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Bundesgerichtshof

Facebook durfte ausländerfeindliche Konten nicht sperren

Facebook durfte Benutzerkonten, mit denen ausländerfeindliche Hetze verbreitet wird, nicht sperren. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Facebook hätten die Kontoinhaber informieren und anhören müssen.

Freitag, 30.07.2021, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.07.2021, 13:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Facebook darf Nutzerkonten bei ausländerfeindlicher Hassrede nicht ohne Nachfragen vorübergehend sperren und die entsprechenden Beiträge löschen. Die entsprechenden Geschäftsbedingungen von Facebook benachteiligten Nutzer unangemessen und verstießen gegen die Gebote von Treu und Glauben, urteilte am Donnerstag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. (AZ: III 179/20 und III 192/20)

Allerdings dürfe Facebook durchaus in seinen Gemeinschaftsstandards Hassrede verbieten, auch wenn es sich dabei nicht um strafbare Inhalte handelt. Allerdings müsse den betroffenen Facebook-Nutzern dann Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sie müssten über die vorübergehende Sperrung ihres Nutzerkontos informiert werden.

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„Die können nur morden“

Im ersten verhandelten Fall hatte die Klägerin 2018 auf Facebook einen ausländerfeindlichen Beitrag veröffentlicht. „Migranten können hier morden und vergewaltigen und keinen interessiert’s! Da würde ich mir mal ein Durchgreifen des Verfassungsschutzes wünschen.“ Deutsche würden dagegen wegen einer anderen Ansicht kriminalisiert, schrieb die Frau mit Blick auf das staatliche Vorgehen gegen die sogenannten „Reichsbürger“.

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Im zweiten Verfahren kommentierte ein Facebook-Nutzer ein Video, in dem eine Person mit Migrationshintergrund es ablehnte, sich von einer Polizistin kontrollieren zu lassen. In Großbuchstaben schrieb er: „DIESE GOLDSTÜCKE KÖNNEN NUR EINES MORDEN KLAUEN RANDALIEREN UND GANZ WICHTIG NIE ARBEITEN.“

Facebook sperrte für 30 Tage

Facebook wertete die Veröffentlichungen als Hassrede und als Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards. Es löschte die Beiträge und sperrte für 30 beziehungsweise drei Tage die Konten. So konnten die Betroffenen in dieser Zeit weder etwas posten, noch etwas kommentieren und die Messenger-Funktion nicht nutzen.

Dagegen zogen die Frau und der Mann vor Gericht. Die Maßnahmen benachteiligten sie unangemessen, erklärten sie. Ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit werde verletzt. Die Beiträge seien weder eine Hassrede noch strafbar.

Klauseln unwirksam

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass Facebook nach seinen Nutzungsbedingungen nicht die Konten der Kläger vorübergehend sperren und die Beiträge nicht löschen durfte. Die entsprechenden Klauseln seien unwirksam und würden die Nutzer unangemessen benachteiligen.

Zwar dürfe ein Unternehmen nach seinen Standards bei Hassrede Konten sperren und Beiträge löschen. Es müsse aber die betreffenden Nutzer zumindest nachträglich über die Entfernung der Beiträge und die beabsichtigte Kontensperrung informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung einräumen. (epd/mig) Aktuell Recht

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