
Amtsgericht Paderborn
Zwangshaft von an Corona erkrankten Flüchtlingen war rechtswidrig
Die zwangsweise Unterbringung von Flüchtlingen, die mit Corona infiziert waren, in einer Abschiebehaftanstalt war rechtswidrig. Das hat das Amtsgericht Paderborn entschieden und gleich mehrere Rechtsverstöße festgestellt. Betroffen waren vier Flüchtlinge.
Mittwoch, 27.10.2021, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 26.10.2021, 15:56 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Amtsgericht Paderborn hat die zwangsweise Unterbringung von Flüchtlingen mit einer Corona-Infizierung in der Abschiebehaftanstalt Büren im Nachhinein als rechtswidrig eingestuft. Ein im April 2020 genehmigter Antrag des Paderborner Gesundheitsamtes auf sogenannte Absonderung habe nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss des Amtsgerichts (AZ: 11 XIV(B) 87/2).
So hätten nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz nur die örtlichen Ordnungsbehörden einen solchen Haftantrag stellen dürfen. Zudem erhielt der betroffene Mann demnach während des Verfahrens keine Rechtsbelehrung.
In dem Fall war der Geflüchtete nach einer Corona-Infektion von Bielefeld aus für neun Tage in die sogenannte Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (UfA) in Büren gebracht worden. Als Begründung gab das Gesundheitsamt an, es bestünde der Verdacht, dass sich Betroffene nicht an mögliche Quarantäneauflagen halten würden.
Mehrere Rechtsverstöße
Der Bürener Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ hatte daraufhin in einem Musterverfahren Beschwerde eingelegt. Laut Vereinssprecher Frank Gockel waren 2020 in Nordrhein-Westfalen vier Flüchtlinge von einer Corona-“Absonderungshaft“ betroffen. Der Verein wurde als Reaktion auf die Inbetriebnahme der Abschiebehaftanstalt JVA Büren gegründet.
Die Paderborner Amtsrichter stellten in dem Beschluss mehrere Rechtsverstöße fest. Ihrer Ansicht nach war es dem Gesundheitsamt nicht erlaubt, einen solchen Corona-„Absonderungsantrag“ zu stellen. Auch monierten sie, dass die Maßnahme auf Freiheitsentzug nicht ausreichend begründet gewesen sei. Dass der Antrag zudem rein mündlich per Telefon erfolgte, stuften sie ebenfalls als rechtswidrig ein. (epd/mig)
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