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Christiane Carstensen © privat, Zeichnung: MiG

Sprachhintergrund

Seht zu, wo Ihr bleibt

Wir arbeiten in den Integrations- und Berufssprachkursen in einem Bildungsbereich, der nur so tut, als ob er einer wäre. Ob das System hat?

Von Mittwoch, 26.01.2022, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 25.01.2022, 14:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Stellen Sie sich vor, Sie unterrichten in einem Berufssprachkurs 20 Männer und Frauen in berufsbezogenem Deutsch. Dieser Kurs schließt an einen Integrationskurs an, um Menschen sprachlich auf eine berufliche Tätigkeit in Deutschland vorzubereiten. Am Ende des Kurses steht eine Sprachprüfung, deren Ergebnis für die Teilnehmenden wichtige berufliche Konsequenzen hat.

In Ihrem Unterricht dürfen Sie als Lehrkraft seit dem 01.01.22 nur noch Lehrwerke benutzen, die vom Bamf zugelassen wurden. Diese Lehrwerke sind in ihrer Konzeption auf ein spezielles Prüfungsformat, den DTB – Deutschtest für den Beruf – ausgerichtet, der die zuvor verwendeten Prüfungsformate ablösen soll. Wortschatz, Redemittel, Prüfungsvorbereitung – alles auf den DTB ausgerichtet.

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Blöd nur, dass es diesen Test noch gar nicht gibt.

„Wir haben also eine Abteilung, die Lehrwerke zur Pflicht macht, die auf eine Prüfung vorbereiten, die eine andere Abteilung aber noch gar nicht zu Ende geplant hat.“

Es gibt ihn zwar seit dem Frühjahr 2020 – aber nur als Entwurf. Wer dieses Prüfungsformat im Auftrag des Bamf durchführen darf, wurde erst im Herbst 2021 ausgeschrieben. Praktisch können sie diese Prüfung noch nirgendwo ablegen. Es gibt keine Infrastruktur, keine Prüfungsanmeldung – nichts. Beteiligt sind mit dem Bundesarbeits- und dem Bundesinnenministerium gleich zwei Mammutministerien sowie das Bamf als ausführende Bundesbehörde.

Wir haben also eine Abteilung, die Lehrwerke zur Pflicht macht, die auf eine Prüfung vorbereiten, die eine andere Abteilung aber noch gar nicht zu Ende geplant hat. Sie als Lehrkraft stehen jetzt mit ihrer Unterrichtsplanung ziemlich im Regen.

Was würden Sie erwarten? Ich denke, Sie würden erwarten, dass Ihnen jemand den Schlamassel erklärt. Immerhin müssen Sie und Ihre Teilnehmenden Tag für Tag diesen Spagat bewältigen. Darüber hinaus haben Sie keine Ahnung, wann der neue Test denn nun an den Start geht – in vier Wochen, vier Monaten oder noch später? Und was gilt für Kurse, die bereits begonnen haben? Wechselt man die Pferde im laufenden Galopp?

Blöd nur, dass es auch dazu keine Informationen gibt und so bleiben Sie und Ihre Teilnehmenden auch damit im Ungewissen.

Dazu passt es dann ja ganz gut, dass es im System der Berufssprachkurse gar keinen Ort gibt, wo Sie als Lehrkraft Ihre Kritik dazu äußern könnten. Ob das System hat? Meinung

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