Illegale Pushbacks
Frontex-Chef Leggeri nach Vorwürfen zurückgetreten
Frontex-Chef Leggeri ist nach Pushback-Vorwürfen zurückgetreten. Die Bundesregierung spricht von einer Chance für einen Neuanfang. Menschenrechtsorganisationen begrüßen Rücktritt, Seenotretter fordern Abschaffung von Frontex - nicht reformierbar.
Sonntag, 01.05.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.05.2022, 5:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die europäische Grenzschutzagentur Frontex bekommt nach schweren Vorwürfen im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Migranten im Mittelmeer einen neuen Chef. Der Verwaltungsrat der Behörde teilte am Freitag mit, der bisherige Exekutivdirektor Fabrice Leggeri sei mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Der Franzose führte Frontex seit 2015.
Als Hintergrund der Entscheidung Leggeris gelten insbesondere Ermittlungen zur illegalen Zurückweisung von Migranten im Mittelmeer. Ihnen zufolge sollen Führungskräfte der in Warschau ansässigen Agentur Frontex absichtlich vertuscht haben, dass griechische Grenzschützer Flüchtlinge zurück aufs offene Mittelmeer brachten. Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Außengrenzen – sogenannte Pushbacks – sind nach internationalem Recht illegal.
Bundesregierung: Chance für Neuanfang
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sprach am Freitag in Berlin von einer Möglichkeit für einen Neuanfang bei Frontex. „Das gibt die Möglichkeit, die Vorwürfe restlos aufzuklären, dort volle Transparenz zu schaffen und sicherzustellen, dass alle Einsätze von Frontex im Einklang mit dem europäischen Recht erfolgen.“ Dies sei die klare Erwartung der Bundesregierung.
Die Grünen bezeichneten den Rücktritt von Leggeri als „überfällig“. Seine Amtszeit sei geprägt von schweren Vorwürfen gegen die Grenzschutzagentur, dem illegalen Zurückdrängen von geflüchteten Menschen an den EU-Außengrenzen und Intransparenz, erklärte Grünen-Politiker Julian Pahlke, Mitglied im Innen- und EU-Ausschuss.
Seenotretter: Frontex nicht reformierbar
„Der Rücktritt von Leggeri muss einen wirklichen Neuanfang bedeuten. Es braucht eine grundlegende strukturelle Reform der Grenzschutzagentur. Frontex ist eine Grenzschutzagentur, aber der Schutz von Grenzen muss menschenrechtskonform sein und durchlässig für Menschen, die Schutz brauchen“, sagte Pahlke.
Auch mehrere Menschenrechtsorganisationen begrüßten den Rückzug des Frontex-Chefs, forderten aber weitere Konsequenzen. Dieser Schritt sei „nicht ausreichend“, erklärte die Organisation Sea-Watch auf Twitter. Frontex breche systematisch Menschenrecht und sei Symbol tödlicher europäischer Abschottung. „Frontex ist nicht reformierbar, Frontex muss abgeschafft werden.“
Pro Asyl: Vertuschung und Lügen
Die Organisation Pro Asyl teilte mit, „es ist skandalös, dass der Direktor einer EU-Agentur Menschenrechtsverletzungen jahrelang vertuschte, Beweise manipulierte und das Parlament belog“. Die Behörde müsse nun grundlegend reformiert werden. Notwendig sei unter anderem eine unabhängige Überwachung von Frontex.
Frontex wurde in der Vergangenheit immer wieder dafür kritisiert, für illegale sogenannte Pushbacks (Rückschiebung von Geflüchteten) verantwortlich zu sein. (epd/mig) Aktuell Politik
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