Kriminalisierung?
Seenotrettung: Politiker von FDP und Grünen fordern Klarheit
Das neue Schleuser-Gesetz soll Menschenschmugglern das Leben erschweren. Es könnte dem Wortlaut nach aber auch Seenotretter kriminalisieren. Das Innenministerium verneint, doch es gibt unterschiedliche Auffassungen.
Sonntag, 12.11.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.11.2023, 15:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Angesichts der Sorgen von Seenotrettern wegen eines Gesetzentwurfs von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kommen aus FDP und Grünen Rufe nach Klarstellung. Dabei geht es um Paragraf 96 des Aufenthaltsgesetzes, der das Einschleusen von Ausländern regelt. Zivile Seenotrettungsorganisationen fürchten angesichts des Gesetzestextes Strafverfolgung.
Das Bundesinnenministerium wies die Sorge als unbegründet zurück. „Wir haben den Kampf gegen das skrupellose und menschenverachtende Geschäft der Schleuser deutlich verschärft – sowohl mit den grenzpolizeilichen Maßnahmen als auch mit den vorgeschlagenen strafrechtlichen Änderungen“, sagte ein Sprecher.
Wegfall des finanziellen Vorteils
Es sei aber „ausdrücklich nicht zutreffend, dass die zur Rettung von Menschenleben erfolgende Tätigkeit von privaten Seenotrettern künftig durch eine etwaige Strafbarkeit erschwert werden soll“. Menschen aus dem Meer vor dem Ertrinken zu retten, sei keine Schleusungshandlung. Während Schleuser Menschenleben aufs Spiel setzten, retteten Seenotretter Menschen vor dem Ertrinken.
Ein Blick in das neue Regelwerk, zeigt, dass ein finanzieller Vorteil kein Kriterium mehr sein soll für die Strafbarkeit. Bisher wurden vom Gesetz Schleuser erfasst, die Menschen gegen Geld in ein Land bringen. Künftig wäre diese Handlung auch dann strafbar, wenn es keinen finanziellen Vorteil gibt, so wie bei Seenotrettern, die gerettete Menschen selbstlos retten und aufs Land bringen.
Grüne sehen Angriff auf zivile Seenotrettung
Unter den Abgeordneten gibt es ebenfalls unterschiedliche Auffassungen. „Seenotretter, die zwar nicht zum eigenen Vorteil handeln, aber Flüchtlinge systematisch in die EU bringen, machen sich gewollt oder ungewollt zum Bestandteil des kriminellen Schleusersystems und können sich dann unter Umständen auch selbst strafbar machen. Dies muss im Gesetzentwurf deutlich werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke sagte: „Wenn diese Gesetzesänderung so beschlossen würde, wäre es ein Angriff auf die zivile Seenotrettung und damit auf diejenigen, die Flüchtende jeden Tag vor dem Ertrinken retten.“ Er erwarte von Faeser, die Verschärfung zurückzunehmen.
Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung?
Der Vorsitzende der Organisation Sea-Eye hatte zuvor beklagt, der Entwurf würde die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung ermöglichen. Ein Sprecher der Bundesregierung hatte die Bedenken am Mittwoch zurückgewiesen und mit Blick auf die zivile Seenotrettung gesagt: „Derartige Handlungen sind als gerechtfertigt anzusehen, um Gefahren für Leib und Leben abzuwenden.“
Der SPD-Politiker Sebastian Hartmann sagte der Mediengruppe Bayern, dass es keiner rechtlichen Klarstellung im Gesetzesentwurf bedürfe, „da bereits heute nach Paragraf 34 im Strafgesetzbuch Menschen, die eine Gefahr von sich oder einer dritten Person abwenden, nicht rechtswidrig handeln“. Ob das Gesetz nach der Rettungshandlung im Mittelmeer auch die Überfahrt der Menschen nach Europa von der Strafbarkeit ausschließt, ließ Hartmann offen. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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