Klimakonferenz
„Die Verschmutzer säubern ihr Gewissen“
Dürren, Fluten und Stürme bedrohen jetzt schon die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen in Afrika. Die Erwartungen an die in wenigen Tagen beginnende Klimakonferenz in Dubai sind groß - ebenso der Vorwurf an reiche Staaten.
Von Birte Mensing Mittwoch, 22.11.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22.11.2023, 15:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Erwartungen afrikanischer Staaten vor der Weltklimakonferenz in Dubai sind groß. Es brauche „ehrgeizige, ausgewogene, faire und gerechte Ergebnisse, um die Welt auf Kurs zu bringen“, erklärte der Leiter der afrikanischen Verhandlungsgruppe, Ephraim Shitima, im Internetdienst X, ehemals Twitter.
Es sind immer wieder die gleichen Sätze, in der Hoffnung, dass sie irgendwann wirken. Afrika trägt nur etwa vier Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei, aber die Folgen des Klimawandels sind auf dem Kontinent bereits deutlicher zu spüren als anderswo. Dürren und Fluten werden häufiger, wie zuletzt in Teilen Ostafrikas. Millionen von Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage.
Die Denkfabrik „Global Center on Adaption“ schätzt, dass afrikanischen Volkswirtschaften bis 2035 bis zu sechs Billionen US-Dollar an Wirtschaftswachstum einbüßen werden, weil Geld fehlt, um sich an den Klimawandel anzupassen.
Der wunde Punkt
Der Kenianer George Tsitati forscht an der Universität im schottischen Edinburgh dazu, wie unter lokaler Führung Maßnahmen gegen die vom Klimawandel verursachten humanitären Krisen in Ostafrika gefunden werden können. „Der wunde Punkt ist Armut“, sagt er. „Die Auswirkungen von Klimakrise und Armut verstärken sich gegenseitig.“
Ein Drittel der etwa 1,4 Milliarden Menschen auf dem afrikanischen Kontinent lebt unterhalb der Armutsgrenze, also von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag. Und die Wirtschaft vieler Länder ist extrem von der Natur und ihren Ressourcen abhängig. Etwa Dreiviertel der Menschen leben von der Landwirtschaft, der Großteil ist auf Regen angewiesen, um die Felder zu bewässern. Die Regenzeiten aber werden immer unvorhersehbarer. Es müsse dringend in Bildung investiert werden, damit Menschen anders als mit Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt bestreiten können, sagt Tsitati.
CO2 als Geschäftsmodell
Im September hatte Kenias Präsident William Ruto zum ersten Afrikanischen Klimagipfel nach Nairobi eingeladen. Er präsentiert sich als wichtige Stimme Afrikas in der Klimapolitik, vor allem zum Thema erneuerbare Energie. Kenia will bis 2030 seine gesamte Energie aus erneuerbaren Quellen gewinnen – und ist tatsächlich nicht weit vom Ziel entfernt. Doch nicht alle Staaten waren beim Gipfel vertreten. Südafrika und Uganda zum Beispiel fehlten. Beides Länder, in denen fossile Energieträger gefördert werden.
Bei der Konferenz in Nairobi wurde auch über CO2-Kompensation als Geschäftsmodell für den Kontinent diskutiert. Die Idee: Firmen oder Länder bezahlen Geld dafür, dass CO2 anderswo eingespart wird, etwa indem Flächen für die Aufforstung genutzt oder der Renaturierung überlassen werden. Der Klimawissenschaftler Tsitati sieht das Thema, das auch in Dubai auf der Tagesordnung stehen wird, kritisch. Große Flächen dafür zu blockieren, gefährde die Lebensgrundlage der ärmsten Bevölkerungsgruppen.
Verschmutzer säubern ihr Gewissen
Gerade mit Blick auf die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung des Kontinents sei es wichtig zu überlegen, ob afrikanische Länder Flächen für den CO2-Ausgleich anderer Länder freigeben wollen. „Die Verschmutzer säubern ihr Gewissen und machen einfach weiter“, sagt Tsitati. Und so werde weiter Klimapolitik gemacht, die am Ende vor allem reichen Ländern nutze.
Tsitati kritisiert auch, dass die Delegationen afrikanischer Länder zumindest zum Teil nur als Bittsteller auf den Klimakonferenzen wahrgenommen würden. Afrika werde nur als Klimaopfer dargestellt. Dass Menschen auf dem Kontinent Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel entwickeln, werde übersehen. (epd/mig) Aktuell Panorama
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