
Landgericht Erfurt
Mehrjährige Haftstrafe für rechtsextremen Straßenbahn-Treter
Ein Rechtsextremist hatte einen 17-jährigen Syrer in einer Erfurter Straßenbahn beleidigt und verletzt. Jetzt, nur sechs Monate später, wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt. Opferberatungsstellen loben die Justiz für ihre Sensibilität und Schnelligkeit als Ausnahmeerscheinung.
Mittwoch, 27.10.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 26.10.2021, 17:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ein halbes Jahr nach dem Angriff auf einen damals 17-Jährigen in einer Erfurter Straßenbahn ist der Täter am Dienstag wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und neun Monaten sowie zu 5.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Das Landgericht Erfurt sah es als erwiesen an, dass Christian B. den aus Syrien stammenden Jugendlichen im April aus rassistischen Beweggründen heraus beleidigt, bespuckt und mehrfach gegen den Kopf getreten hatte. Die Tat hatte deutschlandweit Empörung ausgelöst.
B., der mehrere Vorstrafen hat, hatte die Vorwürfe eingeräumt, für sein Verhalten aber auch den Einfluss von Alkohol und Drogen geltend gemacht. Der Vorsitzende Richter Holger Pröbstel wies dies in seiner mündlichen Urteilsbegründung zurück. Der Angriff war auf den Aufnahmen einer Überwachungskamera sowie dem Video einer Mitfahrenden zu sehen und zu hören.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den 41-jährigen Angeklagten eine Strafe von fünf Jahren und drei Monaten gefordert. Die Nebenklage brachte im Verlauf der Verhandlung auch eine Verurteilung wegen versuchter Tötung aus niederen Beweggründen ins Spiel.
Opferberatungsstelle lobt Justiz
Die Opferberatung ezra würdigte die kurze Zeitspanne zwischen Tat und Verurteilung sowie die anhaltende Untersuchungshaft des Täters. Der Umgang mit den Zeugen sei umsichtig gewesen, sagte ezra-Beraterin Christin Fiedler. Es wäre wünschenswert, wenn die Gerichte so viel Sensibilität auch bei den Prozessen zeigten, die ohne größere mediale Aufmerksamkeit abliefen.
Das Bekanntwerden des rassistischen Angriffs setzte eine breite Solidaritätswelle in Gang, in deren Folge viele über ähnliche Erfahrungen berichteten. „Rassistische Beleidigungen, Bedrohungen, Übergriffe oder auch Erfahrungen mit institutionellem Rassismus gehören leider zum traurigen Alltag für viele Menschen“, erklärte Fiedler, Beraterin. Dass Täter, wie in diesem Fall, zur Rechenschaft gezogen werden, bleibe weiterhin eine Ausnahme. (epd/mig)
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