Überschaubare Einigkeit

Innenministerkonferenz setzt Abschiebungen in den Iran aus

Dass der Tonfall bei der Herbsttagung der Innenminister rauer als sonst werden könnte, war wegen der schrillen Debatte um Migrationsthemen in den vergangenen Tagen schon absehbar. Bei der Abschluss-Pressekonferenz wurden die Uneinigkeiten deutlich.

Von Sonntag, 04.12.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.12.2022, 11:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Themenfülle war groß, die Tagesordnung lang, die Einigkeit aber überschaubar: Die Innenministerinnen und Innenminister von Bund und Ländern waren am Freitag zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz in München zwar bemüht, ihre ausgehandelten Kompromisse gemeinsam zu präsentieren – Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) fasste die Stimmung allerdings so zusammen: Die „Tonalität“ der Sitzung sei „schon auch anders“ als in den Jahren zuvor gewesen.

Einig waren sich die Chefinnen und Chefs der Innenressorts darin, dass „bis auf Weiteres“ keine abgelehnten Asylbewerber mehr in den Iran abgeschoben werden, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als Vorsitzender der Konferenz erläuterte. Ein solches Aussetzen von Abschiebungen war in den vergangenen Wochen von verschiedenen Seiten immer wieder gefordert worden. Ausnahmen von diesem Abschiebestopp gebe es aber weiterhin bei Gefährdern oder Tätern schwerer Straftaten.

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Abschiebestopp in den Iran

Pistorius machte an bereits diesem Punkt die Uneinigkeit unter den Ministerinnen und Minister deutlich und kritisierte als Sprecher der SPD-geführten Innenressorts, dass man sich nicht auf einen formalen Abschiebestopp mit den von CDU und CSU geführten Innenministerien einigen konnte. Es sei dennoch ein Fortschritt, dass man sich auf ein einheitliches Vorgehen bei dem Thema zugunsten der Menschen aus dem Iran verständigen konnte. Dies entspreche einem faktischen Abschiebestopp.

Ebenfalls nur grundsätzliche Einigkeit besteht beim Umgang mit radikalen Klimaaktivisten von der „Letzten Generation“, die zuletzt mit verschiedenen Klebeprotesten für Aufsehen gesorgt hatten. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte als Sprecher der unionsgeführten Innenressorts, die Aktionen der Organisation ließen sich „nicht mehr als friedlicher Protest“ bezeichnen. Es müsse vielmehr geklärt werden, ob es sich nicht sogar um eine kriminelle Vereinigung handelt, sagte er.

Präventivhaft: Bayern 30, Berlin zwei Tage

Pistorius wiederum verwies darauf, dass eine Einstufung zur kriminellen Vereinigung „die Gerichte treffen“ und nicht die Innenminister. Zum Thema der umstrittenen Präventivhaft erläuterte er, diese Möglichkeit gebe es in allen Polizeigesetzen der Länder in unterschiedlicher Ausprägung und Dauer. Niedersachsen habe noch keinen Klimaaktivisten in Präventivhaft genommen. Beschlossen wurde, dass der Bund zeitnah ein Lagebild über die Aktionen der radikalen Klimaschützer erstellen soll.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte dazu, Klimaprotest sei „immer dann nicht mehr legitim“, wenn dadurch Menschen oder Einrichtungen gefährdet würden. Die SPD-Politikerin erneuerte ihren Wunsch, dass sich die Länder auf eine einheitliche Regelung beim Unterbindungsgewahrsam einigen. „Dafür habe ich geworben“, sagte sie. Die einzelnen Länder legen diese Möglichkeiten derzeit sehr unterschiedlich aus. In Bayern kann die Präventivhaft bis zu 30 Tage dauern, in Berlin nur zwei.

CDU: „Falsche Signale“ bei Migration

CDU-Politiker Beuth wies auf weitere Themen hin, bei denen sich die einzelnen Ressortchefs nicht einig werden konnten. So forderte der hessische Innenminister, dass der Bund endlich die Spielräume des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für längere Speicherfristen von IP-Adressen nutze. Dies sei ein wichtiges Instrument für eine effektive Strafverfolgung etwa im Bereich der Kinderpornografie. Die Bundesinnenministerin kündigte an, sich dafür beim Ampel-Koalitionspartner FDP einzusetzen.

Deutliche Kritik äußerte Beuth an „etlichen Gesetzgebungsverfahren“ des Bundes, die im Bereich der Migration „falsche Signale“ setzen. Die Länder und Kommunen seien bei der Aufnahme Geflüchteter schon jetzt an ihren Grenzen. „In dieser Situation durch Turboeinbürgerung, Chancenaufenthaltsrecht und der Verbesserung bei Asylbewerberleistungen“ dafür zu sorgen, dass am Ende noch mal deutlich mehr Menschen ins Land kommen wollten, sei problematisch, sagte Beuth. (epd/mig) Aktuell Politik

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