Brandenburg

Compact-Lehrerin erst nach Medienberichten freigestellt

Eine Brandenburger Grundschullehrerin soll mit falschem Namen und Perücke in einem rechtsextremen Medium moderiert haben. Vom Dienst freigestellt wurde sie aber nicht nach Bekanntwerden der Vorwürfe, sondern erst nach Medienberichten. Jetzt steht der Bildungsminister unter Druck.

Donnerstag, 21.09.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.09.2023, 18:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach wachsender Kritik wegen der Beschäftigung einer Lehramtskandidatin mit möglicherweise rechtsextremen Verbindungen will Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) Meldungen des Verfassungsschutzes zur Chefsache machen. „Der Minister hat angewiesen, dass er künftig über jede Entscheidung in Prüfverfahren informiert wird“, sagte Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld am Donnerstag auf Anfrage. Bisher sei es üblich gewesen, dass die Fachabteilung nicht darüber informiere, wenn nach einer Prüfung keine Konsequenzen als notwendig erachtet würden.

Was war geschehen: Eine Lehramtskandidatin soll Verbindungen zum rechtsextremistischen Compact-Magazin haben. Der Verfassungsschutz hatte das Ministerium bereits am 27. Juli schriftlich über den Fall informiert. Die Fachabteilung habe Freiberg zufolge zunächst entschieden, wegen des besonderen Status der Lehramtskandidatin keine unmittelbaren dienstrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. „Denn bei Lehramtskandidaten gilt der Maßnahmen-Katalog des Disziplinarrechts nur eingeschränkt“, hatte der Minister am Mittwoch im Landtag erklärt. Und weder im Dienst als Lehrerin noch im Seminar habe es Auffälligkeiten der Frau gegeben.

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Erst nach einem Bericht des „Tagesspiegel“ zu dem Fall habe die Staatssekretärin vergangene Woche nach dem Beamtenrecht entschieden, die Frau vorläufig vom Dienst freizustellen – rund eineinhalb Monate später also. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft das Magazin seit 2021 als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein.

Gewerkschaft kritisiert Ministerium: falsche Entscheidung

Bei der Entscheidung, die Frau zunächst im Dienst zu lassen, habe die „Fachabteilung im Blick gehabt, dass die Lehramtskandidatin das Recht hat, ihre Ausbildung zur Lehrkraft abzuschließen“, sagte eine Ministeriumssprecherin mit Verweis auf den besonderen Schutz nach Artikel 12 des Grundgesetzes. Danach haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Nach der vorläufigen Freistellung der Frau soll bis Mitte Dezember geprüft werden, ob und welche beamtenrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält die Entscheidung der Fachabteilung für falsch. Nach Ansicht des Landesvorsitzenden Günther Fuchs hätte das Ministerium die Lehrerin im befristeten Beamtenverhältnis nach der Mitteilung des Verfassungsschutzes sofort vom Dienst freistellen sollen. „Wenn es berechtigte Zweifel an der Verfassungstreue gibt, dann gibt es Klärungsbedarf“, sagte Fuchs. „Und diese Klärung muss nicht in der Schule stattfinden.“ Vielmehr müssten mögliche Konsequenzen nach der Freistellung ergebnisoffen geprüft werden.

Magazin schürt Antisemitismus und Islamfeindlichkeit

Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ über den Fall berichtet. In dem Bericht hieß es, an einer Schule im Landkreis Märkisch-Oderland absolviere eine Frau ihr Referendariat, die mehrfach als Moderatorin für den Nachrichtenkanal des Compact-Magazins tätig gewesen sein soll. In Sendungen von Compact TV werden laut Ministerium nach behördlichen Erkenntnissen antisemitische Verschwörungsmythen und islamfeindliche Motive platziert.

Die SPD-Fraktion fordert, den Fall kritisch unter die Lupe zu nehmen. „Es ist wichtig, dass der Fall genau geprüft wird“, sagte Bildungspolitikerin Katja Poschmann. Die Frage dienstrechtlicher Konsequenzen müsse immer im Einzelfall entschieden werden. Für eine Bewertung fehlten aber noch Informationen.

Brandenburgs Schulen in Schlagzeilen

Die SPD-Politikerin verlangte, das Problem des Rechtsextremismus stärker in den Blick zu nehmen. „Wir müssen alle mehr Haltung zeigen“, sagte Poschmann. „Wir müssen alle mehr hingucken.“ Lehrer seien Teil der Gesellschaft. Mit Blick auf rechtsextreme Vorfälle an Schulen sagte sie, Lehrkräfte könnten das Problem nicht allein lösen.

Eine Schule in Burg im Spreewald war bundesweit in die Schlagzeilen geraten, weil zwei Lehrkräfte in einem Brandbrief anonym geschildert hatten, dass sie an der Schule täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Danach waren sie rechten Anfeindungen ausgesetzt. Beide haben die Schule verlassen. Inzwischen hat die Einrichtung einen neuen Schulleiter. (dpa/mig) Aktuell Politik

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