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Die italienische Flagge © greghristov @ pixabay.com (CC0), bearb. MiG

Prozess gegen „Iuventa“-Crew?

Gericht in Italien entscheidet weiteres Vorgehen gegen Seenotretter

Seit fast sieben Jahren geht Italien juristisch gegen die Besatzung des Rettungsschiffs „Iuventa“ vor. Nun steht eine Entscheidung bevor, ob es mit einem Hauptverfahren weitergeht oder nicht. Der Richterspruch könnte Signalwirkung haben.

Von Mittwoch, 28.02.2024, 13:46 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 21.04.2024, 11:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Am 2. August 2017 wurde das Seenotrettungsschiff „Iuventa“ von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Der Vorwurf gegen die Besatzung: Zusammenarbeit mit Schleppern. Seitdem wird gegen sie ermittelt, das Vorverfahren im sizilianischen Trapani läuft seit fast drei Jahren. Nun könnte die Entscheidung fallen, ob gegen die Crew ein Hauptverfahren eröffnet wird. Am Mittwoch sollten die Plädoyers beginnen, der Richter könnte am Samstag seinen Beschluss fällen.

Sollte es zu einem Hauptprozess kommen, drohen den Seenotretterinnen und -rettern bis zu 20 Jahren Haft wegen „Beihilfe zu irregulärer Einwanderung“. Die Beschuldigten sprechen von Beginn an von einem politisch motivierten Verfahren.

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Mittelmeer, einer der gefährlichsten Fluchtrouten

Die „Iuventa“ der Berliner Organisation „Jugend Rettet“, die im Sommer 2016 erstmals in See stach, war eines der ersten privaten Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer. Zwischen Juli 2016 und ihrer Beschlagnahmung half die Crew nach eigenen Angaben mehr als 14.000 Geflüchteten aus Seenot, die nach Europa gelangen wollten. Das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Seit 2014 sind den Vereinten Nationen zufolge mehr als 29.000 bei der Überquerung gestorben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer könnte demnach deutlich höher liegen.

Nach fast fünf Jahren Ermittlungen begannen die Vorverhandlung gegen die „Iuventa“-Crewmitglieder am 21. Mai 2022 auf Sizilien. Im Juli 2023 entschied das Kassationsgericht in Rom, das Vorverfahren auf fünf Gerichtsstandorte aufzuteilen, da nicht alle Anklagepunkte in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft von Trapani fielen. Von anfangs 21 stehen dort aktuell noch 10 Personen vor Gericht. Darunter sind vier deutsche Angeklagte, die zur Crew der Iuventa gehören. Andere fuhren Rettungseinsätze auf dem Schiff „Vos Hestia“ der Kinderhilfsorganisation „Save the Children“ und der „Vos Prudence“ von „Ärzte ohne Grenzen“.

Verteidiger von Menschenrechten sollten nicht vor Gericht stehen

Unterstützt werden die Seenotretterinnen und -retter von Menschenrechtsorganisationen, die das Vorgehen der italienischen Justiz immer wieder kritisieren. Auch die Sonderberichterstatterin zur Lage von Menschenrechtsverteidigern beim UN-Menschenrechtsrat, Mary Lawlor, forderte jüngst von Italien die Einstellung des Verfahrens gegen die Seenotretter. „Die Verteidiger von Menschenrechten sollten von Staaten unterstützt werden und nicht vor Gericht stehen“, sagte sie in einem Video, das sie am Montag auf dem Internetdienst X (vormals Twitter) verbreitete.

Auch heute geht die rechtsnationalistische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gegen Seenotrettungsorganisationen vor und setzt ihre Schiffe fest. Doch auch weniger rechte Regierungen haben den Helferinnen und Helfern das Leben schwer gemacht. Als die „Iuventa“ beschlagnahmt wurde, war der Sozialdemokrat Paolo Gentiloni (Partito Democratico/PD) Ministerpräsident. Der damalige Innenminister Marco Minniti (ebenfalls PD) hatte kurz zuvor die Seenotretter gedrängt, einen Verhaltenskodex zu unterzeichnen. Die meisten weigerten sich. Auf Gentiloni folgten im Amt Giuseppe Conte und Mario Draghi (beide parteilos) vor Meloni. (epd/mig) Aktuell Ausland

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