Berlin, Straßennamen, Kolonie, Geschichte, Kolonialgeschichte
Berliner Straßennamen und die deutsche Kolonialgeschichte © bennobild @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Fachtagung

Expertin: Spuren der Kolonialzeit vielschichtig aufarbeiten

Die Aufarbeitung der Kolonialzeit darf sich nach Experteneinschätzung nicht auf Bestände in Museen beschränken. Auch darüber hinaus gebe es viele offene Wunden – so etwa beim Eisenberger „Mohrenfest“ oder bei Straßenbenennungen. Darüber wird auf einer Fachtagung diskutiert.

Donnerstag, 15.06.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 15.06.2023, 11:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Aus Expertensicht muss auch in Thüringen noch einiges für die Aufarbeitung von Spuren der Kolonialzeit getan werden. „Es darf nicht mit Objekten in Museen aufhören“, sagte Sahra Rausch von der Koordinierungsstelle Koloniales Erbe (KET) in Thüringen mit Blick auf Objekte, die während der Kolonialzeit womöglich unrechtmäßig in die Bestände gelangten.

Mehr Offenheit für das Thema sei auf vielen Ebenen wichtig. Immerhin zeigten sich die Folgen auch heute noch im Alltag, auch wenn sie für viele zunächst nicht immer sichtbar seien, sagte Rausch. „Das zeigt sich beispielsweise bei den Diskussionen um das Stadtfest in Eisenberg oder an den Diskussionen um die Straßenumbenennung in Erfurt.“

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Die Stadt Eisenberg hat 2019 ihrem Stadtfest den Namen „Mohrenfest“ gegeben, wofür es viel Kritik gab. Bislang wurde der Name aber beibehalten – die Stadt thematisiert die Namensherkunft inzwischen in einer Dauerausstellung im Stadtmuseum. Sie geht demnach auf eine Sage zurück, bei der ein schwarzer „Diener“ aus einer falschen Verdächtigung heraus beinahe hingerichtet wurde, wie online nachzulesen ist.

Es geht nicht nur um Überbleibsel

In Erfurt setzten sich Initiativen dafür ein, eine Straße umzubenennen, die nach Joachim Nettelbeck (1738-1824) benannt ist – einem Seefahrer, der auch am Sklavenhandel beteiligt war. Der Stadtrat hatte die Umbenennung im März aber abgelehnt.

„Viele glauben, dass es bei dem Thema heute nur um Objekte als Überbleibsel des deutschen Kolonialismus geht, aber es betrifft viel mehr Aspekte, dafür wollen wir sensibilisieren“, sagte Rausch.

Tagung mit Vorträgen, Stadtrundgang und Lesung

Um die Vielschichtigkeit in der Aufarbeitung von Kolonialismus geht es auch bei einer am Donnerstag beginnenden Tagung. Die an den Universitäten in Erfurt und Jena angesiedelte KET organisiert dafür bis zum 17. Juni nicht nur Vorträge, sondern auch einen Stadtrundgang durch Erfurt und eine öffentliche Lesung mit Autorin Betiel Berhe. Ein besonderer Schwerpunkt bildet bei der Tagung auch das Thema Kolonialismus in der DDR.

Für Museen ist es seit längerem Thema, wie manche Objekte in ihren Sammlungen zu ihnen gekommen sind. Sie gehen nicht nur der Frage nach, ob Objekte womöglich während der Kolonialzeit unrechtmäßig in ihre Bestände kamen. Viele erforschen auch, ob Objekte ihren Besitzern während des Nationalsozialismus geraubt wurden. Beim Thüringer Museumsverband gibt etwa eine Koordinierungsstelle, die die Museen bei der sogenannten Provenienzforschung unterstützen soll. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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