Islamkritische Posts
Gericht prüft Abberufung von Schöffen
Kann jemand Richter sein, der ausländer- und islamkritische Posts in sozialen Netzwerken verbreitet? Diese Frage muss das Amtsgericht Bad Iburg prüfen. Es geht um einen Schöffen, der für die FDP im Stadtrat sitzt.
Montag, 21.10.2024, 11:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 21.10.2024, 11:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ein als Schöffe tätiger Kommunalpolitiker aus dem Landkreis Osnabrück hat mit ausländer- und islamkritischen Posts auf der Plattform X auf sich aufmerksam gemacht – nun prüft das Amtsgericht Bad Iburg, ob der Mann grundsätzlich weiter als ehrenamtlicher Richter infrage kommen kann. „Es wird geprüft, ob die bereits bestehenden Erkenntnisse dafür ausreichen, die mangelnde Eignung für dieses Amt festzustellen“, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts. Zuvor hatte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ darüber berichtet.
Der Schöffe, der für die FDP im Stadtrat von Georgsmarienhütte sitzt, hatte am Montag von sich aus den Vorsitzenden Richter in einer Strafsache auf die Berichterstattung auf seine umstrittenen Posts hingewiesen. Laut Amtsgericht hatte er auf X in Nachrichten und Memes wiederholt härtere Strafen und Abschiebungen gefordert und den deutschen Rechtsstaat als „Gespött der Nation“ kritisiert.
Besorgnis der Befangenheit
Daraufhin schloss der Richter den Schöffen wegen der Besorgnis der Befangenheit in diesem Fall von dem Richteramt aus und bestellte einen Ersatzschöffen. Es gehe nicht um die Frage, ob der ehrenamtliche Richter tatsächlich befangen sei, sondern ob ein Angeklagter in der konkreten Situation den Eindruck haben könnte, dass der Richter nicht mehr neutral oder unparteiisch handeln könne, hieß es.
Grundsätzlich sei es auch Richtern erlaubt, sich politisch zu betätigen. Problematisch sei es aber, wenn die Äußerungen nicht mehr sachlich seien, und das sei in diesen Fällen so, erklärte der Gerichtssprecher. In dem Strafverfahren muss sich ein rumänischer Staatsbürger wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs verantworten.
Verteidigung der Posts
Der Kommunalpolitiker verwies auf Anfrage auf seine Äußerungen in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dort hatte er erklärt: „Die Beiträge auf Plattformen wie ‚X‘ mögen überspitzt sein, sie weisen aber auf die Notwendigkeit hin, diese gesellschaftlich relevanten Themen sachlich zu diskutieren.“ Aus seiner Sicht würden Meinungen, die vom Mainstream abweichen, schnell als extrem eingestuft.
Darin sehe er eine „Verweigerung sachlicher Auseinandersetzung“ vor allem bei Themen, die als politisch heikel gelten würden. Letztlich verschaffe das politisch extremen Parteien Zulauf. Interkultureller Dialog sei wichtig. Er habe bei einem Sommerfest der „islamischen Gemeinde“ seines Heimatorts viele wertvolle Gespräche geführt.
Endgültige Entscheidung liegt beim Oberlandesgericht
Ob der ehrenamtliche Richter nun nach Ansicht des Amtsgerichts dauerhaft von der Schöffenliste gestrichen werden sollte, stehe vorerst nicht fest, sagte der Gerichtssprecher. Die Prüfung werde einige Wochen dauern. Über einen entsprechenden Antrag müsse nach Paragraf 51 des Gerichtsverfassungsgesetzes am Ende ein Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg entscheiden.
Er stehe für die nächsten Verhandlungen wieder zur Verfügung, sagte der Kommunalpolitiker. Seinen Social-Media-Account habe er zunächst deaktiviert. Damit sind die umstrittenen Posts nicht mehr verfügbar.
Prüfungen im Einzelfall
Nach Angaben der Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums komme es häufiger vor, dass ein Schöffe sich als befangen fühle. „Befangen kann ich ja auch sein, wenn der Angeklagte mein Nachbar ist“, sagte sie.
Richter dürften politisch aktiv sein, unterlägen aber auch einer gewissen Neutralitätspflicht. Ob sich überspitzte und polemische Äußerungen mit dieser Pflicht zur Neutralität vereinbaren lassen, sei so allgemein nicht zu beantworten: „Es kommt immer auf den Einzelfall an, es kommt immer auf den Kontext an und darauf, was man sagt.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama
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