Gerichtshof für Menschenrechte
Italien wegen Inhaftierung von Migranten auf Lampedusa verurteilt
Die steigende Zahl von Schutzsuchenden entbindet EU-Staaten nicht von der Pflicht menschenwürdiger Aufnahme und Unterbringung. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. Jetzt muss Italien Geflüchteten 8.500 Euro zahlen.
Donnerstag, 30.03.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 30.03.2023, 14:47 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Die Haft sowie die Haftbedingungen in einem Aufnahmezentrum „für Migranten“ auf der italienischen Insel Lampedusa haben nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Vier tunesische Staatsbürger hatten unter anderem gegen ihre Inhaftierung unter „unmenschlichen“ und „entwürdigenden Bedingungen“ geklagt, wie aus dem Urteil vom Donnerstag hervorgeht. Die italienische Regierung wurde verurteilt, jedem Kläger 8.500 Euro zuzüglich Kosten und Ausgaben zu zahlen, wie die Richter in Straßburg erklärten.
Die Kläger waren nach Angaben des EGMR 2017 bei der Überfahrt von Tunesien nach Europa in Seenot geraten. Ein italienisches Schiff rettete sie und brachte sie in einen sogenannten Hotspot, der für die Erstidentifizierung, Registrierung und Befragung von Geflüchteten vorgesehen war. Dort seien die Menschen zehn Tage lang festgehalten worden, ohne dass sie über ihre Rechte aufgeklärt worden seien. Dies verstoße gegen Artikel 5 der Menschenrechtskonvention, wie die Richter erklärten.
Keine Entbindung von Menschenrechtspflichten
Die Betroffenen klagten insbesondere über schlechte Hygiene und Platzmangel, wie aus dem Urteil hervorgeht. Die Richter betonten, dass Schwierigkeiten, die sich aus der Fluchtbewegung von Asylbewerbern ergeben könnten, die Mitgliedstaaten nicht von rechtlichen Verpflichtungen zu annehmbaren Bedingungen entbinden würden. Sie stellten in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Artikels 3 der Menschenrechtskonvention fest.
Die Kläger erklärten gegenüber dem EGMR auch, ihnen seien Dokumente zur Unterschrift vorgelegt worden, die sie nicht verstanden hätten. Später habe sich herausgestellt, dass es sich um Einreiseverbote gehandelt habe. Daraufhin seien sie nach Tunesien abgeschoben worden. Da die Einzelfälle nicht gesondert geprüft worden seien, stellte der Gerichtshof eine kollektive Ausweisung fest, welche gegen Artikel 4 der Menschenrechtskonvention verstoße. (epd/mig) Aktuell Panorama
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