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Kinder in Afghanistan (Archiv) © de.depositphotos.com

„Kinderrechtskatastrophe“

Das Leid der Kinder in Afghanistan

In Afghanistan leidet die Bevölkerung seit dem Abzug westlicher Truppen an Hunger. Internationale Sanktionen treffen die Bevölkerung am stärksten. Die Kinder leiden am meisten, wie „Save the Children“ in einem Bericht zeigt. Danach besucht jedes zweite Mädchen keine Schule.

Mittwoch, 10.08.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.08.2022, 14:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban leiden viele afghanische Kinder laut einer Untersuchung unter Hunger, Depressionen und Angstzuständen. Vor allem Mädchen gehe es in dem Land am Hindukusch, das auch unter einer schweren Wirtschaftskrise leidet, schlecht, teilte „Save the Children“ am Mittwoch in Berlin mit. Der Afghanistan-Direktor der Hilfsorganisation, Chris Nyamandi, sprach von einer „Kinderrechtskatastrophe“ und forderte mehr humanitäre Hilfe für das Land. Zudem müsse die Staatengemeinschaft einen Weg finden, die Wirtschaft zu stützen und das Bankensystem zu beleben.

In den am Mittwoch von der Organisation veröffentlichten Bericht flossen nach eigenen Angaben Daten von Kindern und Betreuungspersonen aus rund 1.450 afghanischen Haushalten ein. Demnach gaben 97 Prozent der im Mai und Juni befragten Familien an, ihre Kinder nicht ausreichend ernähren zu können. Mädchen nähmen dabei noch weniger Essen zu sich als Jungen. Auch zeigten 26 Prozent der Mädchen und 16 Prozent der Jungen Anzeichen von Depressionen. Viele Heranwachsende litten zudem unter Angstzuständen.

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Fast jedes zweite Mädchen geht nicht zur Schule

Die Ideologie der Taliban macht vor allem Mädchen zu schaffen, wie die Untersuchung zeigt. Mehr als 45 Prozent der befragten Mädchen gehen demnach nicht zur Schule. Verwehrt werde vielen Mädchen der Schulbesuch wegen des von den neuen Machthabern verhängten Sekundarschulverbots, doch auch aus wirtschaftlichen Gründen. Von den befragten Jungen gab ein Fünftel an, nicht in die Schule zu gehen.

Wie während der ersten Taliban-Herrschaft zwischen 1996 und 2001 haben die Taliban die weibliche Bevölkerung aus weiten Teilen des öffentlichen Lebens verbannt. Die weiterführenden Schulen für Mädchen sind größtenteils geschlossen. Auch eine schwere Wirtschaftskrise macht den Afghanen zu schaffen.

Menschenrechtler fordern Lockerung von Sanktionen

Verschärft wird die Not durch internationale Sanktionen. Unter anderem hatten zahlreiche Regierungen, darunter die USA, und die Weltbank nach der Machtübernahme der Taliban vor einem Jahr das Vermögen der afghanischen Zentralbank eingefroren. Deshalb hat Human Rights Watch eine Lockerung der Restriktionen gegen den Bankensektor in Afghanistan gefordert. Nur so könne die humanitäre Krise wirkungsvoll bekämpft werden, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Washington.

Es brauche dringend eine Vereinbarung, um den Menschen in Afghanistan die Möglichkeit für wirtschaftliches Handeln zu geben. „Die sich verschlimmernde Hunger- und Gesundheitskrise ist akut und resultiert aus einer Bankenkrise“, sagte der Asienexperte von Human Rights Watch, John Sifton. Das Land erlebe derzeit eine gravierende Liquiditätskrise und einen Mangel an Geldscheinen, kritisierten die Menschenrechtler. Geschäfte, humanitäre Organisation und Privatbanken können demnach nur sehr eingeschränkt operieren. Gleichzeitig hätten Millionen Menschen ihre Arbeit verloren, weil ausländische Geber ihre Finanzierung für Bildung, Gesundheit und andere wichtige Bereiche deutlich zurückgefahren haben.

Jeder Zweite leidet an Hunger

Fast die Hälfte der Bevölkerung leidet Hunger in Afghanistan. Knapp 90 Prozent aller Afghanen hätten seit vergangenem August in irgendeiner Weise nicht genug zu essen gehabt, erklärte Human Rights Watch. Dabei liegt das Problem laut der Menschenrechtsorganisation weniger an einem Lebensmittelmangel als an der finanziellen Not. Lebensmittelimporteure könnten die Ware nicht bezahlen und die Menschen im Exil ihren Angehörigen kaum Geld zukommen lassen.

„Millionen hungernde Afghaninnen und Afghanen leben in der entsetzlichen Realität, Essen auf dem Markt zu sehen und es nicht kaufen zu können“, sagte Sifton. Zugleich hätten Inflation und steigende Preise die Kosten für Lebensmittel und Dünger stark steigen lassen. Die Taliban regiert das Land, seit westliche Truppen unvorbereitet und übereilt das Land verlassen und die Macht der Taliban praktisch überlassen haben. (epd/mig) Aktuell Ausland

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  1. angela sagt:

    nicht nur Mädchen in Afghanistan können nicht zur Schule gehen. Auch Mädchen aus in den Iran geflüchteten Familien wird der Schulbesuch verweigert.