen rechtsgerichteter Gruppen, Einfluss auf Schöffenämter zu nehmen. Diese rufen ihre Anhänger dazu auf, sich als Laienrichter zu bewerben, um möglicherweise Strafprozesse zu beeinflussen und an sensible Daten politischer Gegner zu gelangen. Um das zu verhindern, berieten Bund und Ländern über Änderungen des Richtergesetzes. In manchen Bundesländern wurden die Aufnahmeverfahren verschärft. (epd/mig) Aktuell Panorama
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