Neu im Land?
Eigenheim bauen: Orientierung im deutschen Bürokratiedschungel
Bauherren müssen in Deutschland zahlreiche Bauvorschriften beachten. Das gilt auch für neu Eingewanderte. Sie stehen dann oft vor einem Bürokratiedschungel. Nicht einfach, den Überblick über die Baubestimmungen und die richtigen Behörden zu haben.
Donnerstag, 18.07.2024, 0:08 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 19.07.2024, 12:38 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Für Einwanderer, die ein Eigenheim gründen möchten, ist der deutsche Bürokratiedschungel zutiefst verwirrend. Damit befinden sie sich in guter Gesellschaft, denn auch Deutsche stöhnen beständig über das an Detailreichtum kaum zu überbietende Regelwerk, welches die Bautätigkeiten in Deutschland reguliert. Im Zuge der regenerativen Energiewende hat der bürokratische Wust weiter zugenommen, um die angestrebte Energieeffizienz neuer Gebäude sicherzustellen.
Dies ist sicherlich ein wesentlicher Grund für die momentane Baukrise in Deutschland. Verstöße gegen die Bauvorschriften können mit einer Geldbuße bis 50.000 Euro geahndet werden. Dieser Ratgeber zum Hausbau ersetzt keine gründliche, fachkundige Beratung, bietet Bauherren allerdings eine erste Orientierung.
Energieeffizienz von Gebäuden
Die neuen Anforderungen in puncto Energieeffizienz finden sich im Gebäudeenergiegesetz (GEG). Das neue Gesetz, das im Volksmund wenig liebevoll als „Habecks Heizungshammer“ bekannt ist, hat Bauherren bei der Wahl der Heizung ein Heizsystem zur Verpflichtung gemacht, das sich zu mindestens 65 Prozent aus regenerativen Energiequellen speist.
Gedacht hat der Gesetzgeber dabei in erster Linie an die Wärmepumpe, die diese Anforderungen erfüllt. Wärmepumpenstrom finden Eigentümer bei Energieversorgern wie E.ON. Das Unternehmen gehört auf dem deutschen Energiemarkt mit zu den Versorgern, die vollständig grünen und damit emissionsneutralen Strom anbieten – ein wichtiges Kriterium für alle Verbraucher mit einem grünen Daumen.
Weiterhin sind die Richtlinien der Energieeinsparverordnung (EnEV) beim Gebäudebau zu beachten. Bis 2050 strebt die Bundesregierung die vollständige Emissionsneutralität von Gebäuden an. Dabei betreffen die Vorschriften der EnEV unter anderem die Heizungs- und Klimatechnik, das Lüftungskonzept sowie den Grad der Wärmedämmung im Gebäude. Ebenso ist in manchen Bundesländern die Installation einer PV-Anlage für Neubauten Pflicht.
Die Energieeffizienz eines Gebäudes wird durch den Energieausweis belegt. Bei der Energieeffizienz des Gebäudes kann es sich lohnen, über die gesetzlichen Bestimmungen hinauszugehen, weil für energieeffiziente Maßnahmen großzügige Fördergelder von der KfW, vom BAFA oder regionalen Förderbanken winken.
Der Bebauungsplan
Der erste Schritt ist die Einholung der Baugenehmigung bei der Baubehörde. Bauherren können sich zu diesem Zweck an das Bauamt wenden. Der Bebauungsplan regelt, was überhaupt gebaut werden darf, um zu verhindern, dass Flächen willkürlich zugebaut werden und den einheitlichen Siedlungscharakter zu wahren. Hier wird für jede Parzelle exakt bestimmt, welche Bauvorschriften und -voraussetzungen gelten.
Einsicht in den Bebauungsplan bietet die zuständige Gemeindeverwaltung. Unter anderem werden im Bebauungsplan die folgenden Details geregelt:
- Höchstzahl der Stockwerke
- Art und Farbe der Fassadengestaltung
- erlaubte Nutzungsform des Gebäudes
- zulässige Gebäudetypen
- offene oder geschlossene Bauweise
- Kennzeichnung nicht bebauter Flächen
- erlaubte Dachformen und Firstausrichtungen
- Verhältnis von bebauter Fläche und Grundstücksgröße
- Mindestabstand zu Nachbargrundstücken
Das Grundbuch und weitere Dokumente
Neben dem Bebauungsplan ist das Grundbuch für das Bauprojekt ein wichtiges Dokument, weil in diesem die aktuellen Eigentumsverhältnisse sowie sämtliche Rechte, die mit dem Grundstück in Beziehung stehen, verzeichnet sind. Dabei kann es sich um das Wegerecht von Nachbarn oder das Wohnrecht von Dritten handeln. Auf jeden Fall schützt der Blick in das Grundbuch vor unliebsamen Überraschungen. Einsicht in das Grundbuch erhalten Bauherren über das Grundbuchamt.
Weiterhin können im Baulastenverzeichnis Bauvorschriften aufgeführt sein, die über den Regelkanon des Bebauungsplans hinausgehen. Das Baulastenverzeichnis ist auf Antrag über das Bauamt einsehbar. Abschließend verfügt die Bodenschutzbehörde über ein Altlastenkataster, sodass sich Bauherren über die Unbedenklichkeit von Grundwasser und Boden auf ihrem Grundstück informieren können.
Die Einfriedung des Gebäudes
Der Aufbau von Zäunen um das Gebäude herum wird nach deutschem Recht als Einfriedung behandelt und ist ebenfalls an eine Baugenehmigung gekoppelt. Bauherren haben allerdings die Möglichkeit, der Genehmigungspflicht durch eine Pflanzenhecke auszuweichen, die nicht genehmigungspflichtig ist.
Für meterhohe Hecken eignen sich vor allem Koniferen wie Leyland-Zypresse, Scheinzypresse, Eibe und Thuja sowie Efeu, Glanzmispel, Stechpalme und Kirschlorbeer.
Sicherheit geht vor
Neben den Anforderungen für Energieeffizienz müssen Neubauten gehobenen Sicherheitsansprüchen genügen. Verlangt wird für die Sicherheit ein Brandschutznachweis, ein Schallschutznachweis, um allen Bewohnern ein Recht auf eine angemessene Wohnruhe zukommen zu lassen, sowie ein Wärmeschutz.
Eine ausreichende Entwässerungsplanung ist notwendig, um bei der Errichtung des Fundamentes das Grundwasser nicht zu verschmutzen. Ist zu diesem Zweck die Absenkung des Grundwassers nötig, muss ein Antrag auf Grundwasserabsenkung bei der zuständigen Wasserbehörde gestellt werden.
Ebenso muss die Statik des Gebäudes nach den Buchstaben der Landesbauordnung (LBO) einwandfrei sein, wofür Bauherren eine Bescheinigung zur Übereinstimmung von Planung und Ausführung zur Standsicherheit benötigen. Zu den geforderten Dokumenten gehören abschließend das Schornsteinfegerabnahmeprotokoll und der Drucktest für die Abwasserleitung.
Wir empfehlen zur Gewährleistung all dieser Rahmenbedingungen die enge Zusammenarbeit mit dem Architekten. Die Einbindung eines Sachverständigen kann helfen, die letzten strittigen Fragen für das Bauprojekt zu klären. (dd) Panorama
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