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Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose © sintiundroma.de

„Munition für Rechtsextremisten“

Zentralrat kritisiert niedersächsisches Lagebild Clankriminalität

Niedersachsen hat ein Lagebericht zu Clankriminalität vorgelegt. Danach wurden im vergangenen Jahr deutlich mehr Fälle erfasst. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma kritisiert den Bericht. Er knüpfe Clankriminalität an Abstammung und gebe Rechtsextremisten Munition.

Sonntag, 09.07.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 08.07.2023, 22:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma (Heidelberg) kritisiert das „Lagebild zur Clankriminalität 2022 in Niedersachsen“. Darin würden Straftaten, die „selbstverständlich verfolgt und verurteilt“ werden müssten, im Falle der Minderheit der Sinti und Roma zusätzlich mit der Abstammung und in Verbindung mit Clankriminalität ausgewiesen, erklärte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose am Freitag in Heidelberg. „Dadurch werden deutsche Sinti und Roma ausgegrenzt, stigmatisiert und kriminalisiert und in den Fokus von Clankriminalität gerückt“, kritisierte der Zentralratsvorsitzende.

Das sei eine „Fortsetzung der rassistischen und antiziganistischen Erfassung“, die trotz der leidvollen Geschichte dieser Minderheit und trotz des Verbots in der Verfassung weiterbetrieben werde, beklagte Rose. Er kündigte an, dass er sich an die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) mit der Forderung wenden werde, jegliche Form der rassistischen Erfassung in der polizeilichen Ermittlungsarbeit zu beenden.

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Zum Hintergrund: In Niedersachsen sind erneut deutlich mehr Straftaten der Clankriminalität zugeordnet worden. Im vergangenen Jahr waren es 3.986 Straftaten, 2021 waren es noch 2841, wie aus dem vom Innenministerium und Justizministerium vorgelegten Lagebild Clankriminalität hervorgeht. 2020 wurden noch rund 2.000 Fälle von Clankriminalität registriert.

Clankriminalität – weniger als ein Prozent

„Der Anstieg der Fallzahlen um etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist ein Beleg dafür, dass wir bei der Zuordnung von Taten deutlich besser geworden sind. Er verdeutlicht aber auch, dass wir die Clankriminalität weiter sehr genau beobachten und entschieden bekämpfen müssen“, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Die Clankriminalität hat laut Innenministerium statistisch einen Anteil von weniger als einem Prozent aller polizeilich erfassten Kriminalität, stelle die Strafverfolgungsbehörden jedoch anhaltend vor große Herausforderungen.

Laut Lagebild ist ein Clan eine Gruppe von Personen, die durch eine gemeinsame ethnische Herkunft, überwiegend auch durch verwandtschaftliche Beziehungen, verbunden ist. Kriminelle Clanstrukturen seien gekennzeichnet durch die Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten jeglicher Deliktsart und -schwere.

Zentralrat: Lagebild gibt Rechtsextremen Munition

Der Zentralrat hingegen kritisiert mit Verweis auf die Geschichte, dass die Kriminalisierung der Minderheit in dem Lagebild „Rechtsextremen die Munition zur Rechtfertigung ihrer Gewalttaten“ gegenüber Sinti und Roma gibt. Rose verweist auf die im Januar 2023 gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt unterzeichnete Erklärung. Darin wurde auch das Ziel vereinbart, „jeglicher Diskriminierung von Angehörigen der Minderheit in- und außerhalb der polizeilichen Arbeit entgegenzuwirken und den gesellschaftlichen Antiziganismus wirksam zu bekämpfen“.

Die von der Bundesregierung im Jahr 2019 eingesetzte „Unabhängige Kommission Antiziganismus“, hatte in ihrer umfassenden Studie, die 2021 veröffentlicht wurde, detailliert aufgezeigt, dass es bis heute vielfältige Hinweise für eine fortgesetzte und systematische Diskriminierung von Sinti und Roma durch die Polizei gibt. (epd/mig) Aktuell Panorama

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