Meldestelle RIAS
848 Antisemitismus-Vorfälle im Internet und auf Straßen registriert
Der Anlass für eine Beleidigung kann gering sein: ein Telefongespräch auf Hebräisch, eine Kippa auf dem Kopf oder ein Davidstern an einer Tasche. Juden sind immer wieder plötzlichen Übergriffen ausgesetzt.
Mittwoch, 10.05.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.05.2023, 13:54 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Es geht um Beschimpfungen von Juden in Mails, antisemitische Beleidigungen in U-Bahnen, Angriffe auf der Straße und Hetze bei Demonstrationen. Insgesamt 848 antisemitische Vorfälle sind in Berlin im vergangenen Jahr von einer Informations- und Beratungsstelle registriert worden. Der Großteil davon (483) waren Beschimpfungen im Internet, die sich gegen jüdische und israelische Institutionen richteten, wie die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) am Mittwoch in ihrem Jahresbericht mitteilte.
Aber zahlreiche Taten richteten sich auch gegen Menschen in der realen Welt. Gemeldet wurden 22 Angriffe, darunter eine gewalttätige Tat in Spandau, bei der zwei Menschen verletzt wurden. Die Gruppe der Angreifer warf den Opfern demnach vor, sie hätten „Free Israel“ gerufen, und schlugen sie. Schon 2021 war ein Mann ebenfalls in Spandau angegriffen worden, weil er sich geweigert hatte, die Parole palästinensischer Gruppen gegen Israel, „Free Palestine“, zu rufen.
20 Prozent weniger Vorfälle als im Vorjahr
2022 wurden zudem 31 Sachbeschädigungen registriert, 24 Drohungen und zahlreiche Fälle antisemitischer Äußerungen bei Palästina-Demonstrationen. Knapp ein Drittel der Fälle bezog sich auf Israels Politik im Nahen Osten. Die Gesamtzahl der Vorfälle blieb 20 Prozent unter dem Niveau vom Vorjahr (1052).
Antisemitische Angriffe und Beleidigungen außerhalb des Internets ereigneten sich laut RIAS auf Straßen, in Bussen und Bahnen oder an Gedenkorten. Mehreren Menschen sei die Kippa vom Kopf gerissen worden, sie seien geschlagen, bespuckt, angerempelt und bedroht worden, zum Teil weil sie an Kleidungsstücken als Juden erkennbar waren oder auf Hebräisch telefonierten. Auch Schüler wurden in ihren Schulen beschimpft. Häufig seien die Vorfälle Ergebnis zufälliger Begegnungen beim Einkaufen oder auf dem Weg nach Hause. Die Täter reagierten oft auf jüdische oder israelische Symbole oder Zeichen.
Steinitz: Wöchentlich werden Juden angefeindet
76 der Vorfälle hatten einen Bezug zum russischen Krieg gegen die Ukraine. So warfen manche Schreiber in Online-Kommentaren jüdischen oder israelischen Organisationen vor, die Ukraine zu wenig zu unterstützen. Andere kritisierten zu wenig Solidarität mit Russland.
RIAS-Projektleiter Benjamin Steinitz betonte: „Wöchentlich werden Berliner Juden und Jüdinnen gezielt angefeindet, im Netz oder auf der Straße.“ Die Gesamtzahl dieser Vorfälle sei in Wirklichkeit deutlich höher als im Bericht dargestellt.
Politiker aus Abgeordnetenhaus verurteilen Anfeindungen
CDU, SPD, Grüne und Linke im Abgeordnetenhaus verurteilten „jede Anfeindung gegen Juden und Jüdinnen“ und betonten die Wichtigkeit des „selbstverständlichen jüdischen Lebens in unserer Stadt“.
In Berlin sammeln verschiedene staatliche Institutionen und private Initiativen Statistiken zu Antisemitismus, darunter auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft. RIAS wurde 2015 gegründet und wird vom Senat mitfinanziert. Die Zahlen werden auf Grundlage von Meldungen über das Internet, Beobachtungen und einer Zusammenarbeit mit Opferberatungsstellen gesammelt. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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