Rassistische Schöffen

Wenn Ausländer härter bestraft werden als Deutsche

Niedrige Bewerberzahlen für Schöffen-Posten sorgen für Bedenken - und führen zu einer Frage: Wie kann die Attraktivität dieses wichtigen Amtes gestärkt werden? Dabei geht es auch um Diversität und Verfassungstreue.

Mittwoch, 11.10.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.10.2023, 17:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wie kann man verhindern, dass Extremisten als Schöffen Einfluss auf Urteile von Gerichten nehmen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich am Freitag eine Konferenz zur Wahl von Schöffinnen und Schöffen befasst hat. Nach Angaben der Organisatoren war es die bundesweit erste Veranstaltung dieser Art.

Ehrenamt – ob Sport, Freiwillige Feuerwehr oder eben das Schöffenwesen – sei generell anfällig für Unterwanderung, sagte Jan Holze, Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, der Deutschen Presse-Agentur. Urteile dürften aber nicht von einer politischen Agenda beeinflusst werden. Holze nannte das Thema Migration als Beispiel. Man müsse vermeiden, dass etwa Menschen mit Migrationshintergrund für die gleiche Tat härter bestraft würden als Menschen ohne Migrationsgeschichte. Zu dem Thema gehöre auch die Frage, inwiefern man Laienrichter ihres Amtes entheben könne, wenn sie entsprechend aufgefallen seien.

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Gesetz beschlossen

Die Schweriner Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) sagte: „Bei der Frage, wie Bewerberinnen und Bewerber für das Schöffenamt aus extremistischen Kreisen entdeckt werden, war der Austausch sehr wertvoll.“ Mitte Juli hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der verhindern soll, dass Extremisten als Schöffen mitentscheiden dürfen.

Holze sprach sich für eine Überprüfung und gegebenenfalls Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Laienrichter aus. „Ich habe verstärkt die Rückmeldung bekommen, gerade aus dem Justizwesen, dass man sich Sorgen macht, dass in der Zukunft immer weniger Menschen bereit sind, diese Funktion zu übernehmen.“

Bewerberzahlen unter den Erwartungen

Die Bewerberzahlen seien unter denen, die man erwartet habe. Für die künftige Schöffinnen- und Schöffen-Amtsperiode von 2024 bis Ende 2028 sind in diesem Jahr die Bewerbungen erfolgt. Laut Holze geht es bundesweit um etwa 60.000 Stellen.

Bei der letzten Wahl 2018 seien 120.000 Bewerbungen eingegangen, allerdings regional höchst unterschiedlich verteilt, eher weniger Bewerbungen gab es auf dem Land. Das habe dazu geführt, dass jeder fünfte Laienrichter nicht freiwillig sein Amt übernommen habe, sondern verpflichtet werden musste, weil Bewerber fehlten.

Die Rahmenbedingungen

„Die Listenaufstellung in diesem Jahr ist gerade durch, die Probleme in den einzelnen Kommunen sind durchaus noch präsent“, sagte Bernhardt. Nach Angaben ihres Ministeriums waren in MV mindestens 2.950 Menschen für die Vorschlagslisten der Kommunen und der Jugendhilfeausschüsse gesucht worden, aus denen 1.475 Schöffinnen und Schöffen zu wählen sind.

Holze sagte, man müsse jetzt über die Rahmenbedingungen für die Zukunft nachdenken. Mit Blick auf zwölf Prozesse, in denen jeder Schöffe pro Jahr eingesetzt werden könne, fragte Holze: „Ist das die richtige Zahl?“ Möglicherweise könne man die Zahl auch verringern und dafür mehr Menschen gewinnen. „Vielleicht ist es auch die Aufwandsentschädigung mit sieben Euro pro Stunde, die vielleicht nicht ausreicht. Auch das sind Debatten, die man führen muss.“

Schöffen haben gewichtiges Wort

Auch über die Altersgrenzen von 25 bis 69 Jahre könne man reden. Er bestätigte, dass Schöffen häufig männlich und älter seien. Auch daran müsse man arbeiten, möglicherweise durch familienfreundlichere Verhandlungszeiten.

Schöffinnen und Schöffen hätten ein gewichtiges Wort mitzureden, etwa wenn es um Verurteilungen oder Freisprüche gehe, sagte Holze. Sie sorgten dafür, „dass die Stimme der Laien und damit auch des gesamten Volkes Eingang ins Justizwesen findet“. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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