Ungefragt ausgestellt
Familie Arslan fordert Objekte aus Möllner Brandhaus von Museum zurück
30 Jahre nach dem Neonazi-Brandanschlag in Mölln streiten sich Opferfamilie und das Bonner „Haus der Geschichte“ um Relikte aus den ausgebrannten Häusern. Das Museum habe sie ausgestellt, ohne die Familie zu fragen - „ein herabwürdigender Umgang mit einer Migrantenfamilie“.
Dienstag, 22.11.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.11.2022, 17:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
30 Jahre nach dem rechtsextremistischen Brandanschlag im schleswig-holsteinischen Mölln gibt es Streit zwischen der Opferfamilie und dem Bonner „Haus der Geschichte“ um die Rückgabe von Relikten aus einem der ausgebrannten Häuser. Das Museum habe „Objekte aus unserem Haus ausgestellt, ohne uns vorher zu fragen“, sagte Ibrahim Arslan, dessen Großmutter, Schwester und Cousine bei der Tat vom 23. November 1992 gestorben waren, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man befinde sich in einem „Rechtsstreit“ mit dem Museum und werde „die Objekte, die zweifelsfrei aus unserem früheren Haus in der Mühlenstraße in Mölln kommen, einklagen“.
Laut Arslan, der seit Jahren als Aktivist gegen rechte Gewalt auftritt und in Schulen und auf Konferenzen zu dem Thema spricht, ist die Ausstellung der Objekte ohne Rücksprache „ein herabwürdigender Umgang mit einer Migrantenfamilie, die Opfer des rassistischen Anschlages geworden ist“. Auch drei Jahrzehnte nach der Tat fühle er sich weiterhin stigmatisiert, berichtete die Zeitung.
Die Stiftung „Haus der Geschichte“ bestätigte, seit 1993 Objekte aus dem ausgebrannten Haus zu haben, darunter ein verkohlter Türbalken, ein Telefon, ein Briefkasten und ein Tablett. Der damalige Sammlungsdirektor der Stiftung „Haus der Geschichte“ habe sich in den zurückliegenden Jahren „mehrfach um Gespräche bemüht, leider ist es dazu nicht gekommen. Das ‚Haus der Geschichte‘ hatte zuletzt 2021 angeboten, das zweifelsfrei der Familie Arslan zuzuordnende Tablett zurückzugeben.“ Dazu habe es aber „keine Reaktion“ gegeben, erklärte die Stiftung.
Bisher kein gerichtliches Verfahren
Laut einem Sprecher des Museums werden die Objekte der Familie Arslan aktuell nicht in einer Ausstellung gezeigt, sind aber in der Sammlung des Hauses. Derzeit befänden sich die Anwälte der Stiftung und der Familie Arslan „in einem Austausch miteinander, ein gerichtliches Verfahren ist nicht anhängig“.
Die Objekte aus dem ausgebrannten Haus seien dem Museum von einer „Person aus dem kommunalen Bereich“ übergeben worden. Diese habe nach den Löscharbeiten verschiedene von der Feuerwehr zurückgelassene Gegenstände gesehen und einen Teil davon an sich genommen, um sie vor der Entsorgung zu bewahren, erklärte ein Sprecher des Museums auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes.
Stadt hatte Familie nicht über Briefe informiert
In seiner Dauerausstellung dokumentiere das „Haus der Geschichte“ unter anderem die Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) sowie die Anschläge in Mölln und Solingen und stelle sie „in eine Reihe rechtsextremer Aktivitäten“, hieß es. Am 23. November 1992 hatten zwei rechtsextremistische Skinheads Molotow-Cocktails in zwei Häuser türkischer Familien in Mölln geworfen. Drei Menschen starben, neun andere wurden verletzt.
Nach langem Hin- und Her hatte die betroffene Familie auch Briefe, die nach dem Anschlag aus der Bevölkerung an sie adressiert waren, von der Stadtverwaltung zurückerhalten. Sie hatten von der Existenz der Brief erst viele Jahre später durch Zufallen erfahren. Die Stadt hatte die Familie über den Empfang der Schreiben und die Archivierung nicht informiert. Aktuell befinden sie sich mit Einverständnis der Familie in der Sammlung des Dokumentationszentrums und Museums über die Migration in Deutschland (DOMiD). Sie sollen unter Wahrung von Persönlichkeitsrechten der Forschung zugänglich gemacht werden. (epd/mig) Aktuell Panorama
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