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Berliner Skyline © de.depositphotos.com

Lob und Kritik

Berlin kippt umstrittene Antisemitismus-Klausel

Berlin zieht die umstrittene Antisemitismus-Klausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen zurück. Begründung: juristische Bedenken. Die Entscheidung stößt auf ein geteiltes Echo. Jetzt könnte der Kampf gegen Antisemitismus in der Verfassung verankert werden.

Dienstag, 23.01.2024, 11:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.01.2024, 12:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wegen juristischer Bedenken hat Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) die Antidiskriminierungs-Klausel bei Fördermitteln gekippt. „Aufgrund von juristischen Bedenken, dass die Antidiskriminierungsklausel in dieser Form nicht rechtssicher sei, wird diese ab sofort keine Anwendung in Zuwendungsbescheiden mehr finden“, teilte die Kulturverwaltung am Montag mit. Das Ziel einer „diskriminierungsfreien Kultur“ bleibe aber bestehen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bekräftigte am Dienstag seine Forderung, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Verfassung des Landes zu verankern.

„Ich werde mich weiter für die diskriminierungsfreie Entwicklung der Berliner Kultur einsetzen. Ich muss aber die juristischen und kritischen Stimmen ernst nehmen, die in der eingeführten Klausel eine Beschränkung der Kunstfreiheit sahen“, sagte Chialo laut Mitteilung. Die Debatten brauche man jetzt mehr denn je.

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Kampf gegen Antisemitismus in Verfassung

Die neue Förderklausel hatte kurz nach Bekanntwerden Anfang Januar bei Kulturschaffenden für Kritik gesorgt, weil sie die Kunst- und Meinungsfreiheit gefährdet sahen. In einem offenen Brief hatten sich zahlreiche Vertreter aller Kultursparten etwa gegen einen von ihnen so bezeichneten „Bekenntniszwang“ und „die politische Instrumentalisierung von Antisemitismusklauseln“ gewandt.

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Berlins Bürgermeister Wegner zufolge zeigt die Diskussion, „dass es wichtiger denn je ist, eine klare Haltung zu zeigen“. Über eine Änderung der Landesverfassung werde nun in der Koalition, im Senat und im Abgeordnetenhaus beraten, erklärte Wegner. Er verwies darauf, dass er bereits Mitte November vorgeschlagen hatte, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Er fühle sich jetzt in seiner Haltung bestärkt. Antisemitismus habe in Berlin keinen Platz: „Das ist und das bleibt eine unverhandelbare Grundüberzeugung dieses Senats.“

Lob und Kritik an Chialos Entscheidung

Die kulturpolitische Sprecherin der Berliner Linken-Fraktion, Manuela Schmidt, hält die vorerst getroffene Entscheidung, die Klausel zurückzuziehen, für richtig: „Der Senator nimmt damit die ausgestreckte Hand der Künstlerinnen und Künstler, deren Bedenken und Verunsicherung ernst. Dafür gebührt ihm Respekt“, teilte Schmidt am Montag mit. Chialo habe nun einen Weg für eine wichtige Diskussion darüber eröffnet, wie „die Gesellschaft und ihre Kulturschaffenden gemeinsam gegen Antisemitismus, Rassismus und jegliche Form der Diskriminierung aufstehen und handeln können.“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Berlin und Brandenburg sah das anders – und bedauerte den Schritt. „Angesichts des seit dem 7. Oktober zu Tage getretenen Antisemitismus auch in Teilen der Kulturszene wäre diese Klausel eine Chance gewesen, seitens des Senats ein deutliches Stoppsignal zu setzen“, sagte der Vorsitzende Jochen Feilcke laut einer Mitteilung. „Chialo hätte es auf juristische Auseinandersetzungen ankommen lassen können.“ Antisemitismus sei keine Meinung und könne sich auch nicht auf die Kunstfreiheit berufen.

Klausel vor rund einem Monat eingeführt

Die Kulturverwaltung hatte Anfang Januar mitgeteilt, Empfänger von öffentlichen Fördergeldern mittels einer Klausel unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus zu verpflichten. Grundlage dafür sollten eine Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) und ihre durch die Bundesregierung ergänzte Erweiterung sein. Kulturschaffende hatten in dem offenen Brief die Kulturverwaltung für die Wahl dieser Definition kritisiert.

Chialo wollte mit der Klausel nach eigenen Worten bewirken, dass mit öffentlichen Mitteln nicht rassistische, antisemitische, queerfeindliche oder anderweitig ausgrenzende Ausdrucksweisen gefördert werden. Laut Angaben der Kulturverwaltung von Montag war die Klausel schon vor rund einem Monat eingeführt worden. Sie arbeite nun an Austauschformaten, um den Diskurs mit den Institutionen und Kulturschaffenden in den kommenden Monaten zu verstärken. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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