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Debatte im Bundestag (Archivfoto) © Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann

Der SSW

Eine Minderheiten-Partei im Bundestag

Außerhalb von Schleswig-Holstein dürfte den meisten Menschen der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) unbekannt sein. Doch die Partei der dänischen Minderheit ist künftig mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.

Von Dienstag, 28.09.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.09.2021, 13:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zieht nach derzeitigem Stand mit einem Mandat in den neuen Bundestag ein. Der Flensburger Stefan Seidler (41) will die Interessen der dänischen Minderheit künftig als fraktionsloser Abgeordneter in Berlin vertreten. Den meisten Bürgern der Republik wird die Partei mit ihren 3.600 Mitgliedern kaum ein Begriff sein. Im schleswig-holsteinischen Landtag und in vielen Kommunalparlamenten im Norden ist der SSW dagegen seit 1947 fest etabliert. Als Partei der dänischen Minderheit gilt für ihn nicht die Fünf-Prozent-Hürde.

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) hat in Schleswig-Holstein eine lange Tradition. Er wurde 1948 auf Anordnung der britischen Militärregierung als politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig und der nationalen Friesen in Nordfriesland gegründet. Politisch ordnet er sich zwischen CDU und SPD ein und steht für eine dezentrale Politik, wie Skandinavien sie praktiziert. Im aktuellen Kieler Landtag ist der SSW mit drei Abgeordneten vertreten.

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Die 1950 eingeführte Fünf-Prozent-Klausel galt zunächst auch für den SSW. In Verbindung mit der Bonn-Kopenhagener-Erklärung von 1955, die den Minderheitenschutz auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze festschrieb, wurde der SSW von der Klausel befreit. So saß Karl Otto Meyer von 1971 bis 1996 als „Ein-Mann-Fraktion“ für den SSW im Landtag.

„Dänen-Ampel“

Von 2012 bis 2017 beteiligte sich der SSW bislang ein einziges Mal an der Bildung einer Landesregierung in Schleswig-Holstein. Er regierte gemeinsam mit SPD und Grünen als sogenannte „Dänen-Ampel“ unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Die rot-grün-blaue Koalition besaß im Kieler Landtag nur eine Stimme Mehrheit. Im Regierungskabinett war der SSW mit Anke Spoorendonk als Ministerin für Justiz, Kultur und Europa vertreten. Zugleich war Spoorendonk Albigs Zweite Stellvertreterin.

In den Bundestag hat der SSW es nun zum zweiten Mal geschafft. 1949 gelang Hermann Clausen als bislang einzigem Abgeordneten für eine Legislaturperiode der Einzug ins Parlament. 1961 beschloss die Partei, an Bundestagswahlen nicht mehr teilzunehmen. Ein Parteitag im Herbst 2020 stimmte dann wieder für eine Teilnahme an der Bundestagswahl 2021.

Symbol für das friedliche Zusammenleben

Der SSW gilt auch als Symbol für das friedliche Zusammenleben von deutsch-dänischen Minderheiten nach einer wechselvollen Geschichte. Über Jahrhunderte hinweg unterstand Schleswig-Holstein der dänischen Krone. Nach dem deutsch-dänischen Krieg 1864 musste Dänemark Teile an Preußen abgeben. Nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde im Versailler Vertrag die Abstimmung zum Grenzverlauf beschlossen.

In der Abstimmung kam „Nordschleswig“ mit Hadersleben, Apenrade und Tondern 1920 zu Dänemark, „Südschleswig“ zwischen Sylt, Eiderstedt und Eckernförde blieb deutsch. Noch bis etwa Mitte der 50er Jahre war das Verhältnis im Grenzland angespannt. Inzwischen gilt es weltweit als vorbildlich. (epd/mig) Leitartikel Politik

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