documenta
Algerisches Kollektiv rechtfertigt umstrittene Zeichnungen
Das algerische Kollektiv hat die auf der documenta unter Antisemitismus-Verdacht stehenden Zeichnungen verteidigt. Sie zeigten Kritik an der israelischen Besatzung in Palästina und richteten sich nicht gegen Juden. Die Gleichsetzung mit Antisemitismus sei falsch.
Dienstag, 09.08.2022, 19:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 09.08.2022, 14:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Auf der „documenta fifteen“ hat das algerische Kollektiv „Archives des luttes des femmes en Algérie“ die Ausstellung der wegen Antisemitismusverdachts kritisierten Zeichnungen der Künstler Buhran Karkoutly und Naji Al-Ali verteidigt. Die Antisemitismusvorwürfe gegen die Abbildungen in der Zeitschrift „Présence de femmes“ von 1988 seien unbegründet und diffamierend, heißt es in einer am Dienstag in Kassel veröffentlichten Erklärung. „Wir halten es für dringend geboten, die Kritik an der israelischen Besatzung, die sich in den Darstellungen in ‚Présence de femmes‘ äußert, nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen.“
Auf zwei der in die Kritik geratenen Bilder werden israelische Soldaten, mit dem Davidstern am Helm gekennzeichnet, als entmenschlichte Roboter mit entblößten Zähnen dargestellt. Unter dem einen Bild bedroht ein Gewehrlauf einen jungen Mann, auf dem anderen packt ein solcher Roboter-Soldat ein Kind am Ohr. Auf einem anderen Bild tritt eine Frau einem israelischen Soldaten in den Unterleib, dessen Gesicht mit übergroßer Hakennase in der Tradition antisemitischer Karikaturen gezeichnet ist.
Nicht Juden, sondern israelische Soldaten
Die Zeichnungen in der ausgestellten Zeitschrift der algerischen Frauenbewegung „zielen nicht auf Juden oder Jüdinnen als Einzelpersonen oder als Gemeinschaft ab, sondern sie kritisieren die israelische Armee“, heißt es in der Erklärung. Das Heft positioniere sich als Fürsprecher des palästinensischen Volkes.
Eine Zeichnung von Buhran Karkoutly (1933-2003) stamme von 1969, in der er eine Mordtat jüdischer Milizen an Palästinensern darstelle. Seine zweite Zeichnung illustriere den Exodus der Palästinenser aus Israel. Die Karikatur von Naji Al-Ali (1937-1987) stelle die palästinensischen Volksaufstände dar, die zur ersten Intifada 1987 führten. Die documenta habe die Zeitschrift vor etwa drei Wochen geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass nicht Juden „als solche“ dargestellt seien, sondern israelische Soldaten.
Algerisches Kollektiv spricht von Zensur
„Wir haben uns von Anfang an als Archivare betrachtet, die Dokumente zugänglich machen“, begründet das algerische Kollektiv sein Vorgehen. „Es kommt für uns daher nicht infrage, ein Dokument aufgrund seines Inhalts und der in ihm zum Ausdruck kommenden politischen Ansichten zu zensieren oder dem Blick der Öffentlichkeit zu entziehen“.
Die Gesellschafter der „documenta fifteen“, die Stadt Kassel und das Land Hessen, hatten nach den Antisemitismus-Vorwürfen Ende Juli einen fehlerhaften Umgang mit den Zeichnungen eingeräumt. Der Zentralrat der Juden kritisierte den Umgang der documenta mit den Zeichnungen: „Man muss sich fragen, wie weit wir in Deutschland sind, wenn diese Bilder als vermeintliche ‚Israelkritik‘ für gut befunden werden können“, sagte Präsident Schuster. Die „documenta fifteen“ werde „als antisemitische Kunstschau in die Geschichte eingehen“. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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