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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte © de.depositphotos.com

Wegweisendes Klima-Urteil

Europäischer Gerichtshof: Klimaschutz ist Menschenrecht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wegweisende Klima-Urteile gesprochen: Die sogenannten Klimaseniorinnen siegten, Jugendliche aus Portugal scheiterten hingegen mit ihrer Klage. Die Urteile stellen wichtige Präzedenzfälle dar. Klimaforscher begrüßen Urteil.

Dienstag, 09.04.2024, 15:01 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 09.04.2024, 17:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat geurteilt, dass Staaten gegen Menschenrechte verstoßen, wenn sie zu wenig für den Klimaschutz tun. Der mangelhafte Klimaschutz der Schweiz habe das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der Europäischen Konvention für Menschenrechte verletzt, entschieden die Straßburger Richter am Dienstag in einem wegweisenden Klima-Urteil. Geklagt hatte der Schweizer Verein der Klimaseniorinnen.

Zwei weitere Klima-Klagen scheiterten aus formellen Gründen vor dem Gerichtshof. Auch Jugendliche aus Portugal und ein französischer Bürgermeister hatten wegen Folgen des Klimawandels geklagt.

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Recht auf Schutz durch vor den Auswirkungen des Klimawandels

Die Klage der Schweizer Seniorinnen gilt als erste Klima-Klage, die vor dem Menschenrechtsgerichtshof verhandelt wurde. Die von Greenpeace unterstützte Gruppe wollte damit erreichen, dass die Schweiz ihre Treibhausgasemissionen stärker reduzieren muss. Die Seniorinnen argumentierten, dass sie durch ihr Alter besonders durch den Klimawandel gefährdet seien, beispielsweise wegen großer Hitze.

Die Straßburger Richter gaben den Frauen recht. Der Gerichtshof stellte fest, dass Artikel 8 der Menschenrechtskonvention ein Recht auf wirksamen Schutz durch die staatlichen Behörden vor den schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität beinhaltet. Das Urteil bindet nur die Schweiz, schafft darüber hinaus aber einen Präzedenzfall für weitere Klima-Klagen auch vor nationalen Gerichten.

Zwei weitere Klagen aus formellen Gründen abgelehnt

In zwei weiteren Fällen wies der Gerichtshof am Dienstag die Klage ab. In einem Fall hatten Jugendliche aus Portugal eine Klima-Klage eingereicht. Auslöser waren verheerende Waldbrände im Jahr 2017. Die Kläger warfen ihrem Heimatland, Deutschland und weiteren europäischen Staaten vor, die Klimakrise verschärft zu haben und damit die Zukunft ihrer Generation zu gefährden. Die Straßburger Richter entschieden am Dienstag, die Jugendlichen hätten sich zuerst in Portugal durch die Instanzen klagen müssen, bevor sie den Gerichtshof in Straßburg anrufen.

Im dritten Verfahren ging es um die Klage eines ehemaligen französischen Bürgermeisters. Auch er hatte wegen mangelhaften Klimaschutzes gegen sein Heimatland Frankreich geklagt. Seine Klage wurde abgewiesen, weil er nicht als Opfer der potenziellen Menschenrechtsverletzung betroffen sei. Der Mann lebt aktuell nicht in Frankreich.

Klimaforscher begrüßen Urteil

Klimaforscher haben das Urteil begrüßt. Dass das Gericht dem Verein der Schweizer Klimaseniorinnen recht gegeben und unzureichende Klimapolitik als menschenrechtsverletzend anerkannt habe, „ist bahnbrechend“, erklärte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, am Dienstag: „Dieses Urteil sollte auch andere Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen erinnern: Wer sich Klimaziele setzt, ist dafür verantwortlich, diese einzuhalten.“

Edenhofer betonte zugleich, Europa könne das „1,5-Grad-Celsius-Ziel“ des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung alleine nicht halten. Auch die Schweiz trage hier nicht alleine die Verantwortung. Verantwortlich für die Bekämpfung des Klimawandels sei die gesamte internationale Staatengemeinschaft, vor allem die Hauptemittenten. Es seien bindende Mechanismen über Staatsgrenzen hinweg nötig, um Kooperation zu ermöglichen. Ko-Direktor Johan Rockström erklärte, zum ersten Mal habe sich ein internationales Gericht zum Klimawandel als Menschenrechtsfrage geäußert. Dies werde wichtige Auswirkungen für alle Politiker, insbesondere für die Regierenden haben.

Der EGMR ist für die Einhaltung der Menschenrechtskonvention zuständig. Er ist ein Organ des Europarates. Zu diesem zählen unter anderem die EU-Staaten, die Schweiz, Großbritannien und die Türkei. (epd/mig) Leitartikel Recht

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