Monolog

Antisemitismus statt Muslimfeindlichkeit auf der Islamkonferenz

Eigentlich sollte es auf der Islamkonferenz um Muslimfeindlichkeit gehen. Stattdessen stand Antisemitismus auf der Tagesordnung. Innenministerin Faeser redete sie den Islamverbänden ins Gewissen. Einen Dialog gab es nicht.

Dienstag, 21.11.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.11.2023, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach den Auseinandersetzungen über den Nahost-Konflikt auch auf deutschen Straßen ist das Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt des diesjährigen Treffens der Deutschen Islamkonferenz gerückt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte dort am Dienstag von muslimischen Verbänden ein deutlicheres Bekenntnis gegen Judenhass. Sie appelliere gerade an die großen Islamverbände, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben, sagte Faeser am Dienstag in Berlin. Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus zu stellen, ohne dies auch in Moscheen oder den eigenen Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, sagte sie.

Die Innenministerin unterstrich, dass sich Antisemitismus in vielen Formen in Deutschland zeige. Man müsse dabei anerkennen, „dass wir ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“, sagte sie. Auch Altbundespräsident Christian Wulff appellierte an die Islamverbände, sich deutlicher gegen Judenhass zu positionieren. Freitagsgebete der vergangenen Wochen, in denen die Terrortaten der Hamas gegen Israel begrüßt wurden, hätten ihn betroffen gemacht, sagte Wulff. In wie vielen Freitagsgebeten der bundesweit knapp 3.000 Moscheen der Hamas-Terror begrüßt worden sein soll, nannte Wulff nicht.

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Zugleich wandte sich Faeser gegen einen Generalverdacht gegen Muslime. Der Staat handele nicht gegen eine Religion, sondern gegen islamistischen Terrorismus. Warum sie ihren Appell dann an die großen islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland richtete, ließ Faeser offen. Es gebe Muslime und Moscheegemeinden, die sich gegen Antisemitismus engagierten, erklärte die Ministerin weiter. Deren Stimme müsse lauter werden, sagte Faeser, die zum diesjährigen Treffen auch kleinere und liberale Islam-Vereine eingeladen hatte, während der Zentralrat der Muslime in diesem Jahr nicht auf der Teilnehmerliste stand.

Antisemitismus statt Muslimfeindlichkeit

Schwerpunkt der Islamkonferenz sollte in diesem Jahr das Thema Muslimfeindlichkeit werden, nachdem der von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Expertenkreis im Sommer seinen ausführlichen Bericht vorgelegt hatte, woraus hervor, dass Islamfeindlichkeit in Deutschland weit verbreitet ist. Die Gewalteskalation im Nahost nach dem 7. Oktober und darauf folgende antisemitische Reaktionen bei Demonstrationen in Deutschland führten dazu, dass das Innenministerium die Agenda änderte. Antisemitismus wurde als Thema ergänzt, am Ende zum eigentlichen Schwerpunkt der Tagung. Auf den Podien am Dienstag redeten Regierungsvertreterinnen, Wissenschaft, Kommunen und Sicherheitsbehörden miteinander. Ein Vertreter der muslimischen Community oder der islamischen Religionsgemeinschaften war nicht dabei.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, die Islamkonferenz habe zurecht Antisemitismus als drängendes Problem identifiziert. „Zugleich dürfen wir Muslimfeindlichkeit nicht aus den Augen verlieren“, sagte sie. Beide Phänomenbereiche seien in der Gesellschaft verankert.

Alabali-Radovan: Antimuslimischen Rassismus nicht unterschätzen

Auch die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD) warnte davor, antimuslimischen Rassismus zu unterschätzen oder gar beide Gruppen gegeneinander auszuspielen. „Wir dürfen diese Spaltung nicht zulassen“, sagte sie.

Die Deutsche Islamkonferenz wurde 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ursprünglich als Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen ins Leben gerufen. Themen des Dialogs waren unter anderem die Etablierung von Religionsunterricht und Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie an deutschen Universitäten. Zuletzt wurde vor allem über die Ausbildung von Imamen in Deutschland verhandelt. Bei der Fachtagung am Dienstag spielte das Thema aber keine Rolle. (epd/mig) Leitartikel Politik

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