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Oberverwaltungsgericht NRW

Asylanträge trotz Weiterreise nicht automatisch ungültig

Asylsuchende, die aus Italien nach Deutschland weitergereist sind dürfen nicht rücküberstellt werden, wenn sie in keine Aussicht auf Unterbringung und Arbeit haben. Das hat das Oberverwaltungsgericht NRW in den Fällen eines Somaliers und eines Maliers entschieden.

Freitag, 30.07.2021, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.07.2021, 14:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Asylanträge von bereits in einem anderen Land anerkannten Schutzberechtigten dürfen nach einem Gerichtsurteil nicht für unzulässig erklärt werden, wenn ihnen bei der Rücküberstellung die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung droht. Das gilt auch für Asylsuchende, die bisher nur einen Antrag in dem anderen Land gestellt haben, wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen am Donnerstag in Münster mitteilte. In zwei Gerichtsurteilen entschied es zugunsten eines anerkannten Schutzberechtigten aus Somalia und eines Asylsuchenden aus Mali. (AZ.: 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A)

Im Fall des Somaliers hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Angaben zufolge den Asylantrag als unzulässig abgelehnt, weil er bereits in Italien internationalen Schutz hatte. Dies hatte auch das Verwaltungsgericht Münster bestätigt und erklärt, dass international Schutzberechtigte in Italien unter anderem das Recht hätten, für sechs Monate in Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Selbst ohne staatliche Unterstützung sei dem Mann zuzumuten, einen Job wahrzunehmen und für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. (AZ.: 10 K 3382/18.A)

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Recht auf Unterkunft

Der Asylantrag des Maliers war mit der Begründung abgelehnt worden, Italien sei für sein Asylverfahren zuständig. Das Verwaltungsgericht Minden gab der Klage des Maliers jedoch statt, weil ihm in Italien das Recht auf Unterkunft entzogen worden sei, er keine Bekannten oder Geldmittel für seinen Lebensunterhalt habe und auch keinen Arbeitsplatz finden könne. (AZ.: 10 K 4090/18.A)

Vor dem Oberverwaltungsgericht hatte der Somalier nun mit seiner Berufung Erfolg. Im Fall des Maliers bestätigte das OVG das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden.

Ernsthafte Gefahr

Das OVG erklärte, dass den beiden bei Rücküberstellung nach Italien „die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“ drohe. „Denn die Kläger geraten in Italien unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not, weil sie dort für einen längeren Zeitraum weder eine Unterkunft noch eine Arbeit finden“, heißt es dem Urteil. Sie hätten bei einer Rückkehr nach Italien keinen Zugang mehr zu einer Aufnahmeeinrichtung und einer damit verbundenen Versorgung.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. (epd/mig) Aktuell Recht

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