Seenotrettung, Mittelmeer, Flüchtlinge, Schlauchboot, Rettung
Die Crew der "Sea Watch 3" bei einer Rettungsaktion im Mittelmeer © Sea Watch/Twitter

Rettungsschiff beschlagnahmt

Italien: 43 Tote bei Bootsunglück im Mittelmeer

43 Menschen sind bei einem Bootsunglück vor der italienischen Küste ums Leben gekommen, die Rettungsmaßnahmen dauern laut Küstenwache an. Zuvor hatten italienische Behörden erneut ein privates Seenotrettungsschiff beschlagnahmt. Sie mahnen sichere und legale Fluchtwege an.

Sonntag, 26.02.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.02.2023, 5:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bei einem Bootsunglück auf dem Mittelmeer sind bisher 43 Flüchtlinge ums Leben gekommen. 80 Menschen konnten gerettet werden, wie die italienische Küstenwache am Sonntag auf dem Mikrobloggingdienst Twitter mitteilte. Seit gestern Abend sei sie mit der Suche und Rettung der Überlebenden beschäftigt, hieß es weiter. Derweil beklagten private Rettungsorganisationen das „Vakuum an Rettungskapazitäten“, das unaufhörlich zu Tragödien führe.

Laut der italienischen Küstenwache ist das Boot an der Küste bei Crotone im Süden Italiens auseinandergebrochen. Die Suche wird mit unter anderem Flugzeugen und dem Einsatz von U-Booten fortgesetzt, hieß es weiter.

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Weitere „Katastrophe an den Grenzen eines Europas

Sergio Di Dato, Projektkoordinator Flucht und Migration von „Ärzte ohne Grenzen“ Italien, beklagte am Sonntag, dass im Mittelmeer „weiterhin unaufhörlich Menschen durch ein Vakuum an Rettungskapazitäten“ zu Tode kämen. Nur wenige Kilometer vor der italienischen Küste seien Dutzende Menschen ertrunken, die ein sicheres Leben in Europa gesucht hätten. „Es ist inhuman, inakzeptabel und unverständlich, dass wir immer wieder Zeugen von diesen vermeidbaren Tragödien werden.“ „Ärzte ohne Grenzen“ habe den italienischen Behörden angeboten, psychologische Ersthilfe für die Überlebenden zu leisten.

Auch die Rettungsorganisation Sea-Watch sprach am Sonntag auf Twitter von einer weiteren „Katastrophe an den Grenzen eines Europas, das Menschen nur die Flucht übers Meer als letzten Ausweg lässt.“ Man sei in Trauer um die Toten und in Gedanken bei Überlebenden und Angehörigen.

Italien beschlagnahmt Rettungsschiff

Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Allerdings geht die rechtsextreme italienische Regierung entschieden gegen private Rettungsorganisationen im Mittelmeer vor. Nur wenige Tage zuvor, hatten italienische Behörden das Rettungsschiff von „Ärzte ohne Grenzen“ im Mittelmeer beschlagnahmt.

„Die Behörden kamen an Bord der ‚Geo Barents‘ und benachrichtigten das Team, dass das Schiff festgesetzt wird und wir ein Bußgeld zu zahlen hätten“, erklärte die medizinische Hilfsorganisation in der Nacht auf Freitag auf Twitter. Die Besatzung habe am Freitag aus dem Hafen von Augusta zu einem weiteren Rettungseinsatz auslaufen wollen, sagte ein Sprecher dem „Evangelischen Pressedienst“.

Rechtsextreme italienische Regierung geht Seenotretter vor

Nach Berichten der italienischen Zeitung „La Repubblica“ hat die Präfektur von La Spezia das Schiff für 20 Tage beschlagnahmt und eine Buße von 10.000 Euro gegen „Ärzte ohne Grenzen“ verhängt. Die Präfektur beruft sich dafür demnach auf das international umstrittene Seenotrettungs-Dekret, das am Donnerstag nun auch im Senat in ein Gesetz umgewandelt wurde. Zur Begründung hieß es laut dem Bericht, die Besatzung habe nach der letzten Landung in Ancona nicht alle erforderlichen Informationen bereitgestellt.

Die rechtsextreme italienische Regierung geht entschieden gegen private Rettungsorganisationen im Mittelmeer vor. Nach dem Parlament hat nun auch der Senat das umstrittene Dekret von Innenminister Matteo Piantedosi mit Vorschriften für die Seenotrettung in ein Gesetz verwandelt. Es sieht unter anderem vor, dass Schiffe nach einer Rettungsaktion direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern. Weitere Notrufe müssten demnach ignoriert werden.

UN-Kommissar: Gesetz gefährdet Menschenleben

Menschenrechtsorganisationen und die UN verurteilten die Regeln mehrfach. Nach Einschätzung des UN-Menschenrechtskommissars Volker Türk gefährdet das Gesetz Menschenleben und bestraft Retterinnen und Retter wie Gerettete.

Bei der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im vergangenen Jahr mindestens 2.367 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. In diesem Jahr sind es bereits 124. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen. (epd/mig) Ausland Leitartikel

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