Verfassungsschutz, NSU, Akte, Hessen, Verschluss, 120 Jahre
NSU-Akte des Verfassungsschutzes - zunächst unter Verschluss für 120 Jahre

Kaum neue Erkenntnisse

Angebliche NSU-Akten veröffentlicht

Seit Jahren wird die Freigabe der sogenannten für zunächst 120 Jahre unter Verschluss gehaltenen NSU-Akten gefordert. Nun wurden sie in der ZDF-Satiresendung „Magazin Royale“ veröffentlicht - angeblich. Der hessische Verfassungsschutz will das prüfen.

Sonntag, 30.10.2022, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 30.10.2022, 15:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die ZDF-Satiresendung „Magazin Royale“ hat nach eigenen Angaben bisher unter Verschluss gehaltene Akten des hessischen Verfassungsschutzes rund um die rechtsextreme Terrorgruppe NSU veröffentlicht. Die Öffentlichkeit und die Angehörigen der NSU-Opfer hätten ein Recht darauf zu erfahren, was in den geheimen Akten steht, erklärte der Moderator der Sendung, Jan Böhmermann, am Freitagabend auf Twitter. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz will die geleakten Dokumente prüfen.

Publiziert wurde das Dokument gemeinsam mit dem Internetportal „FragDenStaat“. Die Akten offenbarten ein „mehr als zweifelhaftes Bild“ von der Arbeit des hessischen Verfassungsschutzes, hieß es zu der Veröffentlichung. So werde deutlich, dass vor allem während der 1990er Jahren – in denen sich auch die Rechtsterroristen des späteren NSU radikalisiert hätten – der Überblick über gesammelte Daten verloren gegangen sei und aus den Informationen nicht immer Konsequenzen folgten.

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Die sogenannten NSU-Akten waren ursprünglich für 120 Jahre gesperrt, der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte allerdings angekündigt, die Frist auf 30 Jahre zu verkürzen. Immer wieder hatten Aktivistinnen und Aktivisten gefordert, die Dokumente öffentlich zugänglich zu machen. Mehr als 130.000 Menschen unterzeichneten eine entsprechende an den Hessischen Landtag gerichtete Petition.

Verfassungsschutz will Dokumente prüfen

Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen erklärte auf Anfrage, die „im Zusammenhang mit der Sendung erstellten und im Internet veröffentlichten Dokumente“ würden geprüft. Insbesondere im Hinblick auf „enthaltene personenbezogene Daten und tangierte Staatswohlbelange“ stehe das Landesamt „im Austausch mit den Polizei- und Verfassungsschutzbehörden“.

Der innenpolitische Sprecher der Linken im Hessischen Landtag, Torsten Felstehausen, begrüßte die Veröffentlichung. Endlich könne sich die Öffentlichkeit ein eigenes Bild davon machen, wie der Verfassungsschutz über Jahre mit Hinweisen auf rechten Terror umgegangen sei, sagte er. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, forderte eine lückenlose Aufklärung des NSU-Komplexes. Die veröffentlichten Akten ergäben „leider keinen neuen Sachstand zu den Hintergründen der Verbrechen des NSU“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Die CDU hingegen äußerte Kritik. „Auch die Pressefreiheit hat ihre Grenzen und diese hat Jan Böhmermann meines Erachtens überschritten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Holger Bellino, am Sonntag. Es sei nicht auszuschließen, dass Extremisten durch die Verknüpfung dieser Informationen aus anderen Dokumenten Rückschlüsse auf Arbeitsweise und Informanten der Sicherheitsbehörden ziehen könnten.

In Akten kaum Angaben zum NSU

In dem Bericht vom „ZDF Magazin Royale“ und „FragDenStaat“ heißt es, dass in den Dokumenten kaum Angaben zum NSU selbst auftauchten. „Wer hofft, in diesen Berichten die Antwort auf offene Fragen zum NSU, Beweise für gezielte Vertuschungsversuche oder gar den Beleg für die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Mordserie zu finden, wird enttäuscht“, hieß es. Demnach wurden die Akten abgetippt, damit das auf einer eigens dafür erstellen Internetseite veröffentlichte Dokument keine digitalen oder analogen Spuren enthält. An verschiedenen Stellen seien aus rechtlichen Gründen personenbezogene Daten geschwärzt worden.

Zwischen 2000 und 2007 werden dem NSU neun aus rassistischen Motiven begangene Morde an Menschen mit Migrationshintergrund zugeschrieben sowie ein weiterer Mord an einer Polizistin. Hinzu kommen noch zahlreiche Raubüberfälle. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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