Keine Obergrenze für Ukrainer

Fluchtforscherin: Geflüchtete aus Ukraine willkommener als andere

Die Aufnahmebereitschaft für Ukrainer ist nach Ansicht der Migrationsforscherin Bendel größer als für Menschen aus den vorherigen Fluchtbewegungen. Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan sagt: Für Ukrainer gibt es keine Obergrenze. Brandenburgs Ministerpräsident lobt Hilfsbereitschaft: So etwas noch nie gesehen.

Montag, 14.03.2022, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 14.03.2022, 6:47 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Aufnahmebereitschaft für Geflüchtete aus der Ukraine ist nach Ansicht der Migrationsforscherin Petra Bendel größer als bei den vorherigen Fluchtbewegungen. Vor allem insofern, „als sich aktuell auch solche Staaten solidarisch erklären, die das in der Vergangenheit abgelehnt haben – namentlich Polen und Ungarn“, sagte Bendel, die den Forschungsbereich Migration, Flucht und Integration (MFI) des Instituts für Politische Wissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg leitet, dem „Evangelischen Pressedienst“.

Die Gründe dafür seien vielfältig, sagte Bendel, die auch Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration ist, den die Bundesregierung im Jahr 2020 ins Leben gerufen hat. Ein Grund sei sicherlich die geografische Nähe: „Wir sind in der EU nunmehr Anrainer eines Krieges.“ Auch lebten bisher schon viele Ukrainer in EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Polen, Italien oder Spanien. Das beeinflusse natürlich die Wahrnehmung. Hinzu komme, dass es sich bei den Schutzsuchenden derzeit vor allem um Frauen und Kinder handelt, erläuterte Bendel.

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Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, sieht bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland keine Obergrenze. „Deutschland wird allen Menschen Schutz bieten, die aus der Ukraine zu uns fliehen“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Die Obergrenze geht zurück auf den ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Auf seinen Druck hin wurde eine Begrenzung der Flüchtlingszuwanderung auf 180.000 bis 220.000 Menschen pro Jahr vereinbart.

Woidke: Diese Hilfsbereitschaft noch nie erlebt

Bereits zuvor hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärt, dass es keine Obergrenze für die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen geben werde. Grund: „Erstmals nehmen alle EU-Staaten Kriegsflüchtlinge auf, besonders unsere östlichen Nachbarn. Das ist eine völlig andere Lage, als wir sie bisher in Europa hatten.“

Laut Alabali-Radovan sind schon mehr als 100.000 Menschen aus der Ukraine in Deutschland angekommen. Wie viele Menschen aus dem Land noch kämen, könne derzeit niemand vorhersagen. Viele Bürger hätten sich bereit erklärt, Menschen aus der Ukraine privat aufzunehmen, erklärte Alabali-Radovan. „Ich finde diese Solidarität großartig, das ist eine Sternstunde unseres Landes.“ Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, er habe noch nie eine so große Hilfsbereitschaft erlebt. Es seien derzeit Ehrenamtliche, „die uns das System am Leben halten lassen“, sagte er.

Forscherin: Kein Fluchtrassismus

Sie stünden mit „mit großem Herzen und offenen Armen“ dort, um die Menschen, die aus schwierigsten Verhältnissen und teilweise nach traumatischen Ereignissen ankommen, in Empfang zu nehmen, willkommen zu heißen, „aber mitunter auch mal in den Arm zu nehmen“. Woidke sprach sichtlich selbst bewegt von einer bedrückenden Situation an der Grenze.

Migrationsforscherin Bendel weist das derzeit kursierende Schlagwort des „Fluchtrassismus“ zurück. Die Realität sei „sicherlich komplexer“. Deutschland habe auch Schutzsuchende aus Syrien, dem Irak und Afghanistan aufgenommen. Gleichwohl harrten immer noch Asylsuchende auf griechischen Inseln aus, es gebe immer noch Pushbacks von Asylsuchenden an EU-Außengrenzen, und weiter ertränken Schutzsuchende auf dem Mittelmeer, betonte Bendel. (epd/mig) Aktuell Politik

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